Hey, also erst mal tut es mir sehr leid, dass du so eine schwere Zeit durchmachst und dass dies einer der einzigen Auswege zu sein scheint.
Ich selbst leide unter Depressionen und einer sozialen Phobie, also kann ich vielleicht etwas nachvollziehen, wenn es dir schlecht geht oder dich etwas belastet.
Erstmal muss ich aber erwähnen, dass du dich nicht schämen musst für deine Verletzungen - falls du es tun solltest, da du sie vor anderen 'versteckst'. Ein Mädchen aus meiner Klasse
- nennen wir sie mal Sofia -
Hat (alte) Narben auf beiden Armen. Große, kleine, lange, kurze und was sonst noch für welche. Sie versteckt sie aber nicht mehr, so wie sie es früher höchstwahrscheinlich auch getan hat, sondern trägt heute gerne kurze Ärmel oder Kleider. Das Einzige was ich mir damals gedacht habe als ich die Narben zum ersten Mal gesehen habe, war wie stark sie ist, heute noch da zu sein und diese so offen zu zeigen, da die Narben immerhin die Geschichte eines sehr langen und belastenden Kampfs zeigen.
Am Anfang haben die Schüler ganz bestimmt auch mal darauf gestarrt oder nachgefragt, wieso sie es getan hat, aber eben nur aus Sorge oder purer Neugier. Heute geht's ihr besser, versteht sich gut mit der ganzen Klasse und keiner fragt mehr wegen der Narben - und wenn doch, würde sie offen und ehrlich antworten, was damals los war.
Jedenfalls möchte ich sagen, dass es nicht einfach sowas gibt wie komplett und plötzlich "damit aufzuhören". Leider. Dies zu versuchen ist etwas vergleichbar mit einem Alkoholiker, der plötzlich versucht, nie wieder Alkohol anzurühren. Alleine geht das nicht (oder kaum), da mehr dahinter steckt als nur "ich will", "ich brauche", "ich muss" - oder eben nur die Tat. Die Selbstverletzung ist eine Art Ventil gegen die psychischen Schmerzen, die Depressionen, Angststörungen oder sonst einem Problem, das dich belastet. Und genau da muss man anpacken - an den Wurzeln, nicht an den Blättern.
Wenn du aufhören willst, dir selbst weh zu tun, musst du das eigentliche Hauptproblem erkennen & es anpacken - und das musst du auch nicht alleine tun.
Es gibt professionelle Hilfe; Personen, die bereits Erfahrungen mit Menschen wie dir gemacht haben und wissen, wie man deine Probleme am besten angehen könnte. Nicht in einem großen und weiten Sprung, der zu viel auf einmal ist (sprich, versuchen sich plötzlich nicht mehr wehzutun) wie man es selbst von sich verlangen könnte, sondern in ganz kleinen und dennoch wichtigen Schritten.
Der eigentliche Beginn deiner Heilung beginnt somit nicht damit, zu versuchen das Messer wegzulegen, sondern damit, einzusehen, dass du krank bist und Hilfe brauchst. Du musst nur bereit sein, dir helfen zu lassen. Das bedeutet aber auch, dich zu öffnen und Menschen zu zeigen, was du dir antust und vor allem wieso.
Wende dich an enge und wirklich gute Freunde wenn du sie hast, an deine Eltern, an vertrauenswürdige Lehrer oder vor allem auch an deinen Hausarzt, der dich dann an einen Therapeuten weiterleiten kann. Es gibt viele Menschen, die dir gerne helfen würden, wenn sie von deinen Problemen wüssten - so wie ich.
Ein komplett fremder Mensch aus dem Internet, der dich nicht mal kennt und sich trotzdem so lange Zeit genommen hat, nur um dir diese Antwort zu schreiben, da mir dein Leiden nicht egal ist.
Dann stell dir erstmal vor, wie wichtig du und deine Probleme den Menschen bist, die dich wirklich kennen und lieben.
Das Einzige, was du tun musst, ist dich anderen zu öffnen und dir dann helfen zu lassen.
Ich hoffe, dass es dir bald besser geht und du eines Tages deine Narben mit Stolz tragen kannst. 🫶🏻🐅