Welches Stilmittel benutzte Caesar?

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Hi :)

Ganz generell ist es so, dass Caesar jetzt kein Meister der stilistisch ausgefeilten Texte ist (bzw es in seinen Texten nicht sonderlich zur Schau stellte wie bspw die Dichter). Natürlich verwendet er stilistische Besonderheiten, um Dinge zu dramatisieren oder hervorzuheben, aber jetzt in jedem Abschnitt nach stilistischen Merkmalen zu suchen, halte ich bei Caesar fast für übertrieben :D

Wenn du dir die bzw deine deutsche Übersetzung anschaust, solltest du erstmal zusammentragen, was Caesars Aussagen sind und welchen Standpunkt er dabei überhaupt vertritt.

  • Prinzipiell geht es hier erstmal um da Volk der Helvetier. Caesar stellt den Lesern quasi kurz und knapp vor: Wer ist die bedeutendste Persönlichkeit, wo liegt das Gebiet der Helvetier, wie sind die so drauf?
  • Wenn du dir diesen Abschnitt mal genauer durchliest, wird dir mit Sicherheit auffallen, dass Caesars Sicht gegenüber den Helvetiern recht negativ ist. Das kann man an Folgendem belegen:

=> regni cupiditate: In diesen zwei Worten sagt Caesar übertragen, dass Orgetorix die Alleinherrschaft erlangen will. Caesar sagt im weiteren Textverlauf, dass er dafür eine Verschwörung plante und die Herrschaft über das gesamte Gallien erlangen möchte.

=> homines bellandi cupidi: Hier sagt Caesar eigentlich wortwörtlich, dass die Helvetier ein kampflustiges Volk seien. Im Weiteren sagt Caesar, dass die Tatsache, dass die Helvetier quasi auf allen Seiten durch Flüsse und Gebirge eingeschlossen sind, zu dieser Kampflust beitrage, da dieser Umstand ihnen Schmerzen bereite bzw sie dies mehr als bedauern.

=> Zusammenfassend nimmt er quasi voraus (Prolepse), dass die Helvetier den Krieg beginnen. Um diese Sicht gegenüber den Helvetiern konkret begründen zu können, muss man den weiteren Verlauf des Buches kennen. Hier begründet Caesar diese Aussage wie bereits gesagt damit, dass ihr Herrscher die Herrschaft über ganz Gallien möchte und die Helvetier durch ihre Lage eh schon eher kampfbereit sind als die anderen Völker. Caesar sagt zwar im weiteren Verlauf des ersten Buches nicht konkret, dass die Helvetier den Krieg anfangen, aber er stellt die Helvetier durchgängig schlecht dar, sie waren ja schließlich die, die aus ihrer Kampfbereitschaft heraus ihr Gebiet verließen und durch Caesars Gebiet marschieren wollten - was soll er denn machen, als Truppen zu stellen und sein Gebiet zu verteidigen? Also Caesar stellt das eben so dar, als hätten sie selbst sich nur den Häduern gegenüber verteidigt, da es gemäß der römischen Sitte nicht gestattet war, fremde Völker durch das Land ziehen zu lassen. Die Helvetier versuchten also damit offensichtlich, sich dieser Sitte gewaltsam zu widersetzen und Caesar hat damit nur aus dem Motiv der Sittenbewahrung heraus (mores maiorum!) gehandelt. Dieses negative Bild der Helvetier findet man bereits ganz zu Beginn des Buches.

  • Nachdem wir grob umrahmt haben, was Caesar mit diesem Abschnitt aussagen möchte und was er dem Leser mitteilt, können wir uns der Stilistik widmen. Jetzt musst du halt schauen, ob du im Text was findest, was diese Aussagen belegen könnte, wie Chiasmen, Allitterationen, (Anti)klimax, Hyperbata, Parallelismen. Ich finde das bei Prosa (wenn es nicht gerade Cicero ist) immer recht schwierig, konkrete stilistische Belege zu finden, da diese doch eher rar gesät sind. Bei Ovid kann man viele Dinge (bspw, dass Pyramus und Thisbe durch eine Wand getrennt sind) wunderbar am Text mit vielen rhetorischen Mitteln wie Hyperbata belegen.

=> Das Einzige, was man jetzt mal konkret nachprüfen könnte, wäre, ob dieser Einschluss der Helvetier durch zahlreiche geografische Gegebenheiten sich auch im Text wiederfindet durch Hyperbata oder Ähnliches - bei Dichtung kannst du sowas sofort prüfen, da die Wahrscheinlichkeit da recht hoch ist, dass dieser Umstand auch im Text ausgedrückt wird. Konkrete Hinweise darauf habe ich allerdings nicht gefunden.

=> Was ich aber gefunden habe, ist folgender Parallelismus:
una ex parte flumine Rheno latissimo atque altissimo, qui agrum Helvetium a Germanis dividit,
altera ex parte monte Iura altissimo, qui est inter Sequanos et Helvetios [...]

Die Reihenfolge Abl./ ex parte/ Abl. instrumentalis/ Relativsatz kommt in beiden Satzteilen vor. Der Dritte Teil des Satzes ist ähnlich aufgebaut. Wenn man gaaaanz weit hergeholt diese Satzstruktur interpretieren wollen würde, könnte man vielleicht sagen, dass die Helvetier immer in den eingeschobenen Relativsatz eingefügt wurden. Also dass sie in dem Hauptsatz gar nicht erst auftauchen und damit ausgedrückt wird, dass die Helvetier von X, Y und Z umgeben sind, da die Relativsätze quasi nur erläuternde Einschübe darstellen.

=> Auch auffällig ist, dass er hier nicht im historischen Präsens schreibt wie üblicherweise. Das kann man natürlich leicht begründen: Das ist ja nur die Einleitung und da braucht es kein Drama ;)

Sonst muss ich gestehen, dass ich jetzt auf die Schnelle nichts Weiteres finde, auch nichts konkret, was die Aussagen und Ansichten Caesars konkret unterstützen könnte. Aber das mag wohl daran liegen, dass ich mich lange nicht mehr mit der Stilistik auseinandergesetzt habe und daher vielleicht etwas blind bin - oder eben daran, dass es Caesar in der Einleitung sicherlich nicht als die größte Notwendigkeit erachtete, irgendwelche Stilmittel einzubauen - die kommen sicher später, wenn er den Kriegsverlauf konkret schildert.

Vielleicht hat meine Antwort ja trotzdem etwas geholfen.

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Masterabschluss Chemie + Latein Lehramt