„Erkäre die scheinbare tägliche Bewegung der Sterne“?

10 Antworten

Hallo,

die scheinbare tägliche Bewegung der Sterne, die man schon innerhalb einiger Minuten beobachten kann, ist die Projektion der Erdrotation an die scheinbare Himmelskuppel. Die Erde dreht sich in etwa 24 Stunden einmal um ihre Achse. Diese Bewegung spüren wir nicht, erleben sie aber als Drehung des Sternenhimmels um den Himmelsnordpol, also um den Punkt, an dem die nördliche Verlängerung der Erdachse auf die gedachte Himmelskuppel trifft. Die Erde dreht sich dabei von West nach Ost, so daß es aussieht, als würden sich die Sterne von Ost über Süd nach West bewegen. Siehst Du in Richtung des Himmelsnordpols (also ungefähr auf den Polarstern), scheinen sich die Sterne um ihn gegen den Uhrzeigersinn zu bewegen. Die Kreise, auf denen sie ziehen, sind natürlich um so größer, je größer der Winkelabstand eines Stern zum Himmelsnordpol ist.

Wird der Radius dieser gedachten Kreise größer als der Abstand des Himmelsnordpols (der sich immer an derselben Stelle am Himmelsgewölbe befindet) zum Horizont, geht ein Stern, dessen Bahn entlang eines solchen Kreises verläuft, auf und unter, sonst bleibt er die ganze Nacht und das ganze Jahr über (wenn der Himmel klar und es dunkel genug ist) sichtbar. Das nennt man zirkumpolar.

In Wirklichkeit jedoch sind wir es, die mit der Erde um die Erdachse wie auf einem großen Kreisel rotieren.

Es gibt noch eine zweite scheinbare Bewegung, die am Lauf der Erde um die Sonne liegt. Sie ist innerhalb von Tagen und Wochen zu beobachten. Ein Stern, der vor einer Woche um 22.00 Uhr genau im Süden stand ,steht eine Woche später etwa eine halbe Stunde im Süden. Das kann man im Winter gut bei Sirius, dem hellsten Fixstern beobachten, der in der Dämmerung bereits sichtbar wird. Das liegt daran, daß die Erde in dieser Woche ein Stück um die Sonne gewandert ist und dadurch der Blick auf den Sternenhimmel, der auf der Nachtseite der Erde ist, ein wenig verändert wurde. Unsere Uhren sind so eingestellt, daß zwischen zwei Zeitpunkten, an denen die Sonne im Süden steht, 24 Stunden vergangen sind (naja, nicht genau, weil die Bahn der Erde elliptisch ist, aber ungefähr).

Die Erde braucht aber vier Minuten weniger, um sich um 360° gedreht zu haben.

Diese vier Minuten weniger dauert es, bis ein weit entfernter Stern wieder da steht, wo er am Vortag stand, so daß der Sternenhimmel gegenüber unserer Uhrzeit und unserer Tag- und Nachtzeiten pro Tag um vier Minuten abweicht. Das läppert sich im Laufe des Jahres, so daß der Sternenhimmel im Sommer völlig anders aussieht also im Winter, im Frühling völlig anders als im Herbst.

Die Sterne, die wir nachts im Winter sehen, stehen im Sommer am Taghimmel und werden von der Sonne überstrahlt.

Wenn ein Sternkundiger das Datum kennt, kann er am Stand der Sterne die Uhrzeit erkennen; kennt er die Uhrzeit, erkennt er zumindest den Beobachtungsmonat.

Du mußt also zwischen zwei scheinbaren Bewegungen unterscheiden, einer relativ schnellen aufgrund der Erdrotation und einer langsameren aufgrund der Bahn der Erde um die Sonne.

Natürlich gibt es auch echte Bewegungen von Sternen relativ zu unserem Sonnensystem. Da die Sterne aber sehr weit von uns weg sind (außer der Sonne), bemerken wir diese Bewegung erst im Laufe von Jahren oder Jahrzehnten. Richtig auffällig wird es erst nach Jahrtausenden, wenn Sternbilder allmählich ihre gewohnte Form verlieren.

Die dritte scheinbare Bewegung bewirkt, daß sich die Sonne von Jahr zu Jahr ein wenig relativ zu den Fixsternen verschiebt. Sie ist aber auch erst in langen Zeiträumen ohne genaue Messung zu beobachten. Ihretwegen steht die Sonne nach ungefähr 2000 Jahren zu Frühjahrsbeginn in Richtung eines neuen Tierkreissternbildes. War es zur Zeit der Pyramiden noch der Widder, in dem die Sonne zu Frühjahrsbeginn stand, waren es von der Zeit Jesu bis heute die Fische und wird es in ein- bis zweihundert Jahren der Wassermann sein.

Das liegt daran, daß die Erdachse eine kegelförmige Bewegung macht, so als wenn ein rotierender Kreisel mal einen Stoß in die Seite bekommen hätte, der ihn eiern läßt. So verschiebt sich von Jahr zu Jahr der Himmelsnordpol relativ zu den Sternen. Liegt heute der Polarstern nah am Himmelsnorpol, hatte diese Funktion einst die Wega erfüllt oder auch andere helle Fixsterne. Insgesamt dauert es fast 26000 Jahre, bis der Himmelsnordpol seinen alten Platz am Sternenhimmel wieder eingenommen hat.

Wegen dieser Verschiebung werden gedruckte Himmelsatlanten alle 25 bis 50 Jahre neu aufgelegt und mit aktuellen Koordinaten versehen. Astronomieprogramme liefern natürlich immer die aktuellen Daten.

Herzliche Grüße,

Willy


lumbricussi  15.06.2022, 19:32

Danke für die tolle Erklärung.

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Lifeisnotdark 
Fragesteller
 15.06.2022, 21:19

Vielen Dank für die sehr ausführliche Erklärung! :)

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Wenn man im Laufe einer Nacht den Himmel mehrere Stunden lang anschaut sieht man dass die "Himmelskugel" sich (im Uhrzeigersinn) um sich selbst dreht.

(Die Vorstellung einer Halbkugel stammt von den Griechen. Sie dachten sich die Sterne fixiert an der Inneren Oberfläche einer Kugel. Heute weiss man zwar dass die fixsterne in sehr unterschiedlicher Entfernung im Weltall verteilt sind;

Man spricht aber trotzdem immer noch von der "Himmelskugel".)

Die Drehung der Himmelskugel ist eine scheinbare, weil in Wirklichkeit sich die Erde um sich selbst dreht, während die Sterne ihren Ort am Himmel beibehalten. Daher bewegt sich auch der Polarstern nicht, er steht am Himmel dort, wo die verlängerte Erdachse auf die Himmelskugel trifft.
Von Experte LeBonyt bestätigt

Na so schwer sollte das für einen Menschen des 21. Jahrhunderts nicht sein.

Wenn sie sich nur SCHEINBAR bewegen, muss sich etwas anderes bewegen. Was könnte das wohl sein?

Woher ich das weiß:Hobby – seit 1981 mit eigenen Teleskopen

Die Erde "dreht" sich und wandert um die Sonne. Wenn du in der Nacht mehrfach an der selben Stelle in den Himmel schaust bewegen sich die Sterne scheinbar. Dabei ändert sich nur die Position der Erde


MonkeyKing  15.06.2022, 18:22

Naja...

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meschugge08  15.06.2022, 18:34
@MonkeyKing

Vorausgesetzt Bewölkung und Lichtverschmutzung lassen eine Beobachtung der Sterne zu...

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