Wieso ist Deutschland nicht so cool wie USA?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Je nachdem was du an Cooles Land definierst.

Alkohol ab 16 frei zu kaufen und ab 14 in der Gastro wenn die Erziehungsberechtigten zustimmen finde ich eher cool, als ab 21 ein Radler kaufen zu dürfen und mit 18 immer eine Waffe in der tasche zu tragen.

Dazu kommt die Krankenversicherung und die Häuser die nicht aus Pappe bestehen. etwas übertrieben aber deren häuser sind oft echt nicht stabil gebaut.

und unbegrenzt auf Autobahnen


RaserzBoy2 
Fragesteller
 15.09.2023, 18:41

Auf unseren Autobahnen sind leider die größten I*oten unterwegs. Und von wegen: Freie Fahrt für freie Bürger 😂😂

Dass ich nicht lache!

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Affe5151  15.09.2023, 18:43
@RaserzBoy2

Was bringt dir ein Geiler BMW/ Mercedes. beides Deutsche Marken, wenn du den nicht in der Autobahn ausfahren kannst und im Amiland mit 120 schleichen musst

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Das ist ein völkerpsychologisch tiefes Problem – wahrscheinlich viel tiefer als selbst der Fragesteller, der mit seiner Anfrage immerhin Problembewusstsein verrät, auch nur zu ahnen vermag. Beim Versuch einer tiefschürfenden Beantwortung dieser Frage muss ich etwas länger ausholen.

Im Kern liegt die Sache darin, dass Coolness (dt. Kühlsein bzw. eingedeutsch auch Kuhlsein oder Kuhlness) eben ein US-amerikanischer Wert ist der Postmoderne ist – so wie etwa Ritterlichkeit ein fränkisch-deutscher Wert des Mittelalters, Honnêteté ein französischer Wert der frühen Neuzeit und der Gentleman ein englischer Idealtypus der Imperialzeit war.

Hinzunehmen könnte man vielleicht auch noch die italienische Sprezzatura als ein fünftes Verhaltensideal abendländischer Völker, das der Coolness wohl am nähesten kommt. Denn wenn bei der Ritterlichkeit der Wert im Sittlichen und bei der Honnêteté sowie beim Gentleman zumindest im äußeren Schein der Sittlichkeit liegt, so sind Sprezzatura und Coolness keine sittlichen Ideale, sondern solche, die Überlegenheit ausstrahlen sollen. Der Wert, der die Eitelkeit bzw. den Stolz auf ein Ideal ausrichtet, ist bei Sprezzatura und Coolness also kein moralischer, es geht coolen Amerikanern und sprezzaten Italienern nicht darum, sittlich zu handeln (Ritterlichkeit) oder so zumindest zu scheinen (Honnêteté und Gentleman), sondern um Überlegenheitsposen.

Überlegenheit bedeutet letztlich immer Überlegenheit über andere Menschen und diese kann entweder direkt oder indirekt dargeboten werden. Direkte Überlegenheit hat z. B. jemand, der dann die Nerven behält, wenn alle anderen neben ihm in Panik verfallen. Indirekte Überlegenheit hat jemand, der sich nicht um die Meinung anderer kümmert, sondern unbedenklich seinen Weg geht. In diesem Fall liegt also kein direkter Vergleich mit anderen vor, in jenem aber schon.

Sprezzatura und Coolness sind beides direkte Überlegenheitsideale. Sie sind nahe beieinander und der deutsche Linguist Jürgen Trabant konnte behaupten, dass Coolness nichts weiter sei als Sprezzatura.

Doch Trabant irrt. Beim amerikanischen Kühlsein kommt noch etwas anderes Entscheidendes hinzu, das der Sprezzatura fehlt. Der sprezzat Posierende will nur zeigen, dass ihm Dinge, die anderen Mühe machen, kinderleicht fallen und so vollzieht er selbst die schwierigsten Aufgaben stets mit einer Haltung der Lockerheit und Lässigkeit. Kaum einer hat dieses italienische Verhaltensideal so perfekt verkörpert wie der deutsch-italienische Schauspieler Terence Hill.

Anders aber der kuhl Posierende! Hier kommt ein auf der sittlichen Ebene liegendes Element hinzu, das aber dem Streben nach Sittlichkeit, das den älteren europäischen Idealtypen des Ritters, honnête hommes sowie des gentlemans diametral entgegengesetzt ist. Der kuhle Typ strebt nicht danach, sittlich zu handeln, er prüft nicht sein Gewissen, sondern geht im Gegenteil unbedenklich über dessen Bisse hinweg! Er versucht nicht einmal wie der Gentleman sich den bloßen äußeren Anschein von Moralität und Anstand zu geben, sondern gefällt sich vielmehr selbstherrlich in der Pose des coolen Zynikers, des bedenkenlosen Immoralisten, der für die Moral der normalen Leute nur lässig-überlegene Verachtung übrig hat.

Darin liegt aber die tiefe Problematik des Coolness-Ideals. Wenn nicht nur wie beim sprezzaten Menschen die täglichen Aufgaben, sondern darüber hinaus auch das Sittliche aus einer Position lässiger Verachtung heraus betrachtet werden, so ist klar, dass in der Rangordnung, welche dieses Ideal schafft, immer der Mensch am höchsten stehen muss, der am wenigsten Gewissensbisse, Selbstzweifel, Sittlichkeitsprüfung oder auch Mitgefühl hat. In einem Satz, der uns die ganze Bedenklichkeit dieses Ideals vor Augen führt:

Der PSYCHOPATH steht an der Spitze der Wertschätzung der Coolness. Er ist der coolste Mensch, da er von Natur aus weder Gewissenshemmungen noch Mitgefühl kennt, das ihm bestimmte Handlungen erschwert oder unmöglich macht. Er ist innerlich zu allem fähig, entsprechend meist auch ohne Furcht und Zögerlichkeit, also innerlich frei von aller Moralität und somit das, was der verwirrte deutsche Denker Friedrich Nietzsche als den „Übermenschen“ konstruiert hat. (Ganz so ist es nicht, da nach Nietzsches Phantasien der Übermensch sich seine eigene Moral schafft, der Psychopath aber keine hat bzw. nur den Schein einer solchen erzeugt, wenn es ihm nützlich erscheint.)

Die Psychopathenproblematik führt uns also zur Lösung der Kuhlnessfrage. Statistisch sind Psychopathen unter Auswanderern überproportional häufig. Einmal deshalb, weil Psychopathen von Natur aus keine echte Furcht kennen und ein unbegrenztes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben scheinen, also auch in die, aus dem Nichts sich eine Existenz zu schaffen. Zum anderen aber auch einfach dadurch, daß Psychopathen häufiger Gründe zur Auswanderung haben, da sie in ihren Herkunftsländern als Kriminelle gesucht werden.

Tatsächlich waren Kriminelle und Vagabunden unter den ersten Siedlern Neu-Englands ausgesprochen häufig und entsprechend brutal waren die Sitten: Nachbarn wurden erschlagen, Sklaven gelyncht, im Wilden Westen später galt ohnehin das Recht des Stärkeren bzw. des schnelleren Colts. Die strenge puritanische Moral mag ein Gegengewicht geliefert haben, doch viele Ganoven umgingen diese durch das Meiden der Gesellschaft im Allgemeinen: Die Outlaws.

Auch unter den amerikanischen Siedlern, die den wilden, d. h. von grausamen Eingeborenen besiedelten Westen erschlossen haben, waren kriminelle Naturen außergewöhnlich häufig. Wir kennen die rustikale Cowboy-Kultur bzw. Unkultur alle aus Western-Filmen. Der Outlaw, der die Gesellschaft verachtet und weder die lebensfeindliche Natur noch die grausamen Indianer fürchtet, wurde selbst gefürchtet und zugleich insgesamt bewundert als der freieste aller Männer.

Dass Western-Filme übrigens ausgerechnet in der ausgesprochen unkuhlen (weil von rigider sozialistischer Zwangsmoral geprägten) Deutschen Demokratischen Republik so großen Anklang fanden hat eben gerade in der Sehnsucht der Menschen der Bezirke der DDR nach mehr Freiheit und entsprechenden Möglichkeiten des Auslebens eigener Willkür seinen tieferen seelischen Grund. Natürlich hat das typisch marxistische Ressentiment gegenüber den „Starken“ (also den Coolen) in der eigenen Western-Kultur stets den Blickwinkel der vermeintlich „Unterdrückten“, also der Indianer, eingenommen und den coolen, moralinfreien Cowboy-Typus auf die Anklagebank setzen wollen (ähnlich wie dies neulinke Demagogen heute mit der gesamten weißen Rasse tun).

Hier haben wir nun den Zugang zur Lösung der Eingangsfrage. Der enorme Kuhlnessvorsprung der US-amerikanischen gegenüber der deutschen Mentalität ergibt sich daraus, daß der Deutsche eben alles einer moralischen Prüfung unterzieht und innerlich keine Dinge akzeptieren kann, die seinen Vorstellungen von Sittlichkeit widersprechen. Er kann überlegene Immoralitäten anderer (z. B. erfolgreicher Verbrecher) nur zähneknirschend hinnehmend und entwickelt starke Ressentiments (Neidgefühle) dagegen. Der Amerikaner hingegen sieht gerade im erfolgreichen Kriminellen eine Art Vorbild, vielleicht nicht unbedingt für das konkrete Handeln, wohl aber für die innerlich überlegene (nämlich moral- wie auch moralinfreie) Einstellung zum Leben sowie für den Stil, mit dem man eben lebt. -

Schließlich wurde das ältere, aus dem amerikanischen Cowboytum stammende Coolness-Ideal noch ergänzt durch die postmoderne „Befreiung“ von traditionellen Formen der Sittlichkeit und des Anstandes.

Das vielleicht größte erziehungspsychologische Problem des Westens besteht in der Verkuhlung der Massen der Jugend der Völker – und dies bereits seit geraumer Zeit. Selbst sozialistische Staaten wie die Deutsche Demokratische Republik haben ein Eindringen der Coolness-Ideale in Form von Beatmusik und Westfernsehen nicht zu verhindern vermocht. Auch in der DDR bereits trugen Jugendliche Niethosen (Jeans), hörten Beat- und Popmusik, besuchten Diskotheken, fuhren Moped und Mokick. Heute scheint es in den europäischen Kulturvölkern kaum noch irgendwelche nennenswerten zeitgemäßen Gegengewichte zu geben gegen die manipulative und jugendverderbendliche Allmacht fragwürdiger Ideale wie dem amerikanischen Kuhlsein. -

Naja, die USA sind auch nicht mehr cool. Cool sind da eher Neuseeland und Kanada. Auch Portugal ist cool.