Mathematisches beweisen lernen?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

lustigerweise sind diese Aufgaben durchaus mit den Mitteln der Schulmathematik zu lösen. Du mußt diese nur richtig anwenden.

Das ist wie mit einem handelsüblichen Werkzeugkasten. Der eine kann damit bei einem Auto neue Bremsen einbauen, der andere bricht sich bei dem Versuch die Finger und ruiniert das Fahrzeug.

Nimm die Aufgabe IV:

Da ist zu zeigen, daß a²-4b ungleich 2 sind, wenn a und b natürliche Zahlen sind; wobei noch zu definieren wäre, ob man die Null zu den natürlichen Zahlen rechnet - wie ich das mache - oder nicht. Das spielt hier aber ohnehin keine Rolle; sei sie also mit von der Partie.

Auf Deutsch lautet der Beweis: Wenn du von einer Quadratzahl a² eine durch 4 teilbare natürliche Zahl 4b abziehst, wird das Ergebnis niemals 2 lauten.

Um das zu zeigen, machst Du am besten eine Fallunterscheidung, denn a², die Quadratzahl, kann entweder ungerade sein oder gerade, anders geht's nicht.

Ist sie ungerade, kann man a² als (2k-1)² darstellen, wobei k eine natürliche Zahl ist.

Das kann man (Schulmathematik!) nach der zweiten binomischen Formel zu
4k²-4k+1 darstellen. Zu zeigen ist demnach, daß 4k²-4k-4b+1 (Umstellung anch dem Kommutativgesetz der Addition, ebenfalls Schulstoff) ungleich 2 ist.

Nach dem Distributivgesetz kann Du aus den ersten drei Summanden die 4 ausklammern: 4*(k²-k-b)+1. Da k und b natürliche Zahlen sind, kann k²-k-b zwar negativ werden, aber niemals ein Bruch; es handelt sich somit um eine ganze Zahl, die man m nennen kann.

Nun sieht die Ungleichung so aus: 4m+1 ungleich 2, wobei m eine ganze Zahl und 4m eine durch 4 teilbare ganze Zahl ist. 4m+1 muß somit ungerade sein, denn alle durch 4 teilbaren Zahlen sind gerade. Da 2 aber gerade ist, kann 4m+1 unmöglich gleich 2 sein.

Im anderen Fall ist a² gerade, kann also durch (2k)²=4k² dargestellt werden.

4k²-4b=4*(k²-b)=4m, eine durch 4 teilbare Zahl.

Da 2 nicht durch 4 teilbar ist, kann auch in diesem Fall a²-4b nicht 2 ergeben.

Du siehst: Etwas anderes als Schulstoff ist hier nicht erforderlich; man muß ihn nur anwenden.

Als Literatur kann ich Dir das Buch 'Wie man mathematisch denkt' empfehlen:

https://www.amazon.de/mathematisch-denkt-mathematische-Arbeitstechnik-Studienanfänger/dp/3827429978/ref=sr_1_1?crid=1FQGB1ECY8LYB&keywords=wie+man+mathematisch+denkt&qid=1697879699&sprefix=Wie+man+mathematisch+denkt%2Caps%2C110&sr=8-1

Außerdem noch dieses:

https://www.amazon.de/Zahlen-Formeln-Gleichungen-Algebra-Unterricht/dp/3658161051/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=YGWOXEJBF6O&keywords=Zahlen%2C+Formeln%2C+Gleichungen&qid=1697879914&sprefix=zahlen+formeln+gleichungen%2Caps%2C112&sr=8-1

Da findest Du Regeln zum Umgang mit ganzen Zahlen und eine gut faßliche Einführung in die Algebra.

Herzliche Grüße,

Willy


Pete4712 
Fragesteller
 21.10.2023, 11:36

Besten Dank für deine ausführliche Antwort. Die Literatur sieht auf jeden Fall vielversprechend aus.🙋

Jetzt nur nicht die Finger Brechen

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Willy1729  21.10.2023, 11:37
@Pete4712

Da ich Autodidakt bin, achte ich bei Mathematikbüchern darauf, daß sie auch ohne Vermittlung durch Lehrer verständlich sind.

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Pete4712 
Fragesteller
 21.10.2023, 12:15

Kleines Update: die erste Aufgabe hat mich anscheinend aus dem Konzept gebracht. Die anderen scheinen wirklich nicht allzu schwer zu sein.. danke für deinen lösungsansatz als Vorlage

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Willy1729  21.10.2023, 12:31
@Pete4712

Aufgabe 1 läßt sich nach dem klassischen Widerspruchsbeweis führen.

Wenn Wurzel (2) rational wäre, wäre sie durch den vollständig gekürzten Bruch zweier ganzer Zahlen m und n darstellbar.

Zeige, daß diese Annahme zu einem Widerspruch führt und Du hast gewonnen.

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Willy1729  21.10.2023, 12:38
@Willy1729

Der Clou bei diesem Beweis: Wenn m/n ein vollständig gekürzter Bruch ist, können nicht beide Zahlen gerade sein, sonst wäre der Bruch ja noch durch 2 kürzbar.

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Willy1729  22.10.2023, 11:01

Vielen Dank für den Stern.

Willy

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Von Experte Willy1729 bestätigt

Man kann mit dem Schulstoff der 10. Klasse durchaus die 4. Stufe (Bundesrunde), Klassenstufe 12, der Matheolympiade gewinnen.

Es geht bei Deiner Frage (ebenso wie bei der Metheolympiade) um die kreative Abwendung des Wissens.

Beispiel: Aufgabe 3:

Wenn a ungerade wäre, dann wäre auch a^3 ungerade. Dann wäre a^3 + 5 gerade. Da das aber ungerade sein soll, ist die Annahme, dass a ungerade ist, falsch. Also ist a gerade.