Wer hat den Krieg in Syrien verursacht?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eigentlich geht es dabei um die Beseitigung des iranischen Einflusses in der arabischen Welt. In den Ländern des schiitischen Halbmondes, zu dem Iran, Irak, Bahrain, der Libanon und Aserbaidschan gehören, übt Teheran entscheidenden Einfluss aus. Teilweise wird auch der Jemen dazu gezählt.
Politisch zählt man auch Syrien dazu. Hier lebt zwar eine sunnitische Mehrheit, die politische Führung wird aber von Alewiten gestellt, zu denen auch die Assad-Familie gehört. Das war auch der Grund, weshalb die Religion in Syrien weniger eine Rolle spielte und Syrien als Staat relativ säkular war, denn die Religion wäre in diesem Fall keine Machtstütze der Regierung gewesen.
Hier treffen nun verschiedene Interessen aufeinander. Auf der einen Seite der "Westen" mit den USA, der NATO und der EU, die im Kampf gegen Teherans Einfluss auf die sunnitische Karte mit Saudi-Arabien als regionale Hauptmacht setzen. Hinzu kommt die Türkei, die unter Erdogans Führung und seiner AKP in einen religiös-sunnitischen Staat umgewandelt werden soll. Israel komplettiert diesen Klub.
Auf der anderen Seite der Iran und die anderen Länder des Schiitischen Halbmondes, die sich unter iranischer Führung der westlichen, vor allem der US-amerikanischen Hegemonie in dieser Region wiedersetzen. Dabei werden sie politisch und wirtschaftlich und in begrenztem Umfang auch militärisch (Waffenlieferungen) von Russland und China unterstützt.
Mit der Machtübernahme Baschar al-Assads schien die Situation günstig, Syrien als schwächstes Glied in der Kette der dem Iran freundlich gesonnen Staaten in der Region herauszubrechen. So begannen die USA und ihre Unterstützer, die Konflikte in Syrien zu befeuern und auszunutzen. Die syrische Opposition wurde mit Geld und Waffen versorgt und ausgebildet. Nachdem die Situation, derart vom Westen befeuert, in den Bürgerkrieg ausartete, wurde die "Gruppe der Freunde Syriens" gegründet, die den im Ausland sitzenden oppositionellen "Syrischen Nationalrat" als einzig legitime Vertretung des syrischen Volkes anerkannte. Das klar definierte Ziel war der Sturz Assads.
Das erwies sich aber als gar nicht so einfach, denn Assad kann sich durchaus auf Unterstützung in weiten Teilen der syrischen Bevölkerung stützen. So kam immer wieder die Idee auf, dass die USA und europäische NATO-Verbündeten aktiv mit militärischer Gewalt gegen Assad in den Bürgerkrieg eingreifen sollten. Zu diesem Zweck definierte Obama als US-Präsident eine rote Linie, die Assad nicht überschreiten durfte, womit der Einsatz von Chemiewaffen gemeint war. Das war im August 2012.
Im März 2013 war es dann soweit, Assads Truppen sollten Chemiewaffen eingesetzt haben. Die Militärintervention blieb aber aus, weil sich dieses Ereignis als Angriff durch die oppositionelle Al-Nusra-Front, als Teil einer Provokation des türkischen Geheimdienstes herausgestellt hatte, die den Vorwand für das offene Eingreifen des Westens liefern sollte. Außerdem durchkreuzte Russland diese Pläne durch den Vorschlag, die syrischen Chemiewaffen unter internationaler Kontrolle zu vernichten, wozu sich Assad auch bereit erklärte.
Nun kommt der IS ins Spiel. Der IS ist der Flaschengeist, den die Saudis und Katarer unter Duldung der US-Amerikaner aus der Flasche gelassen haben, um die Ungläubigen, wozu auch nicht-sunnitische Moslems und Aleviten gehören, zu bekämpfen. Man wollte sich des IS bedienen, um den Einfluss Teherans zu bekämpfen. Das erklärt nicht nur den Erfolg des IS, sondern auch dessen lange währende Unterstützung durch die Türkei, weil der IS auch die Kurden in Syrien bekämpfte und somit auch nützlich war, für die Unterdrückung der kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen in der Türkei.
Allerdings hat so ein aus der Flasche gelassener Geist auch den Nachteil, nicht mehr vollständig kontrolliert werden zu können. Das ficht den Westen aber nicht an, aus der Situation trotzdem noch einen Vorteil zu schlagen. So nimmt man die Bekämpfung des IS zum Vorwand, offen in Syrien militärisch einzugreifen und die Souveränität und territoriale Integrität Syriens zu verletzen. Das eigentliche Ziel dabei ist nicht der IS, sondern der Sturz Assads.
Deshalb ist die Beteiligung Russlands bei der Bekämpfung des IS in Syrien auch nicht willkommen. Das würde nämlich den angestrebten Sturz Assads erschweren.
Dabei scheint es auch billigend in Kauf genommen zu werden, was Prof. Dr. Albert A. Stahel im Juli 2013 schrieb:

Es besteht durchaus die Gefahr, dass der Krieg in Syrien am Ende zu einer überstaatlichen Anarchie und zu einer Destabilisierung des gesamten Mittleren Ostens führt. Jeder arabische Staat und vermutlich auch die Türkei könnte in den Sog des Chaos geraten. Anstelle eines Arabischen Frühlings wäre in der arabischen Welt der Winter der Salafisten eingebrochen.

http://strategische-studien.com/2013/07/23/der-krieg-in-syrien-und-die-geopolitischen-ziele-der-usa/


PeVau  12.09.2015, 13:24

Toll! Der Editor spinnt mal wieder und verhindert das Einfügen von Absätzen.

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SillySindy 
Fragesteller
 13.09.2015, 16:57
@PeVau

Das macht nichts, der Editor konnte nicht verhindern, dass da jetzt eine ausgezeichnete Antwort steht. Vielen Dank.

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PeVau  10.08.2017, 23:08

Welch späte Ehre! :-)

Danke für den Stern!

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Harald217  27.03.2018, 00:07

Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde von US-Strategen die Chance gesehen, dass man in Syrien jetzt eine willfährige Regierung installieren kann. US-General Wesley Clark berichtete, wie es nach dem 11. September dann losgehen solle. In sieben Länder sollte der Regimechange erfolgen (Seven Countries in Five Years) und Syrien sollte eines davon werden. Ausgerechnet islamistische Terrorgruppen wurden vom Westen dafür ausersehen, diese Regierungsänderung im Sinne der USA durchzuführen. Diese Terrorgruppen wurden in den westlichen Propagandamenden als ‚Rebellen‘ bezeichnet und es wurde der Eindruck erweckt, dass diese islamistischen Terrorgruppen die ‚Guten‘ wären, um eine Kriegszustimmung in den westlichen Bevölkerungen zu erreichen. Hier noch ein Link zu einem Video, in dem noch genauer auf die aktuelle Lage in Syrien eingegangen wird und in dem die geostrategischen Aspekte beleuchtet werden: https://youtu.be/7a0OFvURXWI

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Jack19X1  14.12.2019, 22:07

"des schiitischen Halbmondes"?

Was meinst du damit? Dass die Einen den sichtbaren teil des Halbmondes anbeten, und die Anderen den nicht-sichtbaren Teil?

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ehemaliger franz.Aussenminister Roland Dumas: 2 Jahre vor dem syrischen Konfliktbeginn 2011:

“Großbritannien bereitete die Organisation einer Invasion von Rebellen in Syrien vor. Dieser Vorgang geht weit zurück. Alles war vorbereitet, vorausberechnet und geplant …"

im OriginaL: "L'Angleterre prepare un invasion de rebelles en Syrie") : http://www.youtube.com/watch?v=UxhcFAu9Hmo

Die wahrscheinlichste Antwort zeigt der Historiker Dr. Daniele Ganser in Vorträgen auf Youtube - es geht um Erdgas-Pipelines aus Katar, die nach Europa geführt werden sollen:
https://youtu.be/Ijk0Y1VdXsI

Die CIA ...das hat judical watch bewiesen

Hier gibt es keine schnelle Antwort, du musst dich mit dem Thema richtig auseinander setzen. Denn es reicht viel weiter in der Geschichte zurück, als die meisten hier überhaupt ahnen können.


SillySindy 
Fragesteller
 12.09.2015, 00:23

Da hast du vermutlich wohl recht. Hast du dich mit dem Thema denn richtig auseinander gesetzt? Und eine Antwort gefunden?

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