Soll ich mit meiner Oma brechen?
Hi, folgendes Szenario:
Ich habe ein sehr enges Verhältnis zu meinen Großeltern. Besuche sie seit mehreren Jahren mindestens 4 mal die Woche. Wir haben immer viel Spaß gehabt. Vor allem meine Oma hat mir schon viele Tipps bezüglich meines Lebens gegeben. Streit gab es nie.
Allerdings ist mein Opa nun im Januar verstorben und seitdem leidet das Verhältnis zwischen meiner Oma und mir stark. Ich verstehe, dass sie eine schwere Zeit durchmacht, immerhin waren die beiden 50 Jahre verheiratet. Allerdings legt sie vermehrt toxische Verhaltensweisen an den Tag:
- Sie verlangt von uns (ihren Kindern und Enkelkindern), dass wir jetzt sofort ihre Wohnung renovieren und alles stehen und liegen lassen, was bei uns privat ansteht.
- Sie "lästert" bei ihrer besten Freundin über uns und hetzt sie gegen uns auf (auch da war immer ein super Verhältnis da).
- Sie sagt, ich sei super respektlos, dabei habe ich mein Verhalten nicht abgeändert, seit wir so viel Zeit miteinander verbringen. Und schon gar nicht, seit mein Opa tot ist. Eher im Gegenteil, ich versuche viel vorsichtiger zu sein und überlege öfter, wie ich was formuliere...
- Sie versucht bei mir über meinen Onkel herzuziehen und erfindet Streit, der gar nicht da war.
Das schlimmste, was passiert ist, ist allerdings folgendes:
Ich war gestern bei ihr, um Kisten für die anstehende Renovierung (für die wir uns ALLE Zeit frei geschaufelt haben) vorbeizubringen. Daraufhin hat sie schon total gestresst reagiert und mir vorgeworfen, ich würde utopische Sachen von ihr verlangen. (Meine Mom hat mich gebeten, dass wir evtl. die Gläser ausräumen, die weggeworfen werden sollen, da heute das Möbel umgestellt werden soll. Ihr war die Uhrzeit allerdings zu spät)
Ich habe daraufhin gemeint, dass es nur ein Vorschlag war, da ich ja gerade anwesend bin und ihr helfen könnte, das war aber scheinbar ein ganz großer Fehler. Danach ist sie richtig "ausgeflippt" und hat die ganze Zeit mit einem Finger auf mich gedeutet und einen Vorwurf nach dem anderen gebracht. Nach meiner Bitte, das sein zu lassen, deutete sie mit zwei auf mich. Ich war geschockt, da ich nicht davon ausgegangen bin, dass sie sich so kindisch verhält. Sie hat dann den Raum verlassen und hat herum geschrien, dass sie sich sowas nicht von einem "jungen Rotzlöffel" gefallen lässt. Ich merke hier mal an, dass ich 23 Jahre alt bin und die Bitte von meiner MUTTER (ihrer Tochter) kam.
Als sie wieder kam, habe ich angeboten, zu gehen und die Situation beruhigen zu lassen. Ich muss gestehen, dass ich ab diesem Punkt selber laut geworden bin, ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen. Ich war einfach nur noch enttäuscht und verletzt. Sie hat mir dann an den Kopf geschmissen: "Geh, sonst bringe ich mich jetzt um". Das war dann der Rest, ich habe die Wohnung verlassen und bin heim gegangen.
Seitdem geht mir der Satz nicht mehr aus dem Kopf. Wie erwähnt bin ich zu tiefst enttäuscht und verletzt und weiß gar nicht mehr, was ich machen soll. Am liebsten würde ich sie nie wieder besuchen. Was soll ich eurer Meinung nach machen? Meine Mama hat mir schon immer erzählt wie schwierig ihre Mutter früher war, aber sie war mir gegenüber nie so. Sie meint auch, dass sich meine Oma wohl nicht entschuldigen wird, da sie im Fehler eingestehen wohl sehr schlecht ist...
6 Antworten
Das alles richtet sich auch nicht gegen dich. Es richtet sich auch nicht gegen die Familie.
Deine Oma ist in tiefster Trauer. Ist ist nicht nur sprichwörtlich ohnmächtig. Sie hat den Mann an ihrer Seite nach Jahrzehnten verloren. Das wirft einen massiv aus der Bahn. Nicht nur, dass sie ihren Partner verloren hat, mit dem sie (fast) ihr ganzes Leben geteilt hat nein, sie spürt durch den Tod ihres Mannes auch, dass ihr eigenes Leben endlich ist.
Ich verstehe deine Wut, den Schockmoment über das Verhalten und die Worte deiner Oma. Ich verstehe auch, dass du maßlos verletzt bist. Dennoch sehe ich auch, dass du ihr Verhalten sehr, sehr persönlich nimmst. Nicht nur die Rotzgöre sondern auch ihre Drohung sich umzubringen. Du lässt auch alte Geschichten, die dich nicht betreffen (ihr verhalten zu ihrer eigenen Tochter).
Deine Oma ist weder manipulativ noch dass es darum geht, dich aktiv zu verletzen.
Deine Oma ist, wie eingangs schon erwähnt, ohnmächtig. Sie ist massiv verletzt. Sie wehrt sich wie eine angeschossene Bärin. Nur um sich schlagen. Ob und wen sie dabei trifft ist unerheblich. Ein wildes Aufbäumen gegen die so heftigen Schmerzen an ihrer Seele.
Ob du ihr verzeihen willst entscheidest Du ganz alleine. Und wenn du es willst, dann kannst du es auch ;-)
Das, was ich geschrieben habe ist lediglich eine Erklärung. Ob es ihr Verhalten entschuldigt entscheidet ihr.
Ich sehe es genauso wie Allyluna, dein Opa ist verstorben, er war 50 Jahre an der Seite deiner Oma! Jeder Mensch geht anders mit dem Verlust geliebter Menschen um. Deine Oma braicht nicht noch einen Verlust, nur weil du den Kontakt jetzt abbrechen willst.
Wie wäre es wenn du da erwachsen reagierst und statt zurückzuschreien, ruhig mit ihr redest und ihr den Halt und Trost gibst den sie jetzt braucht?
Ja, es kann echt schwer sein und wenn man da wie ein Kind reagiert, nur weil sich die andere Person kindisch verhält, schürt das nur immer mehr Unverständniss und führt am Ende nur zu Hass und Leid.
Denk doch bitte mal daran wie sich deine Oma fühlen muss und versetz dich mal in ihre Lage. Wie würdest du dich fühlen, wenn dein ganzer Lebensinhalt nach solch langer Zeit plötzlich fort ist und du realisierst, das man so schnell alles verlieren kann?
Ich habe meinen Vater vor 18 Jahren verloren und ich habe mich da sicherlich auch erstmal wie ein Arsch verhalten. Und weißt du, in solch einer Situation merkst du erst wer wirklich für dich da ist. Ich war Anfangs auch nicht wirklich nett zu meiner Familie, habe sie von mir gestoßen und auch Freunde abgewiesen, die mir eigentlich helfen wollten. Ich habe realisiert, das alles vergänglich ist und das sich dein ganzes Leben innerhalb eines Wimpernschlages ändern kann. Dekst du meine Familie hat sich mir abgewand? Nein! Sie waren für mich da, obwohl ich mich wie ein Arsch verhalten habe!
Die Mutter meines Stiefvaters ist vor ein paar Jahren gestorben. Er ist eh eine schwierige Person und wir Ecken oft an. Und nach dem Tod seiner Mutter, war er oft extrem. Aber weißt du was? Wir waren trotzdem für ihn da und haben ihm den Halt gegeben den er braucht. Haben all seine Trauer und Verzweiflung aufgefangen und sind an seiner Seite geblieben.
Und deine psychische Behandlung ist da keine Ausrede....ich bin selbst seit Jahren in Behandlung und ja, mir wurde auch gesagt, das ich mehr an much denken soll. Aber was ist es wert, was jemand anders dir sagt? Soll ich mich deswegen denen abwenden die ich Liebe, nur weil sie eine schwere Zeit durchmachen und sich mir gegenüber momentan wie ein Arsch verhalten? Nein! Denn ich Liebe meine Familie und gehe lieber mit ihnen kaputt, als sie einsam ihrem Schmerz zu überlassen.
Am Ende kann dir da aber keiner deine Entscheidung abnehme, dann brech halt den Kontakt zu deiner Oma, du musst damit leben. Wenn sie dann aber i.wann auch nicht mehr ist, dann brauchst du auch nicht mehr zu heulen, weil du dich ihr gegenüber so verhalten hast und den Kontakt abgebrochen hast.
Wähle den Weg, mit dem DU leben kannst.
Nun: deine Oma könnte jetzt in einer Phase sein: in der beginnenden Demenz. Da ist eine Persönlichkeitsveränderung normal. Dazu kommt ihr Verlust... Für sie nicht einfach.
Sollte mein geringer Verdacht stimmen: dann ist ihr aggressives Verhalten normal. Vielleicht erinnert sie sich morgen nicht mehr daran, was sie heute sagt. Das ist natürlich eine schwierige Situation. Vor allem, da du das auch noch persönlich nimmst.
Mein Rat: nimm den Wind aus den Segeln! Bleibe gelassen und ruhig. Nichts persönlich annehmen, sondern einfach denken: sie merkt, das mit ihr was nicht stimmt. Deswegen wird sie aggressiv und ungerecht. Sie kann ihre Persönlichkeitsveränderung selbst nicht einordnen... Und sucht ein Ventil.
Nimm ihr Verhalten als gegeben.
Manchmal bedarf mancher situation einen Suplex
Als erstes fällt mir auf: Nimm mal den Fokus von dir weg! Es geht hier tatsächlich nicht um dich. Du erwähnst - beinahe in einem Nebensatz - Opa ist halt tot, sie waren 50 Jahre zusammen. Das ist vermutlich der Kernpunkt. Deine Oma hat ALLES verloren, was ihr Halt gegeben hat. Sie weiß nicht mehr, wohin sie gehört, sie trudelt quasi im Leben umher, weil sie ihren Anker verloren hat und ihr damit vielleicht auch ihre eigene Vergänglichkeit ganz ungefiltert vor Augen geführt wird.
Daher auch diese Übersprungshandlungen, dass "jetzt sofort" renoviert werden muss, im Gegensatz sie aber gar nicht in der Lage ist, das auch umzusetzen.
Natürlich kannst du den leichten Weg gehen, dich umdrehen und sagen "das war´s". Du kannst aber auch einfach für sie da sein, in bestimmten Situationen bestimmte Sätze von ihr "wegatmen" und sie in Ruhe ihre Trauer bewältigen lassen. Deine Entscheidung.
Ich war letztes Jahr mehrere Monate in psychischer Beratung. Da habe ich beigebracht bekommen, den Fokus mehr auf mich zu lenken, da ich schier daran kaputt gegangen wäre, dass ich immer nur für andere da war. Was ist denn nun richtig?
Da gibt es kein "richtig". Du kannst tun, was für dich richtig ist - insbesondere, wenn du gerade nicht in der Lage bist (und das ist jetzt nicht böse gemeint), es anders zu machen. Es würde die Sache nicht verbessern, wenn du auch noch frei drehen würdest.
Muss ich mir wirklich gefallen lassen, dass sie mir mit Selbstmord droht?
Was hat das mit gefallen lassen zu tun? Du wirst es dir gefallen lassen müssen, wenn sie es umsetzt. DU kennst deine Oma. Meint sie es vielleicht ernst? Dann braucht sie Hilfe, professionell und schnell. Ist es ein Ruf nach (noch mehr) Zuwendung? Gib sie ihr, wenn du kannst - oder betrachte es als einen der Sätze, die du (s.o.) veratmen solltest.
Die Übersprunghandlung verstehe ich vollkommen, zufällig habe ich zusammen mit meiner Mama die Renovierung angeleiert und die Familie einberufen.
Warum das noch unterstützen? Warum nicht in kleinere (und von ihr auch zu bewältigende) Bahnen lenken? Erstmal "nur" frische Farbe im Wohnzimmer oder "nur" die Kommode ausmisten (kann sie sogar alleine) oder "nur" eine neue Sitzecke in der Küche und neue Vasen im Wohnzimmer, neue Gardinen im Schlafzimmer. Manchmal sind es kleinere Dinge, die auch schon eine große Wirkung haben. Und falls nicht, kann man schrittweise immer noch größere Kreise ziehen.
Es ist tatsächlich wichtig, daß Du Dich etwas mehr auf Deine Bedürfnisse konzentrierst. Denn DU hast ja auch ein Leben, das gelebt werden sollte! Und nein, Du mußt Dir solch eine Drohung mit Selbstmord nicht bieten lassen. Deine Oma wollte Dich damit emotional erpressen - und das geht ja mal gar nicht!!! Dafür fehlt MIR jegliches Verständnis!
Ich denke nicht, dass meine Oma es wirklich macht. Wir haben in einem klaren Moment ganz offen über das Thema Suizid geredet. Ich habe das Gefühl, dass sie mich gestern nur verletzen und manipulieren wollte... So kam es bei mir an...
Sie möchte es, hat überall rumerzählt, wir würden uns an keine Absprachen halten usw. wir wollten ihr beweisen, dass wir immer für sie da sind, wenn sie uns braucht.
Ihr Begleiter, den sie ein halbes Jahrhundert konstant an der Seite hatte, ist nur plötzlich weg. Natürlich sucht sie dann die Versicherung der Familie, dass diese bereit ist, diesen Platz bis zu einem gewissen Maß "neu" zu besetzen. Über die Art und Weise brauchen wir uns nicht unterhalten (veratmen!), aber die Tatsache an sich ist ja nun nicht so verwerflich.
Und dass du dich hast manipulieren lassen, kann man ja nun nicht behaupten. Du hast dich vorher aus der Reserve locken lassen, tja nun. Das ist auch nicht besonders verwunderlich.
Von daher - was ist eigentlich genau das Problem? Dass sie es versucht hat? Oder dass sie es trotz deiner angeschlagenen Psyche versucht hat?
Ich würde versuchen, sie nochmal in einer ruhigen Minute zu sprechen. Klar zu kommunizieren, dass sie eine Grenze überschritten hat, und du in diesem Bereich zu keinem Kompromiss bereit bist. Dass du aber verstehst, dass sie trauert, vielleicht (trotz eurer Bemühungen) zeitweise einsam ist, dass du trotzdem immer für sie da bist.
Übrigens gibt es in den meisten Gemeinden auch Trauercafés o.ä. - vielleicht wäre es auch etwas für sie, sich mit Gleichgesinnten zu treffen (und meinetwegen zu lästern, bis ihr der Mund fusselig wird)? Vielleicht bekommt sie auch dort mal einen anderen Blick auf ihre Situation und kreist nicht permanent um sich selbst...
Ich war letztes Jahr mehrere Monate in psychischer Beratung. Da habe ich beigebracht bekommen, den Fokus mehr auf mich zu lenken, da ich schier daran kaputt gegangen wäre, dass ich immer nur für andere da war. Was ist denn nun richtig?
Muss ich mir wirklich gefallen lassen, dass sie mir mit Selbstmord droht?
Die Übersprunghandlung verstehe ich vollkommen, zufällig habe ich zusammen mit meiner Mama die Renovierung angeleiert und die Familie einberufen.