Ermöglichte die damalige autoritäre familiäre Sozialisation von Nazi-Größen wie Adolf Eichmann, sich tatsächlich nicht schuldig am Holocaust zu finden?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Na, so einfach ist die Sache auch wieder nicht.

Adolf Eichmann z.B. war keine Nazi-Größe. Er war nur Obersturmbannführer (Rang eines Oberleutnants). Das delikate war, dass Adolf Eichmann nur ein kleiner, grauer Bürokrat war, der nur seinen kleinen Teil der Aufgaben erledigt hat - und damit genauso schuldig bzw. unschuldig ist, wie ein Zahnrad, das Teil einer Waffe ist.

Der ganze Apparat bestand aus vielen Einzelpersonen und Funktionären, die innerhalb ihres Tuns nur Kleinigkeiten erledigten. Die Summe aller Kleinigkeiten war das große Verbrechen. Die Handlungen selbst waren eher "banal".

Und daher hat auch Hannah Arendt gerade in Bezug auf den Eichmann-Prozess über die "Banalität des Bösen" gesprochen. Und diese Analyse trifft vollkommen zu.

Und zu Deiner Frage. Die Ausführung von Befehlen, also dass die Befehle von Autoritäten mehr Gewicht bei uns haben, als unsere eigene Moral, haben die sog. Milgram-Experimente mit großer Anschaulichkeit beweisen können.

Mit anderen Worten: Menschen sind zu jeder Grausamkeit fähig, sofern sie sich nicht verantwortlich genug fühlen.

Ein bekannter psychologischer Mechanismus ist, dass Menschen zu Grausamkeiten fähig sind, wenn man ihnen die Verantwortung dafür abnimmt.

Sie fühlen sich nicht mehr schuldig.

Da gab es auch mal ein Experiment, wo Leute jemandem Stromschläge verpassen sollten. Wir übernehmen die Verantwortung, meinten die Forscher, die meisten haben es dann gemacht. Obwohl sie normal im Leben nie darauf kämen.

Natürlich hat der nicht wirklich welche bekommen.

Aber es ist der gleiche psychologische Mechanismus.