Urlaub in Indien

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Urlaub in Indien ist ganz toll. Kaum ein anderes Land hat soviel Spannendes zu bieten. Aber natürlich ist Indien ganz anders als Deutschland, und daher solltest Du Dich vorbereiten.

Die Vorbereitung betrifft nicht nur Geographie (Wie war noch mal die Hauptstadt von Tamiḻ Nāḍu, oder wo findet man Gujarāt auf der Landkarte?), sondern auch die Geschichte (was war noch mal der Unterschied zwischen Aśoka und Akbar?), Religion (Śiva ist doch mit Pārvatī verheiratet, oder war es nicht doch Durgā?) und allgemeines Traveller-ABC (ein Hotel ist nicht zum Schlafen sondern zum Essen). Das betrifft auch Dich selbst.

Denn Indien wird Dir (wenn Du auf eigene Faust reist, und Dich nicht einem Veranstalter anvertraust) ordentlich zusetzen. Egal ob Inder gerade mal nett oder zickig sind, sie sind auf jeden Fall fürchterlich intensiv. Armut und Dreck, privilegierte Kühe und unterdrückte Frauen — das wird an Dir kaum spurlos vorbeigehen. Und daß das mit den öffentlichen Toiletten ungefähr so gut funktioniert wie Eiswürfel in der Wüste, hat auch schon viele weibliche Reisende total fertiggemacht.

Dagegen mußt Du Dich wappnen. Ich empfehle Rainer Krack „Kulturschock Indien“. Manchmal wirst Du beim Lesen glauben, das ist Satire. In Indien wirst DU dann eines Besseren belehrt.

In Indien selbst mußt Du eine Reiseroute festlegen. Ich bin ja immer der Meinung, man soll in kurzer Zeit nicht zu viele zu weit entfernte Plätze ansteuern, aber andere sind anderer Meinung. In Indien kommst Du mit Zügen ganz gut voran (pro 24 Stunden gut 1000 km um ca. 10€), aber es ist schwierig, kurzfristig ein Ticket für einen Langstrecken­zug aufzutreiben. Bei den wenigen Touristen-Schaltern geht es fast immer, aber sonst brauchst Du meist Vorlaufzeiten von einem Monat und mehr, und das geht als Tourist natürlich gar nicht.

Kürzere Strecken von bis zu 300 km gehen gut mit dem Bus, gerne auch über Nacht (spart Zeit). Die fahren natürlich alle wie Amokläufer auf LSD, aber mit etwas Glück überlebt man eine solche Busfahrt unbeschadet (ich bin seit drei Jahren in Indien unterwegs und wurde nie in einen Unfall verwickelt).

Indien ist billig (um 10€ am Tag bist Du dabei, um 20€ lebst Du wie ein Mahārāja), aber der Flug ist teuer (600€, stark schwankend). Folglich bleibt man lieber länger. Ein Monat ist schon ein Anfang, aber weniger würde ich Dir nicht empfehlen.

Die meisten Touris verschlägt es in den Norden, und die pendeln dann irgendwie zwischen dem prachtvollen Rājasthān, dem mystischen Himalāya und dem zeitlosen Vārāṇāsī hin und her, eventuell mit einem finalen Abstecher nach Goā (Strände gibt es in Indien nicht wirklich, und die paar passablen liegen alle im Süden). Das ist Standard, das geht immer, da wirst Du Freude damit haben.

Südindien hat aber auch seine Meriten. Alles ist freundlicher, vom Wetter bis zu den Menschen. Das Essen schmeckt (zumindest mir) besser, die gesellschaftlichen Zwänge (Frauen­unterdrückung, Kasten­wesen) sind stark gemildert, und Englisch ist noch verbreiteter als im Norden. Ein Trip durch Karnāṭaka mit Abstechern nach Keraḷaṃ, Tamiḻ Nāḍu und natürlich Goā ist genauso anfänger­tauglich wie die klassische Nordroute, und sehr lohnend.

Der Erfolg hängt von der Vorbereitung ab. Wenn Du Dich nicht informierst, dann bleibt ganz Indien für Dich eine Kulisse, die irgendjemand an Dir vorbeizieht.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich reise gerne und habe viel Zeit in Südasien verbracht.

Gruenkohlkopf  08.02.2013, 22:25

Super Antwort! Nur in einem Punkt muss ich, ein 13 Jähriger Junge der schon sehr oft in Indien war ;), dir widersprechen. Das stört mich einfach, das hier so stehen zu lassen xD : In SÜdindien ist FRauenunterdrückzng und Kastenwesen eigentlich größer ausgeprägt (ländlicher.) Und mir schmeckt das Pahari-Essen wesentlich besser. Obwohl nichts über klassische Dal-Chamal geht ;)) Aber P.S : Zu derzeit ist es einigermaßen kalt in Indien. Für eine Person aus Deutschland machen diese paar Grade über null kaum was aus, aber bis vor kurzem herrschten in Indien noch relativ großes Chaos :D

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Gruenkohlkopf  08.02.2013, 22:26
@Gruenkohlkopf

Aber ich bin auch normalerweise nur in den Bergen und in Neu Delhi, im Süden war ich eigentlich relativ selten :)

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indiachinacook  09.02.2013, 10:09
@Gruenkohlkopf

Naja, als Tourist kenne ich vor allem die Städte. Und da trifft man im Süden viel mehr Frauen als im Norden (zumindest solche, mit denen man sich unterhalten kann). Daß Frauen in Indien Geschäfte betreiben, kommt eigentlich nur im Süden vor — in Kǒcci ist es fast normal, in Maisūru sieht an es zumindest gelegentlich, und in Vārāṇāsī (oder Jaypur oder Āgra) wäre es so gut wie undenkbar.

Übrigens ist die kalte Jahreszeit ziemlich vorbei. Ich bin jetzt in Ḍhākā, der Hauptstadt von Bāṅlādeś. Vor drei Wochen war es noch frostig, aber jetzt schwizt man bereits ein bißchen, wenn man durch die Straßen latscht. In einem Monat wird es nicht nur „ein bißchen“ sein.

Das Essen — naja, de gustibus non es disputandum. Der Norden hat schon seine Meriten (was meinst Du mit Pahārī — lahmes Dāl in Himācal Pradeś?), aber der Süden punktet mit seinem stets frischen Gemüse in fast unendlicher Auswahl, und daher frischeren Geschmacksnoten (wird ja auch nicht alles so lange gekocht wie im Norden). Aber klar, da hat jeder seine eigenen Vorlieben.

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miezepussi  13.02.2013, 06:53
@indiachinacook

Ich bin seit Dezember in der Region Andra Pradesh (Südosten). Hier war es nie kälter als 25°C. Für mich ist es herrlicher Sommer, für die Inder tatsächlich Winter und sie ziehen Jacken und Mützen an. Das Essen ist hier super scharf. (In Andra Pradesh ist das Essen selbst Indern aus anderen Regionen zu scharf.) Viele sprechen hier Englisch, jedoch ist es sehr gewöhnungsbedürftig für unsere Ohren. Auf dem Markt bekommt man hier wirklich tolles Gemüse, leider hält es aufgrund der Wärme nicht allzu lange. Die Gemüseverkäufer (auf dem Markt) sprechen im Glücksfall die Zahlen auf englisch. Alles andere geht mit Händen und Füssen....

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indiachinacook  13.02.2013, 10:46
@miezepussi

Ich finde auch, daß Āndhra Pradeś das beste Essen Indiens hat. Dazu ein Erfahrungsbericht: http://gernot-katzers-spice-pages.com/reise/vizag.html

Daß es im Süden nicht so kalt wird wie im Norden, ist nicht verwunderlich; der Süden hat ja ein ausgeglicheneres Klima (wird im Sommer auch nicht so heiß wie in Rājasthān).

Im Norden kann es dagegen schon recht kühl werden; selbst in tiefen Lagen treten in manchen Jahren Temperaturen um Null auf, in besonders schlimmen Jahren auch darunter. Das ist natürlich blöd, weil die Ärmsten ja auf der Straße schlafen müssen und dann wirklich in Lebensgefahr schweben. Die jüngste Kältewelle in Bāṅlādeś hat (soviel ich weiß) zwar keinen Frost gebracht, aber zwei bis drei Wochen hindurch vielen die Nachttemperaturen auf um die 5°C. Für jemanden, der es nicht wirklich gewohnt ist (und der ohnehin an chronischer Unter- der Fehlernährung leidet) ist der trotzdem nur in eine schmutzige Decke gewickelt im Freien schlafen muß, ist das schon heavy.

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Hallo Schattengirl,

dass du einen vernünftigen Reiseführer dabei hast. ZB. den Lonely Planet. Dort steht alles, was du beachten musst und ansehen solltest.

Deine Frage sprengt wirklich jeden Rahmen, da Indien nicht gleich Indien ist und es viel zu beachten gibt. Essen, Trinken, Verhalten, u.s.w.u.s.f.

Kohletabletten gegen ständigen Durchfall nicht vergessen, rechtzeitig alle Impfungen durchführen

Immer "botteld Water" dabei haben. Niemals "offenens" Wasser trinken, nur aus Flaschen. Vor dem Essen immer Hände waschen.