Kant Pflicht?

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Kant ist Moralist. Und als Moralist findet er die Dinge gut, die den Menschen und der Gesellschaft nützen. Er begreigt den Menschen nicht nur als Individuum, sondern als soziales Wesen, der zu einer Gesellschaft gehört. Diese Gesellschaft gibt ihm nicht nur Sicherheit, sondern verlangt auch Leistungen.

Diese Leistung zu erfüllen, ist eine Verpflichtung. Und je williger man sie erbringt, desto mehr Erfüllung bietet sie.

In der heutigen Vorstellungswelt ist das in etwa wie die Erfüllung, die jemand durch ein Ehrenamt erfährt, das er für seine Mitmenschen erbringt. Oder die Tatsache, dass auch harte Arbeit Spaß machen kann, wenn man dadurch Anerkennung erfährt.

Kant empfindet die Pflicht als Ausfluss der Vernunft, die für ihn der moralische Treibstoff der Gesellschaft ist.

Ich zitiere Literatur:

Der Begriff der Pflicht hat einen juristischen und einen moralischen Aspekt. Kant betont in seiner praktischen Philosophie den moralischen. Beide Pflichtbegriffe setzen einen Menschen voraus, der frei entscheiden kann. Die Pflicht übt auf den Menschen einen äußeren und einen inneren Zwang aus. Einmal kommt die Forderung der Pflicht von außen, die Gesellschaft fordert etwas vom Individuum und kann es (rechtlich) erzwingen, zum andern erlegt der Mensch sich selbst Zwang auf, fühlt oder weiß sich moralisch verpflichtet. Am Anfang der Kantischen Pflicht- oder Gesinnungsethik steht das Bekenntnis zum guten Willen:   »Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außerhalb derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. Verstand, Witz, Urteilskraft und wie die Talente des Geistes sonst heißen mögen, oder Mut, Entschlossenheit, Beharrlichkeit im Vorsatze als Eigenschaften des Temperament: sind ohne Zweifel in mancher Absicht gut und wünschenswert; aber sie können auch äußerst böse und schädlich werden, wenn der Wille, der von diesen Naturgaben Gebrauch machen soll und dessen eigentümliche Beschaffenheit darum Charakter heißt, nicht gut ist. Mit den Glücksgaben ist es ebenso bewandt. Macht, Reichtum, Ehre, selbst Gesundheit und das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit mit seinem Zustande unter dem Namen der Glückseligkeit machen Mut und hierdurch auch öfters Übermut, wo nicht ein guter Wille da ist, der den Einfluss derselben aufs Gemüt und hiermit auch das ganze Prinzip zu handeln berechtige und allgemeinzweckmäßig mache; ohne zu erwähnen, dass ein vernünftiger unparteiischer Zuschauer sogar am Anblick eines ununterbrochenen Wohlergehens eines Wesens, das kein Zug eines reinen und guten Willens ziert, nimmermehr ein Wohlgefallen haben kann, und so der gute Wille die unerlässliche Bedingung selbst der Würdigkeit glücklich zu sein auszumachen scheint.«  

Gegen Kants Kritik an der eudämonistischen, letztlich also aristotelischen Position der Ethik, lassen sich schwerwiegende Bedenken erheben. Kant verlässt den Bereich des Verifizierbaren. Wenn die Glückseligkeit ein fragwürdiges Gut ist, ist es die Glückswürdigkeit noch mehr, zumal, wenn jede Kontrollmöglichkeit der Motive fehlt. Während Aristoteles dem Menschen Erreichbares zeigt, fordert Kant von ihm Unmögliches, indem er das Gesetz zum Selbstzweck erhebt. Hier zeigt sich etwas von der Unglaubwürdigkeit des deutschen Idealismus, des moralischen Rigorismus, gegen den sich unter anderen Goethe und Schiller wandten. Aus Kants Biographie wird manches verständlich: Wer in bürgerlicher Enge lebt und sich selbst versklavt, der sieht nicht ein, dass andere es besser haben sollen. Kant ist anscheinend nicht auf die Idee gekommen, dass die Prinzipien seiner Moral, die er verabsolutierte, subjektiv und empirisch bedingt sein könnten. Ihm fehlte jeder ideologiekritische Selbstbezug. Ob die auf Natürliches und Erreichbares gerichtete, jedenfalls realistische Ethik minderwertiger ist als der auf Selbsttäuschung beruhende widernatürliche Idealismus Kants, ist durchaus nicht sicher. Eine Philosophie, die den Menschen zum Heiligen machen will und ihn dann zum Verbrecher machen kann, die ihm Freiheit, Autonomie und Menschenwürde verspricht und ihn in Wirklichkeit zum Befehlsempfänger und Untertanen degradiert, ist fragwürdig. Hat man die theoretische Verkehrtheit des Ansatzes begriffen, kann man die zahlreichen einnehmenden Züge von Kants Moralphilosophie gebührend herausstellen, vor allem die Botschaft des guten Willens, der Pflichterfüllung und der Achtung vor dem Gesetz.

Für ihn ist es eine Frage ethischen Handelns.

Die Verpflichtung deinen Mitmenschen gegenüber.

Deren gute Kehrseite es ist, dass auch diese dir gegenüber in gleichem Maß verpflichtet sind. Es beruht also alles auf Gegenseitigkeit - zum Wohl aller Beteiligten.

Leider ist das heute nicht mehr für viele Menschen selbstverständlich. Und auch nicht mehr für viele positiv besetzt. Weil diese ihr Ego über alles stellen.