Epoche des Chandos-Briefes

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Die Epoche nennt man Fin de siècle, ein Begriff, der einen Notbehelf für die heterogenen literarischen Tendenzen seiner Zeit darstellt, deren Gemeinsamkeit die antinaturalistische Haltung als Gegenbewegung zum Naturalismus ist: Impressionismus, Symbolismus, Jugendstil. Der junge Hofmannsthal wird zu den Kreisen des "Jungen Wien" gerechnet, der Gehalt seiner Werke dem Symbolismus zugeordnet.

Anders als die Mitglieder des George-Kreises gefiel sich Hofmannsthal nicht in einem weltvergessenen Ästhetizismus, sondern versuchte eben die Welt, wie sie sich im Menschen, seinem Leben und Fühlen abbildet, in der Sprache seiner Werke einzufangen. Zunehmend an der Sprache und ihren Möglichkeiten (ver)zweifelnd, die komplexe moderne Welt Welt mit ihrer Schnelllebigkeit, den Entwicklungen der Industrialisierung, Verstädterung und sozialen Umbrüchen adäquat abzubilden, schrieb er den Brief des (fiktiven) Lord Chandos, der allgemein als der Beginn der literarischen Moderne aufgefasst wird (auch wenn das eine der Sache unangemessene Überbetonung eines einzelnen Werkes ist, das natürlich nicht alleine steht, sondern greifbare Probleme seiner Zeit formuliert, nur eben am deutlichsten und prägnantesten) . Das ist keine stilistische Zuordnung, sondern viel umfassender der Beginn einer neuen Haltung in der Literatur.

"Expressionismus" ist dann wieder ein Stilbegriff, der sich, neben einer bestimmten Haltung zur Lebensrealität in Deutschland/Österreich, auch an stilistischen Elementen festmachen lässt, die zu (u.a.) Hofmannsthals Stil deutlich im Widerspruch stehen.