Ich finde deine Geschichte noch sehr ausbaufähig. Man merkt sehr deutlich, dass dir die Grundlagen fürs Schreiben fehlen. Das ist allerdings kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Schreiben ist ein Handwerk, über welches man auch viel lernen kann und muss. Niemand setzt sich hin und schreibt beim ersten Versuch mal eben einen Bestseller herunter.
Folgende Dinge sind mir aufgefallen:
Du nimmst die Leser nicht mit in die Geschichte: Dein Leser hat immer nur deine Worte, um sich in der Geschichte zu orientieren. Er bewegt sich so lange in einem weißen Raum, bis du Informationen über Ort, Zeit, Wetter, etc bekannt gibst. Bei dir erfährt man allerdings nur, dass sie in einem Flugzeug sitzt. Diese Information ist so gut wie wertlos, weil Flugzeug eben nicht gleich Flugzeug ist. Es kann ein großes sein oder ein kleines. Ein modernes oder altes. Sie kann in einem Privatjet sitzen oder eingequetscht zwischen anderen in der Holzklasse, usw. Gebe hier ruhig mehr Informationen, damit man den Eindruck kriegt, mit ihr im Flugzeug zu sitzen.
Du erklärst sehr viel und erzählst nicht wirklich: Die meisten Anfänger-Autoren neigen dazu, am Anfang einen "Sachtext" zu schreiben, indem sie die wichtigsten Eckpunkte angeben. Das machst du auch, indem du eben erstmal zwanzig Zeilen erklärst, wie die Figur im Flugzeug gelandet ist und wie ihre Familienkonstellation aussieht. Solche Informationen am Anfang bekannt zu geben, ist grundsätzlich auch nicht falsch, die Art und Weise macht aber keinen Spaß zu lesen. Für den Leser ist es viel interessanter, wenn er nicht einfach nur Informationen vor die Füße geschmissen bekommt, sondern sie in Szenen nett verpackt sind. Die Familienverhältnisse klärt man zum Beispiel am besten, in dem man die Figuren miteinander agieren lässt. Das hat auch den Vorteil, dass man die Aussagen deiner Hauptfigur besser reflektieren kann. Das gilt insbesondere bei der Ich-Perspektive, weil die Erzählung durch die Hauptfigur stattfindet und somit auch durch ihren Charakter beeinflusst wird. Nur weil sich Blaire von ihren Eltern ungeliebt fühlt, heißt es nicht, dass es wahr ist. Ihre Eltern können trotzdem sehr liebevoll mit ihr umgehen und sich große Mühe geben, nur dass sie es eben nicht bemerkt.
Inhaltslose Szenen: Jede Szene, die du schreibst, sollte etwas Neues zu Geschichte beitragen. Das Sitzen im Flugzeug tut genau das allerdings nicht. Es bringt die Handlung nicht voran, man lernt nicht die Hauptfigur oder das Setting wirklich kennen. Das merkt man schon alleine daran, dass der Hauptteil des von dir geschriebenen nichts mit dem Flugzeug zu tun hat, sondern sich darum dreht, was vorher geschehen ist.
Stimmigkeit der Geschichte: Du solltest aufpassen, dass du alle Entscheidungen von dir hinterfragst. Überlege dir immer, ist es naheliegend, dass etwas so ist, wie du es beschreibst, oder ist es fernliegend und damit begründungsbedürftig. Wenn es letzteres ist, überlege dir, ob es wichtig für die Geschichte ist oder der Erzählung im Weg steht und ob du eine gute Begründung hast.
Beispielsweise ergibt es für den Leser überhaupt keinen Sinn, dass die Hauptfigur von den USA nach Frankreich fliegen muss. Der Vater ging in Frankreich zur Schule und ist dort ein bekannter Modedesigner. Das spricht stark dafür, dass sie auch in Frankreich leben. Für die USA als Wohnort spricht aus Lesersicht überhaupt nichts. Warum wählst du also nicht einfach die naheliegende Lösung und lässt die Hauptperson in Frankreich wohnen? Sie kann ja trotzdem dort in ein Elite-Internat gehen.
Formatierung: Bei langen Fließtexten nutzt man normalerweise Absätze und Zeilenumbrüche. Ersteres ist dafür da, Szenen voneinander zu trennen, während letzteres innerhalb von Szenen einzelne Sinnabschnitte trennt. Bei dir besteht momentan ein Kapitel aus einer Szene und in dieser schreibst du alles hintereinander weg. Das macht das Lesen anstrengender.
Ich würde dir raten, zu einem anderen Zeitpunkt in die Geschichte einzusteigen. Anstelle zu erklären, dass ihre Eltern sie gegen ihren Willen ins Internat abschieben, könntest du zum Beispiel das entsprechende Streitgespräch ausschreiben. Wenn es einen Auslöser für die Entscheidung ihrer Eltern gibt, könntest du auch damit beginnen. Genauso kannst du auch später in die Geschichte einsteigen und ihre Vergangenheit und die Familienverhältnisse nach und nach beleuchten.
Weiterlesen würde ich deine Geschichte nach dem Kapitel eher nicht. Das liegt in erster Linie daran, dass dein Buch eben noch voller Kinderkrankheiten steckt. Mit mehr Übung deinerseits wird sich das allerdings ändern. Ob es thematisch das richtige Buch für mich wäre, kann ich anhand des Ausschnittes nicht sagen. Es kann sich aktuell noch in jede Richtung entwickeln.