Wie soll ich mit meinen Eltern darüber reden, dass ich aus meiner Religion austreten will?

6 Antworten

Asslama aleikum,

Hey, ich glaube ich verstehe wie du dich fühlst.

War in der gleichen Situation wie du. Ich habe auch Erzkonservative Eltern, die stark in der Gemeinde involviert sind. Da wir in der gleichen Gemeinde sind, nehme ich an, wir haben einen ähnlichen Kulturkreis. Wenn es bei dir in etwa so wie bei mir ist, gibt es wahrscheinlich kaum Raum, um echte und ehrliche Gespräche zu führen. Die Sachen, über die man spricht, sind eher oberflächlich, alltäglich, Banalitäten. Man weiß was erwartet wird, und das sagt man dann halt und es ist sehr schwer aus dieser Erwartungshaltung die sie haben auszubrechen. Aber innerlich bleibt dann immer diese Leere, diese Unzufriedenheit zurück. Weil man nicht über Dinge sprechen kann, die einen wirklich beschäftigen. Wo es um was geht. Sachen, die auch mal wehtun und vorgegebene Narrative mal grundlegend in Frage stellen.

Es ist so unendlich schwer, die eigene Sicht in einer Form darzulegen, in der sie es nicht als Angriff auf ihre Person, ihre Erziehung, ihren Glauben empfinden. Das Thema Kultur, Religion und die Gemeinde sind so tief verankert in ihrer Realität, dass es für sie schwer ist, eine Ablehnungen eben dieser einzuordnen, geschweige zu akzeptieren.

Ich möchte deshalb nichts schön reden. Wenn es in etwa so ist wie bei mir, werden das sehr schwere und emotional anstrengende Gespräche. 😔

Ich weis nicht, ob es in deiner Situation Sinn macht, diese mit 16 zu haben. Ich persönlich habe mich damals gegen diese Konversation entschieden. Weil ich für mich entschieden habe, erstmal unabhängig zu sein. Mein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen, bevor ich einen Schritt mache, der mich meine familiären Bindungen kostet und ich als Minderjährige plötzlich auf mich alleine gestellt bin.

Vielleicht macht es Sinn in deiner Situation nicht direkt mit ”ich möchte die Gemeinde und den Glauben verlassen” zu starten. Sich etwas mehr Zeit zu nehmen, über die eigene Position und Gründe für den Austritt nachzudenken. Du kannst anfangen, einfache Fragen zu stellen, die du zum Glauben und zur Gemeinde hast. Vorsichtig Zweifel äußern. Vielleicht gibt es Dinge, die du nicht im Blick hast und durch diese Art der Gespräche bekommst du mehr Klarheit. Vielleicht hilft es deinen Eltern, deine Sicht besser zu verstehen, wenn du dann irgendwann öffentlich austrittst kommt es nicht aus dem nichts. Ist vielleicht besser, dass ein gradueller Prozess mit deinem Austritt endet, wenn du das dann möchtest, weil du dann volljährig und selbständig bist. Die Gespräche werden dann nicht unbedingt einfacher sein, aber du hast eine bessere Position, um deinen Standpunkt klar zu machen.   

Es kann Sinn machen, wenn man dann diese Gespräche hat, diese nicht als Vorwurf zu formulieren. Ich kenne jetzt deine Gründe für einen Austritt nicht, aber ich würde raten, die Gründe nicht primär darauf zu fokussieren, warum die Gemeinde oder der Glauben falsch ist. Sondern respektvoll, nüchtern und sachlich darzulegen, warum DU nicht mehr glaubst oder Teil der Gemeinde sein möchtest. Es klingt jetzt ähnlich, aber es kann einen Unterschied machen. Beim Ersteren ist es wahrscheinlich, dass deine Eltern das als Angriff auf die Gemeinde und ihren Glauben wahrnehmen. Es zwingt sie, in einer Situation zwischen Dir und der Gemeinde wählen zu müssen. Und bei konservativen Eltern fällt die Wahl sehr oft nicht zu unseren Gunsten aus…🙄

Es ist besser, das Gespräch so zu framen, wo du deine persönlichen Beweggründe und den Verlust des Glauben darlegst. Gehe ruhig auf die Ängste ein, die deine Eltern wahrscheinlich haben werden. Bei uns wird es oft so dargestellt, dass es außerhalb der Gemeinde es nur verderben und leid gibt. Versuche proaktiv auf diese Vorstellungen einzugehen, diese zu entkräften wenn möglich. Zeige ihnen, dass du dir Gedanken gemacht hast, dass sie dir vertrauen können. Dass sich durch deinen Austritt nicht unbedingt etwas an eure Beziehung oder was sie dir bedeutet, ändern muss. Dass man gemeinsam versuchen kann, eine gute Basis für eine weitere Beziehung zu schaffen.

In unserem Kulturkreis ist emotionales Blackmailing und Gaslighting leider weit verbreitet. Erwarte also nicht unbedingt ein sachliches oder auch faires Gespräch. Aus dem Nichts werden einem Meinungen, Motive und Taten unterstellt. Insbesondere uns Frauen. Abhängig davon, wie konservativ deine Eltern sind, können die Vorwürfe, die da kommen super unfair und toxisch sein. Ich verstehe, dass Familie bei uns super wichtig ist und dass man diese Bindung erhalten möchte. Aber es liegt nicht nur an dir. Du hast das Recht, dir deine Zugehörigkeit zur Gemeinde auszusuchen. Deine Eltern müssen das akzeptieren. Es ist daher auch wichtig, bevor man in so ein Gespräch geht, seine boundaries und die roten Linien kennen und wenn nötig durchzusetzen. Du musst dir nicht jeden Blödsinn den man dir an den Kopf wirft gefallen lassen. Auch deshalb ist es vielleicht sinnvoll, so lange mit dem Gespräch über einen Austritt zu warten bis du volljährig und unabhängig bist. 

Viel Glück…💙

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Du kannst ihnen sagen, dass du's leider nur halbherzig machst bzw. mehr so aus Tradition. Dass du's nicht aus voller Überzeugung machen kannst und dass du dich dementsprechend entschieden hast damit aufzuhören. "Entweder richtig, oder gar nicht glauben", oder "Dich selber erkunden". Vielleicht mag dein Glaube für dich jetzt kein Sinn machen, später aber wieder schon?Vielleicht aber auch nicht! Kann alles passieren! Wichtig ist nur Respekt bei solchen Themen bei zu behalten. Man will niemanden mit deinem Austritt verletzen und man will selbst dennoch dabei verstanden werden.

Wenn du nicht mehr glaubst , bist du schon ausgetreten.

Einfach Ansprechen, deine Familie muss es akzeptieren. Oder weiter "spielen" bis du Alt genug bist und ausziehen kannst. Kann deine Fam ja schlecht einschätzen.

Bei mir wars ne sehr anstrengende Zeit die daraufhin folgte, aber letztlich haben sies akzeptiert. Meiner Mutter versucht aber immernoch ständig mich umstimmen. Nehms ihr aber nicht übel, weiß das sie es nur gut meint.

Ruhig erklären, respektvoll und taktvoll bleiben. Geduld haben. Aber auch selbst geprüft zu haben, ob dieser Glaube die Wahrheit Gottes ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Frieden drängt mich die Bibel zu erforschen.

Hi- die meisten haben hier ja schon gesagt, dass du dies mit Respekt deinen Eltern erklären solltest. Es ist immerhin dein Leben u deine Entscheidung was du glauben willst.
mich wünsche dir von Herzen den Mut, es anzusprechen und ich hoffe, deine Eltern haben Verständnis dafür. Alles Gute dir!