Machen alle legalen Prostituierten das auch freiwillig?

8 Antworten

Ich denke, es stellt sich ja letztlich immer die Frage, ob Möglichkeiten, die einem gegeben werden, nicht auch ausgenutzt werden, illegales zu tun - das scheint mir bei der Prostitution nicht grundlegend anders zu sein als bei anderen Themen. Insofern scheint mir die Argumentationsweise - um es etwas salopp zu formulieren - wegen einiger schwarzen Schafe direkt den ganzen Schafstall zu schließen nicht wirklich richtig.
Viel eher sollte man in diesem Fall auf Kontrollen o. Ä. setzen, dass eben diese legalen Regeln auch eingehalten werden. Es scheint mir also eher ein Umsetzungs- als ein Rechtsproblem zu sein.

Hier wird wie immer über den Begriff "freiwillig" diskutiert. Und immer von Menschen die nur Außenstehende sind. Habt ihr mal die Meinung der Sexarbeiterinnen erfragt?

Wie freiwillig geht ihr denn täglich an eure Arbeit? Und warum eigentlich? Weil das was ist was ihr könnt und ihr braucht die Kohle. Um zu Leben, zu wohnen, was fürs Alter anzusparen usw. Wie freiwillig ist das denn? Könnt ihr damit aufhören und einfach mal komplett was anders machen?

Es gibt sooo viele Frauen die das komplett freiwillig und selbstbestimmt machen. Und dann auch aussteigen und "normal" weiterleben. Was denkt ihr wie viele sich Studium, Urlaube und dieverse Anschaffungen finanzieren in dem Sie temporär Sexarbeit machen. Die könnten genau so gut kellnern. Da wirste mit Kusshand genommen aber anderes ist einfacher und lukrativer.


Ein wichtiger Punkt: Was heißt freiwillig?

Bei legaler Prostitution werden in der Regel keine Frauen gekidnappt und in den Räumlichkeiten festgehalten. Sie dürfen das Haus verlassen außerhalb der Arbeitszeiten und dürfen jederzeit kündigen.

Aber, ich bezweifle, dass jede der Prostituierten seit ihrer Kindheit den Traumberuf Prostituierte hatte und jeden Tag glücklich darüber ist, dass sie das machen darf.

Ist es freiwillig, wenn das Arbeitsamt der Person gesagt hat "Wenn du sonst nirgends arbeitest, versuchs doch mal damit?"
Ist es freiwillig, wenn man als Singlemutter von kleinen Kindern keinen anderen Job findet, aber irgendwie eben Geld auf den Tisch bringen muss?
Ist es freiwillig, wenn Transfrauen oder Migranten von Arbeitgebern diskriminiert werden und deshalb keinen anderen Job finden?

Ist es freiwillig, wenn man da arbeitet, weil die gesamte Gesellschaft einem alle Türen außer 'Prostitiution' und 'Obdachlosigkeit' zuhält? Man hat schließlich trotzdem eine Wahl getroffen, sich für Prostitution entschieden - aber keine uneingeschränkte Wahl.

Wenn du die Situation von Prostituierten verbessern willst, so ist das Zauberwort 'Intersektionalität'. Intersektionalität ist ein Begriff für die Meinung, das es keinen Sinn hat, nur ein einziges isoliertes Problem einer einzigen Minderheit anzugehen - man muss mehrere Dinge gleichzeitig angehen. So eben hier: Man kann Prostituierten nicht helfen, ohne Migrant*innen, Transpersonen, Menschen ohne Zuhause und Singleeltern zu helfen. Wer lieber etwas anderes machen würde, sollte die Möglichkeit dazu haben - nur so kann man dafür sorgen, das alle, die das machen, das enthusiastisch freiwillig machen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Bin bisexuell und nichtbinär & kenne viele andere 'Queere'.

Das Schwedische Modell muss nicht zwingend zu einer besseren Lage von Prostituierten führen.

Die Prostitution verschwindet von der Öffentlichkeit in den Untergrund. Und kann so von zB Sozialarbeitern nicht mehr gefunden werden. Beratung und Hilfe muss im Geheimen erfolgen.

Da käuflicher Sex eh illegal ist, gibt es auch keine gesetzliche Kondompflicht. Und Gewalt und Betrug wird nicht angezeigt, um sich nicht selber in Schwierigkeiten zu bringen. Zuhälter als "Beschützer" werden erst recht benötigt:

Laut einer Studie von 2004 sei die Prostitution vordergründig von den Straßen verschwunden und in den Untergrund gedrängt worden, so dass sich die Situation für die Frauen deutlich verschlechtert habe.
Die Kontaktaufnahme habe sich ins Internet verlagert und in Kneipen, in denen Telefonnummern diskret verteilt werden.
In der Praxis behandele die Polizei die Frauen offenbar weniger als Opfer, die vor ihren Kunden gerettet werden müssen, denn als Mitwissende von Straftaten; so können sie sich keine Hilfe mehr holen, wenn ihnen Gewalt und Gefahr begegnet.
Die Sozialarbeiter hätten Probleme, die Prostituierten noch zu erreichen.
Diese sind jetzt gezwungen, sich Zuhälter zu ihrem Schutz zu suchen.
Bei Stichproben gaben nur noch ein Bruchteil der betreffenden Frauen an, sich beim letzten Geschlechtsverkehr mit Kondomen vor HIV geschützt zu haben, da sie Angst haben, auch diese Kunden zu verlieren.

https://de.wikipedia.org/wiki/Prostitution_in_Schweden#Kritik

Die meisten Prostituierten haben keinen "Spaß" an ihrer Arbeit, sondern machen das mehr oder weniger gezwungenermaßen, schaffen es oft nicht mehr auszusteigen, selbst wenn sie wollen, und nehmen durch die Prostitution psychischen Schaden (Depressionen, Verbitterung, Hass und Ekel gegenüber Männern, Drogensucht, Alkoholsucht usw.). Es gibt ein paar wenige Frauen, die hypersexuell sind und "total viel Spaß" an der Prostitution haben, wobei dahinter häufig eine psychische Störung, wie z.B. die bipolare Störung mit manischen Phasen steckt, in denen sie Personen eben zu hypersexuellem, nymphomanischem Verhalten neigen können. Dann gibt es Frauen, die über die Prostitution versuchen ihre sexuellen Traumata (Vergewaltigungen, jahrelanger sexueller Missbrauch) zu verarbeiten. Solche psychisch kranken Frauen brauchen keine Freier, die sie "ordentlich durchfikken", sondern eine psychotherapeutische und psychiatrische Behandlung!

Deutschland gilt wegen unserer laschen Prostitutionsgesetze als Puff Europas! Also Menschenhandel und Zwangsprostitution blühen aufgrund unserer butterweichen Prostitutionsgesetze, es gibt Sextourismus und darunter leiden natürlich hauptsächlich die jungen Frauen (viele kommen aus armen Ländern und werden unter einem Vorwand nach Deutschland gelockt, wo ihnen dann erst klar wird, dass sie sich hier prostituieren sollen und es dann häufig aufgrund von Druck und Gewalt durch Männer umgesetzt wird). Das war damals nicht so gedacht, als man das Gesetz verabschiedet hat! Es ist nach hinten losgegangen!

Unter Anderem hat einer davon vorgeschlagen, Prostitution zu verbieten und es somit schwerer zu machen, Frauen zur Prostitution zu zwingen.

Ich befürworte das skandinavische Modell, wobei nicht die Frau für Prostitution bestraft wird, sondern der Freier, falls man ihn anzeigt. Dadurch bekommen die FRAUEN die Macht. Bislang haben in Deutschland in Sachen Prostitution in der Regel die Männer die Macht über die Frauen.

Die meisten hielten aber dagegen, dass legale Prostitution sehr wichtig ist, da es ansonsten viel mehr sexuelle Übergriffe oder eben illegale Prostitution geben würde.

Das ist so ein typisches Männerargument und ich finde es so dermaßen bescheuert, dass ich dazu eigentlich nichts weiter schreiben will, weil es mich aufregt...

Der Mann wird so zur "testosterongesteuerten, sexbesessenen Bestie" stilisiert, die sich selbst nicht kontrollieren kann, und wahllos Frauen vergewaltigt, falls sich eine Gruppe an Frauen (nämlich die Prostituierten) nicht "opfert" um die Gesellschaft zu schützen, indem sie bereitwillig die Beine breit machen, obwohl die sie das meistens gar nicht wollen, sondern lieber einem anderen Beruf nachgehen würden...

Dass diese Vorstellung krank ist, sollte eigentlich jedem intelligenten Menschen auffallen...

Ich finde, dass man viel mehr in die psychische Gesundheit von Jungen und Mädchen, Männern und Frauen investieren sollte, damit sich die Menschen langfristig vernünftiger und gesünder verhalten und man die Spirale aus Gewalt, die man selber erlebt hat und dann später an andere weitergibt, endlich durchbrochen wird. Ich sehe die "Nutzung" von Frauen zur eigenen sexuellen Befriedigung als eine Form der Gewalt und Machtausübung an. Niemand hat ein Recht auf Sex! Man sollte vielmehr versuchen gesunde Beziehungen (inklusive Sexualität) zwischen Männern und Frauen zu fördern. Übrigens denke ich, dass das riesige Pornoangebot im Internet vor allem bei Männern Sex- und Masturbationssucht fördert und ich würde es begrüßen, wenn man da regulierend eingreifen würde.

Ich hoffe ich konnte dir helfen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Ich kenne mich aus. ⚖️

earnest  15.03.2023, 21:09

Zwei Dinge fallen mir hier auf:

  • Sorgt verstärktes Masturbieren von Männern nicht auch für deren Triebabfuhr?
  • Sorgt ein Verbot der Prostitution nicht für ein Abgleiten in die Illegalität - mit negativen Folgen?

Ansonsten stimme ich dir in vielem Punkten zu.

2
GoodRuby  15.03.2023, 21:17
@earnest
Sorgt verstärktes Masturbieren von Männern nicht auch für deren Triebabfuhr?

gelegentliches Masturbieren ist KEIN Problem, sondern normal

aber ich sprach hier von Sex- und MasturbationsSUCHT, also ein krankhaftes Verhalten, das bei Betroffenen auch mit Leidensdruck einhergeht und sich negativ auf ihr Leben auswirkt

wer unter Masturbationssucht leidet, masturbiert nicht, weil es ihm Spaß macht, sondern weil er MUSS

übrigens steigt die Libido durch Anregung der Produktion der Sexualhormone je öfter man Sex hat oder man masturbiert, also ein Teufelskreis

Sorgt ein Verbot der Prostitution nicht für ein Abgleiten in die Illegalität - mit negativen Folgen?

siehe das skandinavische Modell, das ich befürworte:

Freier können für die Nutzung von Prostitution bestraft werden, aber das geht eben nur dann, wenn man sie anzeigt

wo kein Kläger, da kein Richter!

also faktisch ist die Prostitution somit nicht verschwunden und nicht grundsätzlich verboten, sondern man verschiebt nur die Macht in Sachen Prostitution weg vom Mann und hin zur Frau, was sinnvoll ist, weil Prostituierte in der Regel ja Frauen sind

0
earnest  15.03.2023, 21:54
@GoodRuby

Gern noch einmal zur Verdeutlichung: Unter Masturbationssucht leidende Männer dürften eher selten Frauen für die eigene Triebabfuhr MISSBRAUCHEN.

Meine Zweifel am "skandinavischen Modell" hatte ich schon angemeldet.

2
GoodRuby  15.03.2023, 22:02
@earnest
Meine Zweifel am "skandinavischen Modell" hatte ich schon angemeldet.

darfst du, verstehe ich aber nicht

Gern noch einmal zur Verdeutlichung: Unter Masturbationssucht leidende Männer dürften eher selten Frauen für die eigene Triebabfuhr MISSBRAUCHEN.

also im Klartext: du findest es gut, wenn Männer an Masturbationssucht leiden, weil sie dann eben nicht zu Prostituierten gehen, sondern zuhause bleiben und sich dort einen runterholen...?

ich habe Masturbationssucht in meinem Text in einem Atemzug mit Sexsucht genannt und auf die Verbindung zu Pornos im Internet hinwegwiesen (Pornos sind zudem mitunter als Film festgehaltene Prostitution oder gar sexueller Missbrauch)

der übermäßige Konsum von Pornos hat schädigenden Einfluss auf die Psyche und auf Beziehungen zwischen Mann und Frau

ferner habe ich darauf hingewiesen, dass ich grundsätzlich für die Förderung der psychischen Gesundheit von Menschen bin und für die Förderung gesunder Beziehungen zwischen Männern und Frauen inklusive Sexualität

0
earnest  17.03.2023, 18:30
@GoodRuby

Danke für deine Erlaubnis ...

;-)

Unterlasse doch bitte solche Unterstellungen wie in deiner rhetorischen Frage, ob ich es denn gut fände. Nein, ich finde es NICHT gut.

Selbstverständlich fände ich es aber BESSER, wenn notgeile, masturbationssüchtige Männer zu Pornografie masturbierten, als vielleicht Prostituierte zu erniedrigen oder gar Frauen Gewalt anzutun.

0
GoodRuby  17.03.2023, 18:41
@earnest

kümmer dich lieber um "RFahren"...

da haben wir beide und die Gesellschaft am Ende mehr von...

0
earnest  17.03.2023, 18:44
@GoodRuby

Wie du siehst, HABE ich mich "gekümmert". (Und er sich mehrfach um mich.)

Aber ich glaube nicht, dass ich deiner Ratschläge bedarf. Ich schaff das schon.

;-)

Trotzdem vielen Dank.

0