Warum sind Ohrringe so normal?

8 Antworten

Weil Gesellschaft sagt ,,Zumindest alle Mädchen müssen Ohrringe haben"

Ist dämlich.

Ohrringe sind genauso Piercings wie alle anderen. Manche Eltern lassen ihre Babys schon Piercen, weil dann glauben das ihr Nind den Schmerz und Abheilungsphase nicht mitbekommt.

Es gehört leider in der Gesellschaft zum guten Ton sich wrlche stechen zu lassen.

Ich halte es für sehr verantwortungslos wenn man babys ohrlöcher sticht.

Im normalfall wenn man vernünftige Eltern hat dann würden die Ihren Kindern erst mit frühestens 16 Ohrringe erlauben. Aber die Zeiten ändern sich leider. Viele Eltern erlauben ihren 13 Jährigen Kindern schon Ohrringe weil da nix verwerfliches bei ist.

Nasenring ist meiner Meinung nach aber schon ein bisschen extrem wie z.b ein Tatoo zu haben. Es geht auch um die Öffentlichkeit. Es gibt Schulen da wurden schon Mädchen rausgeworfen weil sie Ohrringe oder ein Nasenpiercings getragen hatten. Darum sollten die Eltern da noch etwas zurückhaltend sein.

Es gibt einige Faktoren, von denen ich denke, dass sie dazu beitragen, dass Ohrringe heute bei uns als normal gelten.

Der Erste ist, wie PiercingJunge geschrieben hat, die lange Tradition. 

Ohrringe werden seit mehreren tausend Jahren in Europa getragen. Dabei ist die Verbreitung zwar oft stark fluktuiert und nicht selten trugen zu einer bestimmten Zeit nur bestimmte Gesellschaftsgruppen welche, dennoch hielten sie sich über all die Zeit. Dadurch sind sie als fester Teil der Kultur voll und ganz akzeptiert.

Der zweite Faktor ist der wachsende Wohlstand und die stark gesunkenen Preise für Schmuck im Allgemeinen.

Schmuck und damit auch Ohrringe sind im letzten Jahrhundert für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich geworden.

Der dritte Faktor: Ohrringe als Statussymbol. 

Anfang des letzten Jahrhunderts, als Schmuck immer erschwinglicher wird, galten Ohrringe immer noch als Schmuck der Oberschicht. Wer Ohrringe trug, galt als reich. Viele wollten sich dieses Statussymbol zu eigen machen und liessen sich oder den eigenen Kindern Ohrlöcher stechen.

Der vierte Faktor: Ohrringe sprechen unsere Bedürfnisse an. 

Ohrringe funkeln und glänzen, sind farbenfroh, werden paarweise getragen und rahmen das Gesicht ein, dem wichtigsten Bezugspunkt bei der Erstbeurteilung eines Fremden und der fortlaufenden Beurteilung eines Bekannten. Ohrringe erfüllen also mehrere unserer Grundbedürfnisse.

Erstens, unseren Sinn für Schönheit und unser Streben nach eben dieser.

Zweitens, unseren Sinn für Symmetrie, die wir in allen Dingen suchen und lieben. Das ist genetisch und dient auch als Hilfe bei der Wahl eines potenziellen Partners. Er ist vom Sinn für Schönheit abzugrenzen. 

Drittens, unser Bedürfnis einen guten Eindruck auf Mitglieder unserer Gruppe und auf Fremde zu machen. Das erfüllt uns mit einem Gefühl der Sicherheit, denn es gibt nur wenige Dinge, die dem Menschen so wichtig sind, wie ein akzeptiertes Mitglied der Gruppe zu sein. Das hat vor allem mit unserer Evolutionsgeschichte zu tun. Ein Mensch, der in der Steinzeit aus seiner Gruppe verstoßen wurde, hatte fast keine Chance zu überleben.

Der fünfte Faktor ist eine Konsequenz der oben genannten Faktoren, die Verbreitung. Ohrringe sind heute allgegenwärtig und werden von den meisten Frauen getragen und gelten allein deshalb schon als normal. Oder anders gesagt, die Ohrringe legitimieren sich durch ihre Allgegenwärtigkeit selbst.

Warum Ohrringe heute gerade bei Mädchen und Frauen als normal gelten, bei Jungs und Männern aber nicht, liegt an unserem Schubladendenken.

Wie oben beschrieben sprechen Ohrringe unseren Sinn für Schönheit an. Das Attribut schön, haben wir Menschen im Laufe unserer Geschichte, größtenteils, dem weiblichen Geschlecht zugeordnet. Während wir den Männern andere Attribute zugeordnet haben, die dem Attribut schön, in unserer Wahrnehmung, konträr liegen. Dazu kommen noch einige Faktoren der soziologischen Entwicklung unserer Kultur, die mir jetzt aber zu mühselig sind, sie aufzuführen.

Deshalb gelten Ohrringe auch heute noch bei vielen, als der weibliche Schmuck schlechthin und leider auch als unmännlich.

Warum all dies nicht für Piercings gilt, kann man sich eigentlich ganz leicht aus den obigen Erkenntnissen ableiten.

Piercings sind erst vor ein paar Jahrzehnten in Europa aufgekommen und haben keine lange Tradition. Darüber hinaus hatten sie eher einen schlechten Start. Denn die erste Gruppe, bei denen Piercings bewusst wahrgenommen wurden, waren die Punks und die hatten bei der gutbürgerlichen Mittelschicht, wie auch bei der Oberschicht, keinen guten Ruf. Das hat sich bis heute größtenteils gewandelt und für die meisten Menschen sind Piercings heute nichts schlimmes mehr. Dennoch gibt es auch heute noch einige Bedenken. Zum Großteil sind dies Bedenken hinsichtlich des Alters und der Verträglichkeit. Doch auch das ändert sich wohl mittlerweile. Letztens gab es hier eine Frage, in der jemand gefragt hat, warum es mittlerweile normal ist, dass elf- zwölfjährige Mädchen Ohrknorpel-, Nasen- und Bauchnabelpiercings haben. Ich wollte schon antworten, dass dies nicht normal sei, bis ich all die Antworten sah, von Leuten, die das selbst bemerkt hatten. Ich fand das schon krass, denn bei uns in der Stadt ist das nicht üblich.

Ohrringe bei Babys, sind ebenfalls eine mögliche Konsequenz der obigen Faktoren. Die Gründe können dabei vielfältig sein.

Erstens: Wenn die Eltern es als gegeben sehen, dass ihre Töchter irgendwann sowieso Ohrlöcher bekommen, wollen, warum sie dann nicht schon frühzeitig stechen, dann können sie von Anfang an Ohrringe tragen.

Zweitens: Eine Untervariante des ersten Grundes. Die Eltern sehen es als gegeben, dass ihre Töchter irgendwann sowieso Ohrlöcher bekommen und wollen ihnen die Angst/Schmerzen davor/dabei ersparen.

Drittens: Eine weitere Untervariante des ersten Grundes, diesmal allerdings aus der Sicht von Konservativen. Die Eltern sehen es als gegeben an, dass Ohrringe und Ohrlöcher zu Mädchen dazu gehören und das es nur natürlich ist, ihnen welche zu stechen.

Viertens: Aus Tradition. Innerhalb der Familie, des Umfeldes, oder der Kultur der Eltern ist es Tradition Ohrlöcher schon im Babyalter zu stechen. Diese Traditionen können sich nur auf das Stechen und Tragen der Ohrringe beziehen oder sich auch auf verschiedene damit verbundene Bräuche und Riten ausweiten, die ein Gefühl der Verbundenheit und Gemeinschaft vermitteln.

Fünftens: Aus religiösen Gründen. Hierbei kann es sich um tatsächlich niedergeschriebene religiöse Riten handeln, wie das hinduistische heilige Ritual der Karnavedha. Bei dem neugeborene Ohrlöcher bekommen, um sie vor bösem zu beschützen und ihre spirituellen Kanäle für das Glück zu öffnen. Oder aber um aus religiösen Texten abgeleitete Wünsche ihres Gottes, wie ein Mädchen, eine Frau, zu sein hat. Ist hier also ähnlich wie im dritten Grund, nur hat es einen anderen Ursprung.

Sechstens: Aus ästhetischen Gründen. Die Eltern finden ihr Baby mit Ohrringen süßer, schöner und stechen dem Baby deswegen Ohrlöcher.

Abschließend möchte ich noch sagen, fast alle Eltern wollen für ihre Kinder nur das Beste. Dabei ist ganz unterschiedlich, was die Eltern für das Beste halten. Ich halte es für wichtig Eltern die anders handeln, als man es selbst tun würde, nicht zu entmenschlichen oder ihnen den Wunsch abzusprechen, für ihre Kinder das Beste zu wollen. Natürlich darf man kritisieren und aufmerksam machen, auf Dinge die man für falsch hält, dabei darf man aber nie vergessen, dass man selber nicht die Weisheit und Wahrheit gepachtet hat und auch selbst daneben liegen kann.

Ich hieß ist nicht zu lang geworden. Ich fand, dass diese Frage, die oberflächig gesehen Simpel erscheint, es aber nicht ist, eine ausführliche gründliche Antwort verdient.

Liebe Grüße Merli


W00dp3ckr  11.02.2024, 11:02

Super Antwort.

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Pierrette89  12.03.2024, 17:29

Spitzenmäßige Antwort, ganz hervorragend! Man merkt, dass du wirklich Ahnung von der Thematik hast. So macht diese Plattform Spaß!

Liebe Grüße - Pierrette

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Pierrette89  25.04.2024, 19:10

Klasse Merli, nochmals Daumen hoch für deine ausführliche Antwort, die sich so erfrischend intelligent von den meisten hier niedergeschriebenen Phrasen abhebt. Weiter so !

Liebe Grüße - Pierrette

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Ich finde ansich ist es ab der ersten Klasse inordnung, wenn das Kind soe wirklich will. Macht aber kaum ein piercer und schießen lassen würde ich sie nicht.

Ich finde piercings an den ohren mit 13 sind einfach nicht so viel, ich kann nicht beschreiben was ich meine, aber Gesicht und bauch sind einfach anders.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – 15 piercings, 3 Tattoos