Was sollen Univorlesungen?

HarryXXX  09.11.2023, 03:46

Hast du das so selbst erlebt?

gotik 
Fragesteller
 09.11.2023, 03:54

Yes, und wenn am Ende nicht eine einzige Frage zu den 1,5 Stunden gestellt wird, erkennt ich glatt, dass >90% nichts, aber rein gar nichts kapierte.

9 Antworten

In Univorlesungen werden Fachthemen in einem größeren Rahmen von einem darin bewanderten Professor bzw. Dozenten (m/w) vorgestellt.

Jemand mit Interesse und Lernbedarf schreibt mit, um später Anhaltspunkte und Fachtermini aus der Unmenge an Wissen für sich vertiefen zu können.

Zu in Präsenz geäußerten Fragen kommt es, wenn überhaupt, dann zumeist im Anschluss an das Vorlesungsende.

Der Studierende, dem als Student erstmal nichts davon geläufig ist, muss sich den Stoff ins Gehirn zaubern, um mögliche Gesprächspunkte auch nivaugerecht überhaupt problematisieren zu können. Das erfordert neben Interesse ein ganz schönes Stück Eigenleistung - mit Mitschreiben und Skripts allein ist es da nicht getan. Eigene Denkmodelle erfordern einen fachlichen Hintergrund, zu dem Vorlesungen bestenfalls eine Auswahl geben können.

Vertieft werden einzelne Aspekte des Stoffes dann in Pro- und Hauptseminaren, auch Kolloquien. Dort werden aus dem jeweiligen Fachgebiet Fragestellungen eigener Wahl erarbeitet, die in einer schriftlichen Seminararbeit gipfeln - arbeitsintensiv und von der Methodik her schon ein Vorgeschmack auf die Abschlussarbeit.

◇♧◇

'Vorlesung' als terminus technicus bezeichnet eine Lehrveranstaltung an einer Universität, Hochschule, und könnte auch 'Kolleg' heißen. In typisch akademischem Understatement hat sich eben dieser einfache Begriff 'Vorlesung' eingebürgert, hinter dem natürlich mehr steckt als nur ein 'Vorlesen'. 🤣

Aber gut, dass du mal gefragt hast!

In denen […] VORGELESEN wird

Das… ist die semantische Bedeutung von “Vorlesung”, ja.

Wie sinnvoll oder sinnlos man das findet, muss jeder selbst wissen - hin und wieder wird aber in Vorlesungen eben doch ein bisschen mehr gesagt, als auf den PP-Folien steht -, aber dass eine Vorlesung nicht die komplette Wissenschaftshistorie oder sämtliche Zusammenhänge eines Themas behandeln kann sollte klar sein. Wenn in einer Meteorologie-Vorlesung zum Beispiel gesagt wird, dass die Lufttemperatur pro hundert Meter Höhe in etwa 0,7 Grad Celsius abnimmt, dann ist das Basis-Faktenwissen, das natürlich schon zig mal gemessen wurde, für das es auch diverse physikalische Zusammenhänge gibt, das alles zu erklären aber den Rahmen einer Vorlesung im Bachelor sprengen würde (zumal die physikalischen Zusammenhänge nämlich so kompliziert sind, dass sie einen Bachelor-Studenten auch eher überfordern würden als ihm zu helfen zu verstehen, warum die Lufttemperatur pro 100 Meter im 0,7 Grad Celsius abnimmt). Wen das brennend interessiert, der ist in einem Studium mehr als herzlich eingeladen, sich das selbst zu erarbeiten - die Bücher und Studien dazu gibt es alle auf jeden Fall in der Bib! - aber für die Klausur der Grundlagen der Wetterkunde im Bachelor reicht es erstmal, nur das Faktenwissen zu kennen. Aber wie gesagt, wer die Ambition hat, gleich in die Tiefe zu gehen, wird ja nicht aufgehalten…


gotik 
Fragesteller
 09.11.2023, 08:40

Die gehäufte Menge macht's (ungenießbar, ja) sinnlos, denn der Vorleser hat Jahre gebraucht das zu kapieren.

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warai87  09.11.2023, 08:55
@gotik

Kennst du den Spruch „Wenn‘s einfach wäre, würden es alle tun“?

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Wie bedauerlich! Vorlesungen auf diesem Niveau sind so uninteressant, dass ich nicht daran teilnehme. In meinem Physikstudium waren die Vorlesungen der Hauptfächer viel spannender und man lernte Herleitungen, Experiment und auch die Hintergründe kennen.

Im Nebenfach Chemie wurde aber tatsächlich auch nur aus dem Skript vorgelesen. Darum gingen aber auch nur 5 von 200 Studenten dorthin, während die anderen das Skript selbst gelesen haben. Gerade in Lerngruppen war das deutlich effizienter.

Im Hauptstudium, also ab dem 5. Semester, wurde es noch spannender. Dann ist die Zahl der Studenten pro Kurs kleiner, oft 10 bis 15. Hier ist die Nähe zur aktiven Wissenschaft gegeben.

Falls in einem Studium Anwesenheitspflicht für grässlich öde Vorlesungen besteht, hätte ich mich dafür nicht eingeschrieben. Niemand zwingt einen, ein bestimmtes Studium zu absolvieren.

Du meinst, 90% hätten den Vorlesungsstoff nicht verstanden? Dann hat man die Option, die Vorlesung für sich vorzubereiten und zu den 10% zu gehören, die daraus lernen.

An der Stehe liegt viel im Argen. Ich habe kürzlich gelernt, dass für Hochschuldozent*innen der Nachweis einer pädagogischen und didaktischen Qualifikationen KEINE Anstellungsvorraussetzumg ist, das muss man sich mal vorstellen.

Vorlesungen können ganz toll sein, wenn der/die Vortragende ein Charisma hat, das die Aufmerksamkeit der Hörenden über 90 Minuten hinweg bindet. Solche Vorlesungen können ein Genuss und ein Erlebnis sein. Dieses Charisma ist aber bei vielen einfach nicht vorhanden. Und dann hat man tatsächlich nichts davon, sondern liest besser das Skript der Vorlesung und trifft sich danach mit dem Professor zu einem Kolloquium, in dem Fragen dazu gestellt werden.

Ja, hab ich auch oft so erlebt. Sind leider längst nicht alle Dozenten auch gute Wissensvermittler oder Präsentierer.

Dass nur vorgelesen wird, ist aber auch nicht immer der Fall. Gibt auch Profs, die sich viel Mühe geben, die Studierenden mit einzubeziehen und zB Aufgaben machen und Fragen stellen oder Diskussionen führen. Hatte auch mal einen Prof, der konsequent keine schriftlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Entweder man war in der Vorlesung und hat mitgeschrieben oder man hatte eben den Stoff nicht. 🤷‍♀️ Fand ich dann auch schon wieder zu extrem.

Genauso hast du in einer Vorlesung die Möglichkeit, direkt Fragen zum Material zu stellen. Wobei das erfahrungsgemäß eher weniger genutzt wird, da sich zumindest in großen Sälen die meisten wohl nicht trauen, aus Angst möglicherweise eine dumme Frage zu stellen.