Was ist der Unterschied zwischen bedingter/unbedingter Willensfreiheit und weichen/harten Kompatibilismus?

2 Antworten

unbedingte und bedingte Willensfreiheit

Willensfreiheit ist eine Bezeichnung für Freiheit des Wollens einer Person. Träger/Subjekt der Freiheit ist die Person.

Willensfreiheit meint sinnvollerweise, eine Person sei als wollende/in ihrer Fähigkeit zur Willensbildung/in ihren Entscheidungen frei. Ein Wille hat ja einen Willen zu etwas zum Inhalt und ist nicht davon völlig abgetrennt.

Der Wille/das Wollen befindet sich an einem Schnittpunkt, einem Übergang vom Denken zum Handeln. Eine Entscheidung ist ein Willensakt und der Abschluß einer Willensbildung.

Jede Entscheidung, die eine Person trifft, kann als Beispiel genommen werden.

Dazu kann eine Entscheidung gehören, ehrlich zu sein oder zu lügen, oder eine Entscheidung, jemanden zu helfen oder nicht.

Unbedingte und bedingte Willensfreiheit sind vor allem unterschiedliche Auffassungen über die Beschaffenheit von Willensfreiheit.

Eine unbedingte Freiheit ist eine absolute Freiheit, eine keinen Bedingungen unterliegende Freiheit. Eine Person wäre in ihrem Wollen ganz unabhängig, völlig losgelöste, freischwebend, keinerlei Einflüssen ausgesetzt.

Unbedingte Willensfreiheit ist offensichtlich unmöglich. Entscheidungen stehen in Beziehung zu Umständen, der Lebensgeschichte einer Person (gespeicherte Erfahrungen), ihrem Denken und Fühlen, ihren Einstellungen und ihrem Charakter, ihren Neigungen und Überzeugungen, ihren physischen und psychischen Eigenschaften und Zuständen. Unbedingte Willensfreiheit steht auch in Gegensatz zu Kausalität (Ursache-Wirkungs-Verknüpfung).

Auch ein bloß zufälliger Willensakt wäre nicht Ausübung von Willensfreiheit.

Eine bloße Zufallswahl ist keine echte Freiheit. Nur bloßer Zufall, eine Entscheidung ohne Gründe, wäre ein unkontrollierbarer Ablauf, keine Selbstbestimmung. Ein keinerlei Bedingungen unterliegender Wille, bei dem die Entscheidung auf beliebige Weise ausfallen kann, ist eine Illusion und auch gar nicht erstrebenswert. Steuerbarkeit und Zurechenbarkeit von Handlungen würden unmöglich. Ein auch nur einigermaßen stabiler individueller Charakter ist auch ausgeschlossen.

In der philosophischen Erörterung der Willensfreiheit meint so gut wie niemand, es gebe unbedingte Willensfreiheit. Unbedingte Willensfreiheit ist auch nicht die einzige Möglichkeit der Existenz von Willensfreiheit. Der Standpunkt einer Existenz von Willensfreiheit kann daher nicht durch eine Argumentation gegen unbedingte Willensfreiheit widerlegt werden.

Eine bedingte Willensfreiheit bedeutet eine Willensfreiheit, die nicht völlig abgetrennt von Bedingungen ist. Es gibt Einflüsse/Faktoren, denen eine Person und ihr Wollen ausgesetzt sind. Die Person hat aber Spielraum in der Willensbildung, sie wählt zwischen Alternativen (mindestens etwas zu tun oder nicht zu tun).

Möglich ist dabei eine Deutung, wenn eine Person gut informiert und aufgrund vernünftiger Überlegung entscheidet, bestehe ein größerer Grad von Freiheit, als wenn sie nicht durchschauten Manipulationen, die auf ihr Wollen einwirken, unterliegt.

Bei dem Gesichtspunkt, ob der Mensch überhaupt Willensfreiheit hat, gibt es aber keine Möglichkeit gradueller Abstufung, sondern dabei geht es einfach ganz grundsätzlich (nicht auf die Anwendung/Ausübung einer Fähigkeit in einem Einzelfall beschränkt) um eine Bejahung oder Verneinung der Frage, ob der Mensch über eine Fähigkeit verfügt, in einer Entscheidung selbstbestimmt eine Wahl zu treffen. 

Kompatibilismus

Mit großer Wahrscheinlichkeit ist in der Fragebeschreibung etwas durcheinandergebracht. Eine Unterscheidung zwischen einer „weichen“ und „harten“ Auffassung kommt in Bezug auf den Determinismus vor.

Geert Keil, Willensfreiheit. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin ; Boston, Massachusetts : de Gruyter, 2013 (Grundthemen Philosophie), S. 55:  

„Man nennt den Kompatibilismus gelegentlich auch „weichen Determinismus“, im Unterschied zum „harten Determinismus“, der die Freiheit leugnet. Diese Bezeichnungen, die William James eingeführt hat, sind missverständlich, da die Stellungnahme zur Vereinbarkeitsfrage ja keine Spielart des Determinismus ist, sondern eine unabhängige These."

Weicher Determinismus vertritt den Standpunkt einer Determiniertheit, nimmt aber zugleich eine Existenz von Freiheit der Person bei ihrem Wollen an.

Harter Determinismus vertritt den Standpunkt einer Determiniertheit beim Wollen und verneint eine Existenz von Freiheit der Person bei ihrem Wollen.

Kompatibilismus ist ein Standpunkt zu der Frage, ob Determiniertheit und Willensfreiheit miteinander vereinbar sind. Dieser Standunkt kann auch vertreten werden, ohne Determinismus (die These einer Determiniertheit) für richtig zu halten. Daher ist zwar weicher Determinismus immer ein Kompatibilismus, aber nicht jeder Kompatibilismus ist ein Determinismus.


Albrecht  15.06.2015, 15:39

Determinismus argumentiert in der philosophischen Diskussion gewöhnlich mit Naturgesetzlichkeit (Determiniertheit durch Gott oder Schicksal sind andere theoretische Standpunkte, Notwendigkeit zu vertreten, aber für in wissenschaftlicher Erörterung spielen sie keine so bedeutende Rolle). Das Kausalprinzip ist also wichtig.

In der frühen Neuzeit ist harter Determinismus vor allem vom Standpunkt eines Materialismus mit einem mechanistischen Modell vertreten worden (z. B. von Julien Offray de La Mettrie und von Paul Thiry d'Holbach). In der Welt geschehen Abläufe strikt nach Mechanismen und der Mensch ist darin wie ein Automat/eine Maschine/ein Rädchen in einem Räderwerk.

Eine andere Fassung eines Determinismus ist psychologische Determiniertheit.

In neuerer Zeit ist eine Argumentation mit neuronalen Prozessen (vor allem Determiniertheit durch Gehirnzustände) wichtig.

Harter Determinismus ist eine bestimmte Art von Inkompatibilismus (Inkompatibilismus kann auch entgegengesetzt zu einem harten Determinismus die Existenz von Determiniertheit in der Bedeutung eines strikt notwendigen Bestimmtseins verneinen).

Weicher Determinismus versteht die Personen bei ihren Willensakten als frei, auch wenn determiniert sind.

einige Vertreter eines weichen Determinismus: David Hume, George Edward Moore, Moritz Schlick, Harry Frankfurt, Peter Bieri, Ansgar Beckermann, Michael Pauen

David Hume vertritt die Auffassung einer bedingten Freiheit und eines weichen Determinismus auf der Grundlage einer psychologischen Gesetzmäßigkeit. Kausalität ist nicht als tatsächlich bestehend mit Sicherheit erkennbar, sondern nur einen gewisse Beständigkeit und Regelmäßigkeit in der Verbindung der Dinge. Gewohnheit (die Verbindung wiederholt sich) nötigt das Vorstellungsvermögen zu der Vorstellung einer notwendigen Verknüpfung. Auch in der Verbindung gleicher Willensakte mit gleichen Umständen und Motiven (Beweggründen) gebe es die Beständigkeit und Regelmäßigkeit wie bei Dingen der äußeren Natur. Hume hält also schon eine gewisse Gleichförmigkeit für ausreichend, eine Lehre von der Notwendigkeit anzunehmen. Freiheit definiert er als Macht, je nach den Entschließungen des Willens zu handeln oder nicht zu handeln. Bei anderen Definitionen von Freiheit (Gegensatz nicht zu Zwang, sondern zu Notwendigkeit) falle Freiheit mit Zufall zusammen, dessen Existenz verneint wird. Hume verwendet einen Freiheitsbegriff, der Handlungsfreiheit ist, und nimmt auch bei Gründen das Vorliegen einer Verursachung notwendiger Art (wobei die Notwendigkeit nicht mehr als eine gewisse Gleichförmigkeit bedeutet) voraus (während andere Standpunkte Gründe - es gibt bei ihnen Überlegung, Ziele und Zwecke - für eine nicht nach strikter Notwendigkeit ablaufende Verursachung halten).

Andere Vertreter eines weichen Determinismus argumentieren mit einer realen Kausalität.

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Albrecht  15.06.2015, 15:43

Kompatibilismus ist die Auffassung, die Determiniertheit und Existenz von Willensfreiheit für miteinander vereinbar hält.

Inkompatibilismus ist die Auffassung, die Determiniertheit und Existenz von Willensfreiheit für nicht miteinander vereinbar hält.

Inkompatibilismus vertritt den Standpunkt, es könne nicht sowohl Determiniertheit als auch Existenz von Willensfreiheit geben, sondern dies schließe sich gegenseitig aus. In einer strikt determinierten Welt ist nach seiner Überzeugung die Existenz von Willensfreiheit unmöglich.

Inkompatibilismus, der die Existenz von Willensfreiheit annimmt, wird oft Libertarismus bzw. Libertarianismus genannt. Libertarismus/Libertarianismus ist (anders, als ihm teilweise unterstellt wird) nicht auf ein Bestreiten des Kausalprinzips angewiesen, weil eine Gleichsetzung von Kausalprinzips und Determinismusprinzip falsch ist. 

Kompatibilismus und Imkompatibilismus halten tatsächlich nicht unbedingt dieselben Phänomene für miteinander vereinbar bzw. unvereinbar. Daher ist bei einer näheren Untersuchung auch zu beachten, welche Bedeutung bei einem philosophischen Standpunkt die zentralen Begriffe („frei“ und „determiniert“) genau haben.

Determiertheit (die Auffassung vom Vorhandensein von Determiertheit wird Determinismus genannt) meint, wenn sie Willensfreiheit gegenüber gestellt wird, üblicherweise nicht nur, etwas sei irgendwie bestimmt (determiert), sondern es sei auf völlig notwendige Weise bestimmt (determiniert in dieser Bedeutung kann necessiert genannt werden; lateinisch necesse est = es ist notwendig) und bei einem Zustand zu einem Zeitpunkt könne bei der Ausgangslage unter den gegebenen Bedingungen/Umständen und vorliegenden Gesetzmäßigkeiten nur ein einziger Zustand folgen. Wenn universale Determiertheit angenommen wird, heißt dies, der gesamte Weltlauf sei durch Anfangsbedingungen und Naturgesetze ein für alle Mal alternativlos festgelegt. Damit gibt es keine offene Zukunft in der Hinsicht, was sich ereignet (nur die beschränkte menschliche Erkenntnis kann zu einer genauen Vorausberechnung nicht fähig sein). 

Typischerweise vertritt Inkompatibilismus einen starken Freiheitsbegriff, Kompatibilismus einen schwachen (die Anforderungen, um jemanden oder etwas als frei zu verstehen, sind geringer/schwächer; einigen reicht sogar schon das Fehlen von äußerem Zwang).

einige unterschiedliche Merkmale eines Freiheitsverständnisses:

Abwesenheit von äußerem Zwang

Fähigkeit, dem eigenem Willen entsprechend zu handeln

Urheberschaft

Kontrolle, welche Entscheidung getroffen wird

So-oder-Anderskönnen unter gegebenen Bedingungen

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Da gibt es evtl. eine Verwechslung. Es gibt keinen weichen oder harten Kompabitilismus, sondern einen weichen oder harten Determinismus und der Kompabitilismus wird auch als "weicher Determinismus" bezeichnet. Der harte Determinismus - Vertreter z.B. Julien Offray de La Mettrie - Hauptwerk: Die Maschine Mensch - sieht die Welt als Uhrwerk in der ein Rädchen ins andere greift und wir ein Rädchen sind mit Freiheiten, die wir uns nur einbilden.

Der weiche Determinismus oder der Kompatibelismus (d.h. Willensfreiheit und Determinismus sind mit einander vereinbar = kompatibel) wird ganz gut durch David Hume repräsentiert, der zwar der Meinung war, dass es offensichtlich Gesetze und Regeln gibt, aber die Kausalität, die Sicht, dass eines aus dem anderen folgt, eine menschliche Gewohnheit darstellt, um in einer Welt vieler chaotischer Erscheinungen eine orientierende Ordnung zu schaffen. Ob das ein durchgängiges lückenloses Prinzip ist, ist nicht beweisbar, weil wir immer nur Ausschnitte konstruieren. Faktisch, und das ist wichtig, stehen wir mit fast jeder Entscheidung vor offenen Fragen, weil wir meist nicht endgültig wissen, welche weitläufigen Folgen unsere in die Zukunft reichenden Entscheidungen haben. Wir entscheiden also immer in mehr oder weniger großer Ungewissheit, und ein nach rückwärts gedachter Determinismus hilft uns bei Entscheidungen in die Zukunft gar nichts. Mit Sartre könnte man also zu solchen Situationen sagen, wir sind zur Freiheit der Entscheidung verdammt. Das ist sicher übertrieben, bringt das Problem aber auf den Punkt.