Macht die Aussage dieses Experiments Sinn?

4 Antworten

Also, wer ein oder zweimal den Knopf drückt, den würde ich einfach als experimentierfreudig einstufen. Man weiß ja, dass der Schock nur "weh tut" aber nicht gefährlich ist, und die Gelegenheit wird man aus reiner Neugier nutzen. Dazu passt, dass Männer sich statistisch gesehen eher auf Experimente einlassen, als Frauen.

Wer sich allerdings öfter als selten schockt, bei dem könnte zum einen eine Disharmonie vorliegen, bei der diese spezielle Art Schocks vorübergehend wohltuend wirken. Kann ja auch bei Elektroakupunktur der Fall sein.

Oder es sind (wie du andeutest) arme gequälte Seelen, bei denen die äußere Leere so weh tut, dass sich lieber die Schocks geben, als die Leere zu ertragen.

Oder es können Motive vorliegen, an die ich jetzt nicht denke.

Achtung: Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Versuchsteilnehmer nur sehr gelegentlich die Schockfunktion benutzt hat !

Vorsicht, bei Interpretationen - oftmals gibt es Gründe für Verhaltensweisen, an die man auf Anhieb nicht denkt, weil der eigene Erfahrungshorizont naturgemäß begrenzt ist.


liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 14:32

Danke für deine Erklärung, ich war gerade total blöd :D Hab vergessen, dass man Zwei Drittel und ein Viertel am Ende ja noch addiert und das Zwei Drittel bereits über 50% sind. Ist es aber nicht trotzdem wichtig zu wissen, wie groß die Stichprobe insgesamt war, um so eine Universalaussage aus dem Experiment ableiten zu können? Fernab der Tatsache, dass auch noch eine unbekannte Variable Ursache sein kann?

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scatha  13.01.2023, 15:53
@liquorcabinet

So wie ich den Text verstehe, die Angaben sind sowieso ungenau...

Nehmen wir an, die Hälfte der Versuchsteilnehmer waren Frauen, die Hälfte Männer.

2/3 der Männer * 50% = 33,3%

1/4 der Frauen * 50% = 12,5%

Summe: 33,3% + 12,5% = 45,83%

Also, weniger als die Hälfte (von allen) drückten überhaupt den Knopf.

Von diesen hat nur "ein Anteil" den Knopf mehrmals gedrückt. Also vielleicht 1/5 oder 1/6.

Die Größe der Stichprobe würde bei Aussagen wie 1/4 und 2/3 vermutlich reichen. Man soll ja auch (zunächst) nicht unnötig viele Menschen mit solchen Versuchen belästigen.

Um Universalaussagen abzuleiten, haben wir einfach zu wenige Informationen. Erst recht zu der Motivation. Man hätte sofort nach dem Experiment noch eine Befragung durchführen müssen, um dazu mehr zu erfahren. Und selbst dann ist die Selbstreflexion der Versuchsteilnehmer nie völlig lupenrein, daher braucht man mehrere Befragungstechniken.

Die Schlußfolgerung "sie schocken sich aus Langeweile" ist auf jeden Fall eine Über-Interpretation des Professors. Ohne zusätzliche Hinweise würde ich mich auf dieses Ergebnis nicht beschränken.

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liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 16:01
@scatha

Bevor ich deine ganze Antwort lese: Zwei Drittel sind etwa 66,67% :) Hab aber zuerst den gleichen Denkfehler gehabt.

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FabianPavian  15.01.2023, 21:58
@liquorcabinet

Er hat es dir doch genau vorgerechnet. Es drückten nur kanpp die Hälfte der Versuchsteilnehmer den ominösen Knopf.

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liquorcabinet 
Fragesteller
 17.01.2023, 12:14
@FabianPavian

Ja tut mir leid, bin einfach echt mies in Mathe. Ich verstehe nach wie vor nicht, wieso man bei zwei Drittel der Männer auf 33% kommt.

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Naja die Anzahl wäre natürlich schon interessant...

waren es nur 3 Jungs und 4 Mädchen? also reines Zufallsergebnis...

...oder hunderte also wirklich was statistisch auswertbares?...

aber in https://www.science.org/doi/suppl/10.1126/science.1250830/suppl_file/wilson.sm.pdf steht Participants were 55 undergraduate students (31 female, 24 male)

es haben sich davon also 8 Mädchen und 16 Jungs getasert...

... wenn man sieht, was Leute sonst so treiben, wenn ihnen langweilig ist, wie Rauchen, Bungee, Umbt-Umbt-Umbt-Disse... wundert mich das aber auch nicht...

Ich wäre in der Kontrollgruppe - außer vllt. ich wüßte nicht was der Knopf bedeutet... ;o)

Beim Überfliegen fand ich jetzt nix zum Unterschied m/w - soooo interessant fand ichs aber doch nicht um weiter zu suchen...


liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 18:55

Danke für die Info zur Stichprobengröße. Da diese derart gering ausfällt, erhält man dann ja ohnehin kein repräsentatives Ergebnis. Schade, dass das Buch das alles ganz anders darstellt.. Jetzt fühlt man sich auch irgendwie uninformiert, wenn man das Buch weiter liest...

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Liest sich für mich unrealistisch und gestellt. Kein normaler Mensch schockt sich wegen 15 Minuten Warterei. Dann würden sich ja alle einen Elektroschocker kaufen und sich schocken, wenn sie z.B. beim Arzt im Wartezimmer warten - da wartet man manchmal stundenlang.

Also entweder wurden die Teilnehmer sektiert, um das Ergebnis zu verfälschen und lauter Irre oder Masochisten oder Lockvögel reingepackt .....oder das Experiment oder dessen Ergebnis ist schlicht erfunden.


liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 14:15

Das Experiment wurde an der University of Virginia von dem Sozialpsychologen Timothy Wilson durchgeführt. Im Wartezimmer haben die meisten Menschen inzwischen ihr Handy in der Hand oder lenken sich mit Zeitschriften ab, die dort ausgelegt sind. Mir geht es auch eher um diese Universalaussage über den Menschen anhand der Zahlen, die rauskamen. Macht das so Sinn, wenn wir jetzt mal annehmen, dass die Zahlen stimmen?

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1Knight1  13.01.2023, 14:18
@liquorcabinet

Nein, es spiegelt m.E. definitiv nicht die Realität wider. 15 Minuten sind dafür viel zu kurz - da braucht es schon wesentlich mehr Zeit....Stunden oder Tage. Bei 15 Minuten setzen sich die Leute einfach hin und nicken entweder ein oder unterhalten sich miteinander, aber schocken sich nicht wie Blöde und schon gar nicht 190x.

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scatha  13.01.2023, 14:27
@1Knight1

Die allermeisten haben die Schockfunktion aber nur sehr selten benutzt. Die "Verrückten" waren die Ausnahme ! Das ist aus dem Text deutlich zu erkennen, finde ich.

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1Knight1  13.01.2023, 14:30
@scatha

2/3 der Männer ist keine Ausnahme, ebensowenig wie 1/4 der Frauen.

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liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 14:34
@1Knight1

Zwei Drittel nicht, aber 25% der Frauen sind ja nichtmal die Hälfte? Die Leute konnten sich nicht unterhalten, weil sie allein in dem Raum saßen. Im Wartezimmer bist du übrigens auch äußeren Reizen ausgesetzt, es ist kein komplett leerer und stiller Raum.

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1Knight1  13.01.2023, 14:38
@liquorcabinet

Trotzdem sind 15 Minuten nichts. Und selbst 1/4 ist angesichts eines Elektroschocks eine Menge. Für mich wie gesagt unglaubwürdig. Und selbst falls es doch so passiert sein sollte, kaum repräsentativ.

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liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 14:42
@1Knight1

Dass es kaum repräsentativ ist, könnten wir erst beurteilen, wenn wir die Größe der Stichprobe und die psychische Stabilität der Teilnehmer kennen, oder?

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1Knight1  13.01.2023, 14:44
@liquorcabinet

Also wenn die Studie nur aus einem Minimum an Personen besteht, ist sie ohnehin nicht repräsentativ. Je mehr Leute, desto repräsentativer. Aber dann wird es wieder unglaubwürdig. Ist ja auch nur meine Ansicht dazu.

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scatha  13.01.2023, 15:57
@1Knight1

Die meisten der 2/3 Männer und 1/4 Frauen haben den Knopf allerdings nur einmal gedrückt. Achtung !

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"Die Leute könnten es kaum ertragen, mit ihren Gedanken alleine zu sein, erklärt Professor Wilson die Ergebnisse." widerspricht glatt dem, was Wilson laut BBC tatsächlich sagte: "Prof Wilson says he isn't declaring humans incapable of contemplation. - Professor Wilson erklärt, dass er Menschen NICHT für Unfähig zum Ertragen von Langeweile erachtet." https://www.bbc.com/news/science-environment-28130690

Wie Du schon richtig bemerktest, kann man ohnehin nicht von "die" Leute sprechen, wenn sich 1/3 einer Gruppe männlicher, studierender Versuchsteilnehmer einer Uni in den USA sowie 3/4 der studierenden Versuchteilnehmerinnen aus dieser Uni in den USA anders verhielten.

Zudem:

""Zwei Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen drückten den Knopf. Manche sogar mehrmals. " Punkt. Das kann man eventuell als Ausfluss von Neugierde oder Tatsächlich Suche nach Ablenkung ansehen, wobei die eingeschlossenen männlichen Studierenden offensichtlich häufiger das Schmerzrisiko einzugehen bereit waren als die weiblichen. Aber wie viele drückten ein zweites Mal? "Manche". Bei 10 Teilnehmenden wären "manche" ein hoher Anteil, bei 1000 Teilnehmen eine verschwindende Minderheit.

Dass statt einer vernünftigen beschreibenden Statistik der Gesamtstichprobe in Deiner Quelle (wie viele genau haben teilgenommen, wie viele drückten zweimal oder noch häufiger) nur ein sensationalistisches "einer brachte es auf 190" kommt, ist enttäuschend.

Die o.g. BBC-Quelle nennt wenigstens die Teilnehmerzahl (42 Personen), und dass der Schock "sehr leicht" (" mild" auf Englisch) war. Außerdem steht da drin, dass alle den Schock durch eine vorgeschaltete Stufe des Experiments schon kannten und nur diejenigen in die "Langeweile"-Versuchsanordnung kamen, die diesen Schock gegen Zahlung von 5 Dollar vermeiden würden .

Die Person, die 190mal gedrückt hatte, tat dies laut der BBC-Quelle in der Voruntersuchung und kam eben gerade NICHT in das eigentliche Langeweile-Experiment. Deine Quelle informiert also nicht nur unzureichend, sondern hat auch noch schlampig gelesen (oder einen irreführenden Pressewisch abgeschrieben).

Woher ich das weiß:Recherche

liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 15:54

Vielen Dank erst einmal für deine ausführliche Antwort :) Dafür liebe ich diese Plattform. Im Buch ist als Quelle ein Artikel vom Boston Globe angegeben, wie bei deiner Quelle fehlt auch hier die Stichprobengröße. Professor Wilson sagt in diesem Artikel allerdings: “It seems that the average person doesn’t seem to be capable of generating a sufficiently interesting train of thought to prevent them from being miserable with themselves.”

Also bestätigt er damit noch einmal, dass die Menschen durchschnittlich nicht dazu in der Lage scheinen, mit ihren Gedanken temporär allein zu sein, ohne sich mies zu fühlen, relativiert die Aussage dann aber hier wieder:

"Prof Wilson says he isn't declaring humans incapable of contemplation. ,I don't want to exaggerate this. I do think that all of us, in our daily lives, do find our minds wandering to pleasant topics or thinking about something we're looking forward to. I think what's hard... is doing this on the spot.'"

Also kann der Mensch gut in Situationen allein mit seinen Gedanken sein, wenn er es nicht soll, aber wenn er keine Wahl hat, dann ist es eine Qual?

Der Versuchsteilnehmer, der 190x gedrückt hat, wurde tatsächlich nachfolgend vom Experiment ausgeschlossen, aber was ich noch nicht verstehe: Unter welchen Rahmenbedingungen hat er denn jetzt 190x auf den Knopf gedrückt?

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Machma2000  13.01.2023, 16:34
@liquorcabinet

Das wird in dem verlinkten BBC-Artikel erklärt und ich selber habe es ebenfalls erwähnt. Die Leute lernten den Stimulus schon vorher kennen und durften nur in die Hauptuntersuchung, wenn sie angaben, dass ihnen die Vermeidung so eines Stimulus durchaus 5$ wert wäre.

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liquorcabinet 
Fragesteller
 13.01.2023, 16:41
@Machma2000

Ja schon klar, aber wenn der Ausreißer 190x den Knopf drückte, als er ebenfalls mit sich allein war, dann hat das ja dennoch eine Aussagekraft. Aber gut, er bildet definitiv eine absolute Ausnahme. Was sagst du zu dem, was scatha hier geschrieben hat? "2/3 der Männer * 50% = 33,3%", wieso mal 50? 2/3 sind doch in etwa 66,67%, korrekt?

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Machma2000  13.01.2023, 18:53
@liquorcabinet

Er ging wohl davon aus, dass Männer 50% der Probanden stellten. Ob es tatsächlich so war, entzieht sich meiner Kenntnis.

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