deutsches Kaiserreich gewaltenteilung?

4 Antworten

Gewaltenteilung hat es dort gegeben.

Das richtige Vorgehen ist, die Bedeutung des Begriffs „Gewaltenverteilung“ zu ermitteln und die Verfassung des Deutschen Kaiserreiches von 1871 in dieser Hinsicht zu untersuchen (wobei bei gründlicher Prüfung auch die Verfassungswirklichkeit zu überprüfen ist).

Gewaltenteilung ist die Aufteilung von Staatsgewalt auf mehrere zumindest grundsätzlich voneinander unabhängige Träger (Staatsorgane).

Die übliche Verteilung ist:

1) Exekutive (ausführende/vollziehende Gewalt)

2) Legislative (gesetzgebende Gewalt)

3) Judikative (rechtsprechende Gewalt)

Das Deutsche Kaiserreich war eine konstitutionelle Monarchie. Es war keine Demokratie, hatte aber Gewaltenteilung:

1) Exekutive (ausführende/vollziehende Gewalt): An der Spitze standen der Kaiser, außerdem der Reichskanzler und die anderen Mitglieder der Reichsregierung. Die politische und militärische Führung lag beim Kaiser (zugleich preußischer König). Er hatte das Recht, den Reichstag einzuberufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen (Artikel 12). Der Kaiser ernannte den Reichskanzler (Artikel 15) und verfügte die Ernennung und Entlassung von Reichsbeamten (Artikel 18). Er war Oberbefehlshaber des Heeres (Artikel 63) und hatte das Recht, das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reichs Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen (Artikel 11).

2) Legislative (gesetzgebende Gewalt): Auf Reichsebene war die gewählte Volksversammlung der Reichstag (Mitwirkung an der Gesetzgebung Artikel 5 und 23; Bewilligungsrecht für den Haushalt Artikel 29). Außerdem war der Bundesrat (Vertretung der Regierung der Einzelstates des Deutschen Reiches) an der Gesetzgebung beteiligt (nach Artikel 5 war Übereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse von Bundesrat und Reichstag war für ein Reichsgesetz erforderlich). Nicht ganz zu einer klaren Trennung zwischen Exekutive und Legislative passend war der Vorsitz des Reichskanzlers im Bundesrat, weil damit die Exekutive sehr direkt auf die Legislative Einfluss nehmen konnte.

3) Judikative (rechtsprechende Gewalt): Die Gerichtshoheit lag bei den einzelnen Bundesstaaten des Deutschen Reiches. Die Rechtsprechung lag bei verschiedenen Gerichten. Eine Reichsgerichtsbarkeit gab es nur für bestimmte Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit des Reiches (in Artikel 4 angegeben). Eine eigentliche Verfassungsgerichtsbarkeit des Reiches gab es nicht, für Streitigkeiten war der Bundesrat zuständig (Artikel 76). Für nähere Bestimmungen über die Zuständigkeit und das Verfahren des Ober-Appellationsgerichts der drei freien und Hansestädte in Lübeck war Reichsgesetzgebung vorgesehen (Artikel 75). Aufgrund eines Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze 1877 nahm 1879 ein Reichsgericht in Leipzig als oberstes Straf- und Zivilgericht seine Tätigkeit auf.

ich hab gegoogelt und habe nicht gelesen, dass es eine gewaltenteilung gegeben hat. ich will nur wissen ob das richtig ist !

Gewaltenteilung im Prinzip ja, tatsächlich aber nur eingeschränkt. Die Unabhängigkeit der Richter war nicht - wie im Grundgesetz - verfassungsrechtlich verankert. Herkunft und Auswahl der Richter stellten sicher, daß die Richter in der Regel stramm monarchistisch waren. Der Kaiser konnte die Kriegserklärung unterschreiben, ohne die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften (Reichstag und Bundesrat) einzuholen. Der Reichskanzler war dem Reichstag nicht verantwortlich. Letzteres wurde erst im Oktober 1918 geändert (Parlamentarisierung).