Kann mir jemand ein Beispiel für eine coevolution nennen?

3 Antworten

Von Coevolution oder Cospeziation spricht man, wenn zwei Arten ihre Evolution wechselseitig beeinflussen und sich aneinander anpassen.

Ein typisches Beispiel für Coevolution sind Räuber-Beute-Beziehungen oder Wirt-Parasit-Beziehungen, bei denen es ständig zu einem wechselseitigen Spiel von Anpassung und Gegen-Anpassung kommt. Man spricht hier auch von einem Rüstungswettlauf (arms races), was insofern aber unsinnig ist, weil die Evolution dabei nicht zwangsläufig Waffen hervorbringen muss. Es können beispielsweise auch Verhaltensveränderungen evolviert werden, schärfere Sinne zur früheren Erkennung eines Raubfeindes, eine Toleranz gegenüber einem Giftstoff usw. Häufig ist zu beobachten, dass beim ständigen Wechselspiel der gegenseitigen Aufrüstung zu beobachten ist, dass sich der status quo nicht ändert: eine Art entwickelt eine evolutive Neuerung, die andere entwickelt kurz darauf eine Gegen-Anpassung, sodass der ursprüngliche Status wiederhergestellt ist. In diesem Zusammenhang hört man daher oft den Begriff der Roten Königin (red queen hypothesis). Er wurde aus Lewis Carolls Buch Alice hinter den Spiegeln entlehnt, in dem die Rote Königin zu Alice sinngemäß sagt, man müsse in ihrem Land so schnell rennen wie man könne, um auf der Stelle treten zu bleiben. Im übertragenen Sinn heißt das, dass beide Arten in einer Coevolutionsbeziehung dazu gezwungen sind, sich ständig anzupassen, um den aktuellen Stand der Dinge aufrechterhalten zu können.

Echte Coevolution in der Natur nachzuweisen, ist sehr schwierig. Denn eine echte Coevolution besteht ausschließlich aus zwei aneinander angepassten Arten. In Wirklichkeit haben beide Partner aber meist noch wechselseitige Bziehungen zu dritten. So fangen Räuber oftmals verschiedene Beutetiere und ein Beutetier muss durchaus verschiedene Räuber fürchten. Weil es also eher verschiedene Gruppen sind, die sich gegenseitig anpassen, handelt es sich meist nicht um eine duale Coevolution im strengen Sinn, sondern zumeist um so genannte Gilden-Evolution. Das gilt auch für ein anderes Beispiel der Coevolution - die wechselseitige Beziehung zwischen Blütenpflanzen und Bestäubern, vor allem den bestäubenden Insekten. So sammelt etwa die Honigbiene (Apis mellifera) Nektar und Pollen nicht nur an einer einzigen Pflanzenart, sondern von einer Vielzahl. Umgekehrt können viele verschiedene Blütenpflanzen von der Honigbiene bestäubt werden - man schätzt, dass von allen fremdbestäubten Blütenpflanzen rund 80 % von der Honigbiene bestäubt werden könnten.
Manchmal sind die Anpassungen etwas spezifischer. Die Fingerhüte (Digitalis sp.) z. B. sind typische "Hummel-Blumen". Sie werden fast ausschließlich von Hummeln (Bombus sp.) bestäubt. Der Vorteil dieser exklusiveren Beziehung zwischen Fingerhüten und Hummeln, besteht für die Fingerhüte darin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Pollen auf einer Blüte eines anderen Fingerhuts öandet, größer ist. Die Hummeln wiederum genießen den Vorteil, dass sie den Nektar des Fingerhuts exklusiv nutzen können.

Als das Lehrbuchbeispiel für Coevolution galt lange die Beziehung zwischen dem Stern von Madagaskar (Angraecum sesquipedale), einer auf Madagaskar endemischen Orchideenart, und Morgans Schwärmer (Xanthopan morganii praedicta), einem Nachtfalter.
Die Blüte von Angraecum verbirgt den Nektar in einem bis zu 30 cm langen Sporn und ist für die meisten Insekten unerreichbar. Schon Charles Darwin, dem Vater der modernen Evolutionstheorie, war dies aufgefallen und er vermutete bereits 1862, dass es eine Nachtfalterart geben müsse, deren Rüssel lang genug sei, um den Nektar am Ende des Sporns zu erreichen. Sein Kollege Alfred Russel Wallace, ein weiterer Begründer der Evolutionstheorie, pflichtete ihm bei und beschrieb 1867, wie sich die Orchidee und die unbekannte Falterart gemeinsam entwickelt haben könnten. Zunächst seien beide noch unspezialisiert gewesen. Schrittweise habe sich der Sporn verlängert, was den Falter zur Verlängerung des Rüssels gezwungen hätte, wobei beide Merkmale sich gegenseitig angetrieben haben. Diejenigen Orchideen mit längeren Blüten seien in ihrer Reproduktion erfolgreicher geworden als ihre Artgenossen mit kürzerem Sporn, weil die mit ihrem langen Rüssel auf den Sporn spezialisierten Falter häufiger beim Anflug der nächsten Blüte den Pollen auf die Narbe einer arteigenen Blüte transportiert haben. Unter den Faltern wiederum gelang es jenen mit langem Rüssel am besten, an den Nektar zu gelangen und sich so den exklusiven Zugang zu dieser Nahrungsquelle zu sichern.
Der von Darwin postulierte Nachtfalter wurde wirklich gefunden - aber erst rund 40 Jahre nach Darwins Tod. Walter Rothschild und Carl Jordan hatten je ein männliches und ein weibliches Exemplar gesammelt und beschrieben es als eine neue Unterart der bereits vom Festland bekannten Art Xanthopan morganii. In Anlehnung an Darwins Prognose versahen sie die neue Unterart mit dem Zusatz praedicta, abgeleitet vom Lateinischen praedictus, "der Vorausgesagte".

Aber der Teufel steckt im Detail. Neuere Forschungsergebnisse schreiben die Geschichte der Beziehung zwischen dem Stern von Madagaskar und Morgans Nachtfalter anders - von einer wechselseitigen Anpassung ist da keine Spur mehr. Sehr wahrscheinlich handelte es sich viel eher um eine einseitige Anpassung seitens der Orchidee an den langen Rüssel des Falters. Der lange Sporn entstand desahlb vermutlich als Anpassung an einen Bestäuberwechsel (pollinator shift). Man muss deshalb davon ausgehen, dass Xanthopan seinen langen Rüssel aus einem ganz anderen Grund entwickelt hat. Aber aus welchem?
Oft ist es so, dass Räuber sich auf oder in Blüten verstecken. Sie warten dort, bis ein bestäubendes Insekt landet, um es dann zu packen und zu verspeisen. Viele Räuber tarnen sich dafür extra, z. B. die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) oder verschiedene Gottesanbeterinnen-Arten, die täuschend echt das Aussehen einer Orchideenblüte imitieren (z. B. die Orchideenmantis, Hymenopus coronatus). Um den Räubern zu entgehen, entwickelte Xanthopan zwei Anpassungen: erstens einen Schwirrflug ähnlich den Kolibris. Damit konnte der Falter in der Luft stehend fliegen, so wie ein Helikopter. Er musste nicht mehr auf der Blüte landen. Und zweitens, den langen Rüssel. So brachte er Distanz zwischen sich und die Blüte und gelangte so außer Sprungweite seiner Räuber.
Als Xanthopan schließlich als neuer Bestäuber auftauchte, passte sich die Orchidee an ihren neuen Bestäuber an, indem sie den langen Sporn entwickelte. Offenbar hatten die Orchideen mit langem Sporn einen höheren Reproduktionserfolg, weil sie damit ihrem neuen Bestäuber besser entgegenkamen.
In jüngster Zeit enthüllen immer mehr Studien, dass viele Cospeziationsprozesse in Wirklichkeit das Resultat solcher einseitigen Anpassungen an einen Bestäuberwechsel sind. So konnte beispielsweise eine 2019 veröffentlichte Untersuchung an der südafrikanischen Pflanzengattung Diascia und ihren Bestäubern, Bienen der Gattung Rediviva mit stark verlängerten Sammelbeinen, zeigen, dass nur etwa einige wenige Speziationsereignisse innerhalb der beiden Gattungen das Resultat einer echten Coevolution sind. In der überwiegenden Mehrheit der Speziationsprozesse bei den Diascia-Arten ist hingegen der pollinator shift die treibende Kraft hinter der Artbildung gewesen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Hallo Akin

In jedem Lebensraum gibt es mehrere Arten: z.B. Parasiten, Räuber, Beutetiere oder Krankheitserreger. Sie leben miteinander, trotz einander und vor allem dank einander. Denn zwei Arten, die in einer Wechselbeziehung stehen (sich gegenseitig beeinflussen), müssen sich anpassen.

Alle Lebewesen ändern sich ständig, Räuber entwickeln neue Jagdstrategien und Beutetiere lernen sich besserer zu Tarnen oder zu fliehen, weil sie durch die neuen Jagdstrategien einen höheren Selektionsdruck haben. Pflanzen dagegen entwickeln z.B. neue Gifte, um sich zu schützen.

Sagen wir mal, eine Pflanze wird von einem Parasit über mehrere Generationen befallen, dann entwickelt sie ein Gift, gegen das der Parasit nicht resistent ist. Dadurch kann der Parasit nicht überleben und die Pflanze ist frei von diesem Parasiten. Ein Evolutionsschritt hat bei der Pflanze stattgefunden. Eine Folge dieses Evolutionsschrittes kann sein, dass der Parasit, der die Pflanze als Hauptnahrungsmittel benötigt nun unter Selektionsdruck leidet. Das heißt, der Parasit hat Stress seine Fortpflanzung zu sichern. Damit er wegen diesem evolutiven Schritt der Pflanze nicht ausstirbt, entwickelt er eine Resistenz gegen diesen Giftstoff. Seine evolutive Reaktion, die Resistenz, auf das Gift der Pflanze, nennt man Koevolution (wechselseitige Anpassung).

 

Ein Evolutionsschritt hat also oft eine Koevolution zur Folge. Jedes Lebewesen beeinflusst andere Arten in diesem Lebensraum, welches zu Anpassungen führt. Doch wenn sich eine stabile Koevolutionsbeziehung gebildet hat, dann werden die betroffenen Lebewesen voneinander abhängig und es kann zu einer sogenannten Symbiose kommen. Durch diese Wechselseitige Anpassung der beiden Arten, werden sie auf einander spezialisiert.

Die zweite Art, die sich durch den Evolutionsschritt der anderen Art anpassen muss, leidet somit am Selektionsdruck. Dadurch kommt es dann im Folgenden zu einer Koevolution. z.B. wächst der eine, muss der andere nachziehen um seine Fortpflanzungschancen aufrecht zu erhalten und zu überleben.

Also ist Koevolution eine Folge der Evolution, die durch den Selektionsdruck gefördert wird.

Moin,

  • jede Form einer Predator-Beute-Beziehung
  • jede Form von Parasitismus
  • die allermeisten Symbiosen
  • viele Mimikry-Beziehungen (zum Beispiel Batessche, Mertenssche oder Peckhamsche Mimikry)

Die grundlegenden Prinzipien dahinter hat dir DaenyTargaryen bereits erläutert...

LG von der Waterkant