Was haltet ihr von "Die Leiden des jungen Werther"?

2 Antworten

Wunderschön; diese ganzen detaillierten Beschreibungen des Alltags, durch die man sich so gut in die Geschichte und die Zeit hineinversetzen kann, gerade zu Beginn im Frühling; Gedanken, die ich teilweise sehr treffend finde, "dass Missverständnisse und Trägheit vielleicht mehr Irrungen in der Welt machen als List und Bosheit"; Lotte die so freundlich, hell und weich wirkt; und zuletzt auch Werther selbst, der mit seiner Gefühlsstärke etwas besonderes ist.

Mich hat das Buch einfach angesprochen und ich werde es sicherlich wieder lesen. Vielleicht ist das eine etwas verwunderliche Begründung, weil das Buch heute wenn dann eher sachlich und literarisch wertgeschätzt wird, aber ich mag es wegen seinem Charakter und seiner Atmosphäre.

hedgehog1712 
Fragesteller
 10.05.2024, 13:01

Mich hat Werthers Charakter tatsächlich genervt, da ich vom Charakter her eher Albert ähnlich bin. Am Schluss habe ich mir (ehrlich gesagt) nur noch gedacht, "Stirb doch endlich."😅Emilia Galotti, das Werk wurde ja auch in "Die Leiden des jungen Werther" erwähnt, hat mir da besser gefallen.

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GinaLaura086  10.05.2024, 13:14
@hedgehog1712

Tatsächlich kann ich es auch nachvollziehen, wenn man sich von Werther genervt fühlt :D Ich kenne jetzt auch keinen Mann, der ihm in irgendeiner Weise ähnelt, vielleicht hat er mir eben deswegen gefallen.

Emilia Galotti kenne ich bisher nur vom Titel her, das heißt, die grobe Handlung kenne ich auch, aber "Nathan der Weise", auch von Lessing hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, obwohl es praktisch das Gegenteil von Werther ist.

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Literaturhistorisch und literaturwissenschaftlich sehr wichtig und interessant. Also ausführliche Analysen und Interpretationen darüber lesen!

Wer keine inhaltlich ähnlichen deutschsprachigen Liebesbriefromane unserer Zeit findet, sollte dann den alten Goethe doch unbedingt lesen.

Oder zur fortschreitenden Sprachbildung noch immer Th. Fontane und Th. Mann.

kubamax  10.05.2024, 11:45

Oder man kann Die Leiden des jW in eine Reihe stellen von Literatur über Existenzprobleme beim Erwachsenwerden, zB mit späteren Werken wie "Der junge Törless", "Der Fänger im Roggen", "Die neuen Leiden des jungen W."

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Skoph  10.05.2024, 12:03
@kubamax

Ja, auch noch Hesses "Unterm Rad". Aber ICH würde diese Individual-Depressiv-Jugendwerke niemals Jugendliche lesen lassen, auch wenn der USA-"Fänger im Roggen" wenigstens ausnahmsweise ´mal positiv und optimistisch endet!

Romane, die Jugendlichen in der Pubertät sozial und kreativ helfen, die nicht ständig die Flucht von der Schule und aus der Familie auch noch mit Gewalt sogar bis in den Suizid als Höhepunkt zeigen, müssen endlich gelesen werden.

Sachbücher wie Enja Riegels "Schule kann gelingen!", die sollte man überall gemeinsam als Lehrer und Schüler IM UNTERRICHT studieren und umzusetzen bemüht sein. Dann gäbe es auch jene Anti-Helden jener alten Schulromane nicht mehr in der Realität. Nicht ´mal in der Regel kennen heutige LernbegleiterInnen und SchulleiterInnen dieses Buch!

Was für ein Bildungsnotstand schon über die Bildung selbst herrscht überall!

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kubamax  10.05.2024, 12:36
@Skoph

Gut. Dann sollte man wahrscheinlich die Hürde des Erwachsenwerdens schon hinter sich haben und diese Werke in der geschichtlichen Entwicklung betrachten. Die Leiden des jungen Werther waren angeblich zur Zeit der Entstehung ein Paukenschlag mit etlichen Suiziden zur Folge.

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Skoph  10.05.2024, 17:52
@kubamax

Ja, das war schon meine Meinung als Schüler in den 1970er Jahren gegen einfältig unfähige Lehrer. Seit diesen Jahren ist das wachsende psychische Elend (Depressionen bis zum Suizid-Spiel als Notwehr-Waffe gegen durch viele Gründe verursachten Dysstress) auch bei den erwachsenen Lehrern tausendfach Realität. Hervorragende Romane darüber fehlen wohl noch.

PS: Ich selbst war freiwilliger Berufsfachschullehrer 2013-14 (Privatschule mit höheren Preisen für die Schüler) in einer Großstadt mit Hauptschülern, Realschülern, Fachabiturienten und wenige Abiturienten: Die ProblemschülerInnen waren wirklich nicht mein Problem, da ich längst Methoden erlernt hatte, mich zu wehren und ihnen gezielt zu helfen. Ich wurde zum sozialarbeitenden Lehrer, aber ich arbeitete für die Schule nachweislich durchschnittlich (!!) 65 Std/W ohne (!!) Korrekturzeit, bezahlt wurde ich für 25 UE/Woche plus 20 UE/W als Praktikumsbetreuer mit typischem Benzingeld für die halbtäglichen "Stadtrundfahrten" zu den Betrieben. Eine Kollegin weinte nur noch jeden Abend, erzählte sie nicht nur mir, weil sie ihre Miete ohne Nebenjob nicht bezahlen konnte. Einem Kollegen war in der Schule "alles scheißegal", weil er bestens von beruflicher Schwarzarbeit lebte, war die Einschätzung der Schulleitung. Mir taten alle meine KollegenInnen leid, die diesem unterbezahlten und karrierelosen Job nicht entkommen konnten/können. - Nach einem Jahr habe ich gekündigt - wegen Verweigerung einer angemessenen Vergütung für meine vielen Zusatzleistungen - , was jedoch zum mündlichen und schriftlichen Aufstand meiner ca. 150 Schüler führte, weil sie meinten, mir hätte man wegen meiner "übereifrigen Lehrerleidenschaft", wie ihr Sprecher es nannte, gekündigt. Das musste und wollte ich dann öffentlich klarstellen. Heute habe ich noch Kontakt zu vielen. UND ich verabscheue Schule schon seit meiner eigenen Schulzeit bis zum Abi - und ich werde vielleicht auch noch über dieses Berufslehrerdasein einen Roman in meiner Art schreiben... hihihi.

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kubamax  10.05.2024, 18:17
@Skoph

Tut mir leid. Meine Lebensgefährtin war auch Berufsschullehrerin (beamtete Fachlehrerin ohne Abitur). Die hat das ganz gut über die Bühne gebracht und war während der Dienstzeit (45 Jahre) keinen Tag krank. Ich wünsche dir noch viel Kontakt zu Ex-Schülern.

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