Sich trauen mit Dativ oder Akkusativ?
Hallo, ich bin italienerin und lerne Deutsch. Ich kenne mich mit der Sprache noch nicht so gut aus, wie ich möchte und habe eine Frage für euch. Ich habe eine Satz in einem Buch (Die unendliche Geschichte von Michael Ende) gelesen, die mich ein bisschen verwirrt hat. Im Buch spricht der Buchhändler zu Bastian, der ihm von den Kindern, die ihn schikanieren, eben erzählt hatte:
Und jetzt traust du dich nicht mehr.
Im Wörterbuch wird dieses Verb mit dem Dativ benutzt, aber sicherlich kann Michael Ende keinen Fehler gemacht haben. Wie verstehe ich, wenn man den Dativ oder Akkusativ benutzen muss?
Danke für die Hilfe.
5 Antworten
Es geht nicht um den Dativ, sondern das ist ein reflexives Verb.
Ich setze mich, Du setzt Dich, er/sie setzt sich.
Ich traue mich, Du traust Dich, er/sie traut sich.
Oder eben: Ich traue mich nicht, Du traust Dich nicht, er/sie traut sich nicht.
Den Dativ benutzt Du, wenn es nicht um die Person selbst geht. Also: Ich traue Dir, Du traust mir, er traut ihr etc.
Nachtrag: Wie Candyman richtig geschrieben hat, kann das Wort "trauen" auch bedeuten, dass man zwei Menschen miteinander verheiratet. Substantiv dazu: "Trauung".
Da wird dann auch der Akkusativ eingesetzt. Wen traut der Priester/Standesbeamte? Er traut das Brautpaar.
Das Wort in dieser Bedeutung wird aber in Bezug auf die eigene Person nur im Passiv benutzt → "ich werde getraut", oder auch "Du wirst getraut" etc.
Da traut sich keiner selbst.
Es geht hier um zwei verschiedene Verben.
sich trauen, etwas zu tun = keine Angst haben, etwas zu tun
- Traust du dich, vom 10-Meter-Turm ins Wasser zu springen? - Nein, da habe ich zu viel Angst.
- Ich habe mich nicht getraut, bei dem schweren Sturm rauszugehen.
jemandem (ver)trauen = 1. jdm. Glauben schenken, jdn. für zuverlässig halten 2. jdn. nicht für einen Lügner oder Betrüger halten
- Vertraust du dem Chirurgen? - Ja, er hat einen sehr guten Ruf. Ich vertraue ihm voll und ganz. Ich bin sicher, dass er bei der Operation alles richtig machen wird.
- Wie lange kennst du den Mann denn? Bist du ganz sicher, dass du ihm trauen kannst? Auf mich macht er keinen vertrauenswürdigen Eindruck. Sei bloß vorsichtig! Ein gesundes Misstrauen kann nicht schaden.
Da geht es um die Rektion der Verben. Du musst realisieren, dass es zwei unterschiedliche Verben sind: "trauen" (+ Dativ) und "sich trauen"! Bei der reflexiven Variante geht zieht Objektlosigkeit stets den Akkusativ nach sich.
Man traut sich etwas (reflexif eine Sache) = Akkusativ.
Man traut jemand anderem (einer Person) = Dativ
Nein" "Meine Freundin traut mir zu, dass ich es schaffe."
--> jemandem etwas zutrauen
"Meine Freundin traut mir" = hat Vertrauen zu mir.
Ich (ge)traue mich nicht, ins Wasser zu springen.
--> sich etwas (ge)trauen / sich trauen, etwas zu tun.
Der Begriff "sich (ge)trauen" steht nie in einem Bedingungssatz (..., dass...)
Das reflexive "sich getrauen" hat immer den Infinitiv zur Folge.
Trauen kann zwei verschiedene Bedeutungen haben:
- jemandem (Wem? Dativ) trauen
damit ist jemandem (ver)trauen gemeint. Bei Michael Ende (ver)traut sich Bastian selbst nicht mehr, weil ihn die anderen schikanieren, er ist unsicher geworden.
- jemanden (Wen? Akkusativ) trauen
heisst, jemanden verheiraten, vermählen. Der Priester oder der Bürgermeister traut das Hochzeitspaar.
Wenn Bastian sich selbst nicht mehr (ver-)trauen würde, müsste der Satz heißen: "und jetzt traust Du *Dir* nicht mehr."
Aber weil Bastian sich nicht mehr traut, irgendetwas zu tun, ist es "und jetzt traust Du *Dich* nicht mehr."
Meine Freundin traut mir, dass ich es schaffe.
Ich traue mich nicht, dass ich es schaffe.
Ist das richtig?