Die Mutʿa-Ehe, ein in bestimmten schiitischen Strömungen anerkanntes, jedoch innerhalb der sunnitischen Theologie strikt abgelehntes Institut, stellt eine in vielerlei Hinsicht umstrittene Praxis dar. Während sich unter den Sunniten ein breiter Konsens über ihre Unzulässigkeit herausgebildet hat – gestützt auf die Annahme ihrer abrogierten Legitimität in den Hadith-Überlieferungen –, findet sie innerhalb der Zwölfer-Schia (Ithnā ʿAsharīya) weiterhin Befürwortung. Interessanterweise distanzieren sich jedoch andere schiitische Gruppierungen, etwa die Zaiditen und Ismailiten, dezidiert von dieser Auffassung.
Was die Mutʿa-Ehe fundamental von der klassischen islamischen Ehe unterscheidet, ist die Flexibilität ihrer strukturellen Kriterien, die von Kritikern als eklatante Lückenhaftigkeit betrachtet wird. Während eine reguläre Ehe unter anderem die Anwesenheit zweier Zeugen erfordert, entfällt dieses Erfordernis bei der Mutʿa-Ehe vollständig. Die gängige Rechtfertigung, sie biete jungen Muslimen eine sittlich akzeptable Möglichkeit, einander kennenzulernen, erscheint bei näherer Betrachtung paradox, da das Fehlen einer verbindlichen Mindestdauer das System für potenziellen Missbrauch öffnet. In der Praxis kann ein Vertrag unter spezifischen Bedingungen geschlossen und dessen Gültigkeit auf eine denkbar kurze Zeitspanne – beispielsweise eine Stunde – beschränkt werden, wodurch sich die Grenze zur institutionellen Prostitution verwischt.
Tatsächlich dokumentieren investigative Recherchen aus Ländern wie dem Iran und dem Irak, dass sich unter dem Deckmantel der Mutʿa-Ehe organisierte Strukturen etabliert haben, die faktisch dem Geschäftsfeld der Prostitution zuzuordnen sind. Eine ernsthafte ethisch-religiöse Legitimation dieses Modells müsste folglich zwingend Schutzmechanismen integrieren, etwa durch eine obligatorische Mindestdauer, um der potenziellen Instrumentalisierung entgegenzuwirken. In ihrer gegenwärtigen Form jedoch erscheint die Mutʿa-Ehe als eine Art theologischer „Steuerlücke“ – technisch betrachtet zulässig im Rahmen schiitischer Rechtsauffassung, doch in ihrer praktischen Umsetzung von erheblichen moralischen und islamischen Bedenken überschattet