Internetfreundschaften?

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn man jemand nur über das Internrt kennt, dann kennt man sie/ihn ja nicht wirklich. Aber man kann zB schreiben und sich langsam an diesen Menschen herantasten. Ein weiterer Unterschied ist auch, dass es manche vorziehen, mit quasi anonymen Personen sich über Themen zu unterhalten, die man sonst oft nicht mal mit "wirklichen Freunden" besprechen möchte. Diese erweisen sich nämlich oft als gar keine so guten Freunde, wie man sich das vorstellt. Aber das empfindet jeder Mensch anders.

Bei Internetfreundschaften muss man natürlich vorsichtig sein. Man darf nicht naiv sein. Und es sollte eine Zeit lang dauern, bis man abgecheckt hat, ob man diesem Menschen vertraut. Man hat das ja bald irgendwie im Gefühl, ob jemand fake ist oder nicht.

Hier werden manche wahrscheinlich meinen, Internetfreundschaften wären überhaupt nichts Gutes. Das akzeptiere ich. Man muss das eben abwägen, was man möchte. Mann soll im Leben vorsichtig sein. Aber man muss auch nicht übervorsichtig sein. Oft kommt jemand auf einen zu, und das ergibt sich so. Ohne zu suchen.

Und: aus jeder seriösen Internetfreundschaft könnte ja auch mal eine richtige werden. Es sind ja alles Menschen.

Trotzdem sei bemerkt, dass das kein Aufruf sein soll, sie über das Internet Freunde zu suchen. Das Wort "Freund" ist sehr dehnbar.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Der alte Bundespräsident Roman Herzog hat einmal gesagt: "Ich habe nichts dagegen, dass die Menschen im Internet verkehren, aber es geht nichts über eine in mehreren Biergartenbesuchen gestählte Freundschaft!"

Und genau da liegt der Unterschied: Man lernt die Menschen erst wirklich kennen, wenn man sich mal in die Augen geschaut und etwas Zeit miteinander verbracht hat. Das gibt eine gewisse Verbindlichkeit und Verbundenheit und lässt ggf. auch noch stärkere Gefühle zu.

Eine "Internetfreundschaft" dagegen bewegt sich meist ohne große Substanz quasi im luftleeren Raum, weil jede Verbindlichkeit fehlt, insbesondere, wenn diese noch anonym geführt werden. Da wird manchmal nach einem nur vermeintlich falschen Wort blockiert und geghostet oder man glaubt sich Unverschämtheiten leisten zu können.

Das ist z.B. auch ein Grund, weshalb ich hier keine Freundschaften pflege, bzw. sehr gelegentlich nur temporär annehme, um eine Frage außerhalb des öffentlichen Bereichs tiefergehend zu erörtern. Ansonsten ist das für mich auf Dauer vertane Zeit.

Zur wirklichen Freundschaft kann eine Internetfreunschaft für mich nur werden, wenn die Anonymität aufgegeben wird und auf beiden Seiten das Bestreben da ist, sich persönlich kennenzulernen. Sonst habe ich kein wirkliches Interesse daran und würde das auch niemals als echte Freundschaft einordnen.

90% der Kommunikation finden nonverbal statt (grobe Schätzung!). Bei Kontakt per Chat fehlt darum ein wichtiger Teil, den das Hirn dann ergänzt. Deshalb kann man sich online extrem schnell verlieben, allerdings auch sehr leicht missverstehen. So kommt es zu den berüchtigten WhatsApp-Streits und den skurrilen „Fernbeziehungen“ mit Menschen, die man nie gesehen oder gar in den Arm genommen hat.

Internetfreundschaften sind virtueller, aber deswegen noch lange nichts schlechtes. So lange einem bewusst ist, dass alle Informationen geschönt bis gelogen sein können, ist alles okay.

Meine Lebenszeit ist begrenzt und darum fülle ich sie lieber mit realen Kontakten. Eine Umarmung, auch eine zur Begrüßung von Freunden, die man nicht küsst, bringt mir mehr als stundenlange Chats.

Da kein persönlicher Kontakt zustande kommt, bleibt es immer eine sehr distanzierte Form der Freundschaft. Manchen Menschen gelingt es, dennoch (oder vielleicht gerade deswegen) eine innige geistige Verbindung aufzubauen, in den meisten Fällen redet man es sich allerdings für gewöhnlich ein. Ich habe nichts gegen solcherlei, da man der Distanz wegen in einigen Angelegenheiten vielleicht sogar offener reden kann, unter dem Motto "Man sieht sich ja im wahren Leben sowieso nicht, dann ist es auch egal, was ich preisgebe". Zudem gibt es natürlich immer auch die Spannung, inwieweit man sich irgendwann einmal da draußen in der Realität begegnen kann. (Was natürlich wiederum auch zu Enttäuschungen führen mag.)

lg up

Du kannst halt jederzeit geghosted werden. :(


mjutu  16.11.2023, 07:22

Das gilt für beide Formen von Freundschaften.

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fini81106  16.11.2023, 07:25
@mjutu

Jaa, aber im real life trifft man jmd nochmal zufällig oder weiß was mit der Person ist, über Freunde zb. Wenn jemand dein Profil löscht, ist er halt weg.🤷🏼‍♀️

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mjutu  16.11.2023, 07:37
@fini81106

Ja, da ist etwas dran: bei einer Internetfreundschaft ist das Ghosting einfacher umzusetzen.

Hier auf GF erlebe ich „Freundschaften“ als recht schmetterlingshaft. Ich bezeichne es aber nicht als Ghosting, wenn jemand sich nach längeren Chats nicht mehr meldet, inaktiv ist oder einen überraschend blockiert. Statt „Freunde“ wäre der Ausdruck „zum persönlichen Chat freigeschalter Account“ passender. Ich würde nie mein Herz an eine Internetfreundschaft hängen und statt „Ghosting“ eher „Dann eben nicht“ sagen.

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