Warum haben wir im Deutschen so viele Fremdwörter?

14 Antworten

Als die Germanen noch die Urwälder belebten, kamen sie mit sehr wenigen Wörtern aus. Sogar das "Fenster" kannten sie nicht, sie hatten nur Löcher in den Wänden, sofern sie überhaupt Häuser hatten, und haben es erst aus dem lateinischen "fenestra" in ihre Sprache eingemeindet, wahrlich nicht das einzige Beispiel. Solche Wörter sind schon sehr lange in der deutschen Sprache, haben teilweise sogar Betonung und Genus gewechselt und werden "Lehnwörter" genannt.

Später ins Deutsche eingezogene Wörter sind auch heute noch als Fremdwörter zu erkennen, obwohl es etwa beim Kaffee doch schon schwerfällt. (Aber die Betonung macht es aus, obgleich es bereits in vielen Landesteilen auf der ersten Silbe betont wird. Von den Schweizern wollen wir gar nicht reden, die sogar Hotel auf dem ho betonen.)

Jahrhundertelang versuchten sich Adel und Bildungsbürgertum durch reichlichen Gebrauch von Fremdwörtern von der gemeinen Bevölkerung abzuheben. Das hat seine Spuren hinterlassen.

Heute sollte man sich auf den Standpunkt stellen, dass, wo deutsche Worte ausreichen, Fremdwörter nicht notwendig sind. Lustig ausgedrückt:

"Der Usus der Fremdwörter ist prinzipiell auf ein Minimum zu reduzieren!"

Du selbst hast in deiner Frage "Synonym" verwendet, weil du keinen passenden Ausdruck im Deutschen gefunden hast.

Ob aber der ungeheute Einbruch von Anglismen in die deutsche Sprache notwendig ist, ist doch sehr die Frage. Eigenartigerweise sind es aber gerade die Nutzer von Anglismen, die sich häufig über Fremdwörter im Deutschen beschweren. Seltsam, nicht wahr?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Unterricht - ohne Schulbetrieb

Sie sind einfach eingedeutscht worden. Man sagt heutzutage eher Aftershave anstatt Rasierwasser oder Portemannie anstatt Geldbörse. Auch viele Wörter, die wir heute denken, sie sind Deutsch, kommen aus einer anderen Sprache. Ski (Norwegisch), Auto (Lateinisch), Yoghurt (Türkisch),...


Sccch 
Fragesteller
 06.06.2015, 08:52

Auch das Wort Börse kommt aus dem Griechischen.

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ich würde ehrlich gesagt behaupten, dass es in anderen sprachen deutlich mehr fremdwörter gibt bzw. internationalismen. im deutschen wurden sie "zum schutz der deutschen sprache" (zu einem gewissen zeitpunkt in dre deutschen geschichte, der uns allen mehr als präsent ist ^^) "abgeschafft". oder besser gesagt: durch vergleichbare deutsche wörter ersetzt. so sagt der deutsche "fernseher", während der rest der welt von "television" spricht. oder der deutsche sagt "krankenhaus", während der rest der welt vom hospital spricht.

eine ähnliche "schutz"-aktion wurde auch in tschechien durchgeführt. dort hat man sogar für das wörtchen musik ein eigenes wort....

ich kenne es zumindest aus anderen sprachen so, dass wörter, die in deutschland als "fachausdruck" gelten, dort zum normalen sprachgebrauch gehören, ohne das es dafür ein eigenes synonym gibt (z.b. sprachwissenschaft vs. linguistik)

Es geht ja nicht nur um die grobe Bedeutung, sondern auch um die Kunst des Ausdrucks. Es heißt ja nicht umsonst "Wortschatz". Manche Worte bedeuten im Grunde das selbe, rufen aber unterschiedliche Assoziationen hervor und scheinen mal mehr, mal weniger umgangssprachlich. Mich wundert nur, dass du annimmst, das sei in anderen Sprachen nicht so. Gerade im Englischen merkt man das überdeutlich. Es ist eine germanische Sprache, aber es ist nicht möglich auf nicht-germanische Worte zu verzichten. Sprachen beeinflussen sich gegenseitig. Das ist eine natürliche Entwicklung.

Einerseits gibt es im Deutschen wirklich recht viele Fremdwörter, was einfach an den kulturellen Einflüssen liegt, die es gab (Vor allem von den Römern, die wiederum mit den Griechen zu tun hatten, von den Franzosen und von den Amerikanern). Das ist ganz normal.

Viele der Dopplungen, die du meinst, sind aber genau anders herum entstanden, als du denkst. Seit dem 17. Jahrhundert gibt es Sprachgesellschaften, die sich der Pflege der deutschen Sprache widmeten und dafür viele Alternativen für Fremdwörter erfanden. Einige Beispiele:

Philipp von Zesen († 1689) erfand unter anderem die Wörter Anschrift (statt Adresse), Bücherei (statt Bibliothek), Grundstein (statt Fundament), Nachruf (statt Nekrolog), Mundart (statt Dialekt), Glaubensbekenntnis (statt Credo), Vollmacht (statt Plenipotenz). Andere seiner Neuschöpfungen waren jedoch übertrieben und wirken heute lächerlich, wie zum Beispiel Tageleuchter (statt Fenster) oder Gesichtserker (statt Nase). Chr. Wolff († 1754), ein Philosoph, prägte Wörter wie Beweggrund, Bewusstsein, Begriff, Aufmerksamkeit, Verständnis, Umfang. Der Turnvater Jahn († 1852) erfand zum Beispiel die Begriffe volkstümlich (statt populär) oder Schriftbild (statt Faksimile). J. H. Campe († 1818) verfasste ganze Verdeutschungswörterbücher, durch die Bezeichnungen wie "Freistaat" (für Republik), "auswerten" (für evaluieren), "Erdgeschoss" (für Parterre), "Ergebnis" (für Resultat), "Voraussage" (für Prophezeiung) oder "Lehrgang" (für Kurs) entstanden.

Wie du siehst, war es manchmal (nicht immer!) genau die Gegenbewegung, durch die zwei verschiedene Begriffe entstanden. Meiner Meinung nach ist das aber kein Nachteil, sondern ein Fakt. Außerdem hat man dadurch mehr Möglichkeiten, zu sagen, was man will. Oft haben sich die Bedeutungen der verschiedenen Wörter leicht voneinander gewandelt, wie zum Beispiel bei populär (was so etwas wie "modisch" heißt) und volkstümlich (was eher "traditionell", also fast das Gegenteil meint). Evaluieren klingt viel hochgestochener als auswerten; ein Credo muss längst nicht mehr unbedingt ein Glaubensbekenntnis sein. Meiner Meinung nach hat dieser Reichtum der Sprache historische Gründe und ist außerdem eine ganz schöne Sache.

Sorry für den langen Text (falls du ihn überhaupt gelesen hast :D)


MDHDM  09.06.2015, 10:36

Ach ja, der Begriff "Rechtschreibung" ist erst im 16. Jahrhundert entstanden. Vorher sprachen alle Gelehrten Latein und nutzten daher den Begriff "Orthographie".

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