Bin ich eigentlich der Einzige, der es fragwürdig und komisch findet, dass Menschen mit Behinderung arbeiten gehen?

10 Antworten

Ich war einige Jahre in so einer Einrichtung in der Schweiz. Ich kann daher nur von mir erzählen. Es war schon invder schule genug schwer nicht wegen der Schulischen Leistungen (ich besuchte eine ganz normale Regelschule mit Hauptschulabschluss) sondern das soziale. Man wird mit Vorurteilen eingedeckt, da wäre die Hälfte genug. Eine Ausbildung zu machen war auch nicht einfach nicht aufgrund der Behinderung sondern aufgrund der Vorurteile. Ich habe dann Jahre trotz abgeschlossener Lehre gebraucht keiner wollte mich einstellen. Eine zweite Ausbildung mithilfe der IV habe ich ebenfalls abgeschlossen und auch da dann Arbeit bekommen. Ich wurde nicht geschätzt. Es wurde nur kritisiert. Dann habe ich in so eine Einrichtung gewechselt. Vor einem Jahr habe ich es geschafft seit Dezember habe ich einen Arbeitsplatz draussen. Das geht aber nur weil endlich das verständnis da ist. Auch die freundlichkeit der Gäste. WERTSCHÄTZUNG macht enorm viel aus.

Das grösste Problem für behinderte Menschen ist, dass so viele Vorurteile da sind, dass gar nicht erst versucht wird mit ihnen zu Arbeiten. Sie haben oft gar nicht Möglichkeit zu zeigen was sie könnten.

Ich habe damals 2.60 verdient pro std Haupteinkommen war eine Rente 1500 Franken wohngeld und Ergänzungsleistungen kamen dann noch dazu.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das ist nicht komisch!

Das ist für die Beschäftigten dort sogar extrem wichtig. Dadurch werden die Behinderten nicht einfach so irgendwohin abgeschoben sondern sie können produktiv tätig sein und ihren Beitrag leisten. Für die Psyche ist das immens wichtig.

Zudem sehen viele der Beschäftigten dort das nicht als reine Arbeit sonder die Werkstatt ist wie eine zweite Familie.

Da man zuhause total verblödet und sich nutzlos fühlt - ja auch Behinderte (Beeinträchtigte). Es gibt auch viele die komplett fitt sind, trotz einer Beeinträchtigung - die gehen gerne arbeiten, weil sie dann was zu tun haben. Sie können halt nicht "normal" arbeiten, da es ihnen auch zu viel wäre etc. Ich finde es gut, dass man ihnen Arbeit gibt, auch wenn es vielleicht eine blöde Arbeit ist -> es zeigt ihnen, dass man sie braucht. Und das ist in der heutigen Gesellschaft sehr wichtig, denn die meisten werden an den Rand gestellt. Was komplett falsch ist. Niemand kann was für seine Beeinträchtigung. Es kann jeden treffen - jeden Tag. Also froh sein, dass es einem gut geht.

Viele werden abgeholt, da es zu weit ist, um dort hin zu kommen oder die Verbindung schlecht ist, sie können ja nicht selber mit dem Auto fahren.


mrinteresting 
Fragesteller
 24.03.2022, 07:34

Naja... Also, da wo ich Praktikum gemacht habe, da haben alle 8 Stunden geackert. Und der Chef war unmenschlich.

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xKathix02  24.03.2022, 07:37
@mrinteresting

Jeder arbeitet solange er kann - die wenigsten können 8h arbeiten. Und wenn sie nur 4h arbeiten würden - dann haben sie wenigstens einen geregelten Tagesablauf

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xKathix02  24.03.2022, 07:35

Zudem - ein Unternehmen MUSS ab 50 Mitarbeiter ein Beeinträchtigter einstellen, ansonsten muss er Strafe zahlen. Auch wenn es vielleicht mehr Aufwand ist - diese Menschen sind genau so wichtig wie die anderen auch. Wir haben in unserem Betrieb 25 Beeinträchtigte und haben 500 Mitarbeiter. Es gibt bei uns eine Behindertenvertrauensperson, wenn du in dieser "Gruppe" bist, kannst du dich immer an ihn wenden und er schaut, dass du z.B. eine spezielle Tastatur etc. bekommst.

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Selkiade  24.03.2022, 07:57
@xKathix02

Nein, müssen sie eben NICHT! Alternativ kann eine Strafabgabe gezahlt werden und davon machen ganz viele AG gebrauch, weil sie - ´tschuldigung für den Ausdruck - keinen Bock auf behinderte Menschen haben!

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xKathix02  24.03.2022, 07:58
@Selkiade

Bei uns in Österreich muss Strafe bezahlt werden - das weiß ich ganz genau, da ich selbst in dieser Gruppe bin. Pro 50 Mitarbeiter eine beeinträchtige Person

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Selkiade  24.03.2022, 07:59
@xKathix02

Richtig. In Deutschland auch. Und das tun die meisten AG lieber, als wirklich mal einen Menschen mit Behinderung einzustellen...

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xKathix02  24.03.2022, 07:59
@Selkiade

Zudem habe ich geschrieben: muss ab 50 Mitarbeiter ein Beeinträchtigter einstellen, ansonsten muss er Strafe zahlen

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xKathix02  24.03.2022, 08:01
@Selkiade

Die Unternehmen bekommen viel Geld, wenn sie jemand mit Beeinträchtigung einstellen. Bei mir sin es jährlich 6.500€ (für anfallende Kosten)

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Selkiade  24.03.2022, 08:01
@xKathix02

Ja und das nehmen die meisten Firmen in Kauf... Bloß keinen Menschen einstellen, dem das Stigma anhaftet, andere, ggf. sogar mehr Hilfe zu benötigen, als der Rest des Teams.

Und zum Thema Geld: 1. wissen die meisten das nicht und 2. ist es vielen AG egal, "Hauptsache keine behinderten Menschen in meinem Unternehmen".

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xKathix02  24.03.2022, 08:02
@Selkiade

Unser Unternehmen ist da nicht so, wir haben sogar mehr Urlaub

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Selkiade  24.03.2022, 08:03
@xKathix02

Steht euch ja auch zu. 5 Tage mehr Urlaub bekommen AN mit Behinderungen.

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Ich finde es eher ein Problem, dass ganz viele Behinderte nicht an anständige Berufe rankommen, weil die Arbeitgeber keinen Nerv drauf haben, sich ordentlich um sie zu kümmern. Sie lesen Behinderung, denken sich "naja, vielleicht im Rollstuhl" und sobald die Arbeitgeber dann erkennen, dass sie sich noch mehr um die Behinderten kümmern müssen, wollen sie diese nicht einstellen.

Auch der Staat hat bereits versucht, durchzugreifen und Strafen für Unternehmen verhängt, falls sie Behinderte nicht einstellen. Viele Unternehmen zahlen allerdings lieber die Strafe.


EGGScalibur67  17.05.2024, 07:34

Man verhängt eine Strafe gegen Arbeitgeber weil sie lieber produktive, Normale Menschen einstellen? So'n rotz kann es halt echt nur in Deutschland geben

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rallerapper799  17.05.2024, 10:52
@EGGScalibur67

Genauer gesagt: sie wollen sich eben nicht um diejenigen kümmern, die nicht so schnell die Aufträge hinbekommen.

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so als ob die alle total behindert wären.

Sind sie ja auch. Menschen ohne Behinderungen kommen nicht in eine WfbM!

Ich finde es nicht fragwürdig, dass behinderte Menschen arbeiten, sondern ich finde das System absolut fragwürdig.
Knapp 200€ im Monat "verdienen", um dann hohe Zusätze vom Staat erhalten zu müssen, weil man sonst nicht mal die Grundbedürfnisse decken kann, finde ich sehr armselig.
Und ich rede jetzt hier nicht von Extra-Kosten wie haufenweise Medikamente, teure Hilfsmittel oder Assistenzleistungen, sondern von Essen und Hygiene, dessen Kostenausgaben jeder Mensch hat - egal ob behindert oder nicht.

Genauso traurig, aber nicht verwunderlich, finde ich es aber auch, dass AG eher bereit sind Strafen zu bezahlen, statt einfach mal einen Menschen mit Behinderung einzustellen.
Warum ich es nicht verwunderlich finde: Wir leben in einer ableistischen Gesellschaft, die irgendwann mal eine Norm definiert hat und alles ausgrenzt und diskriminiert, was von dieser vermeintlichen Norm abweicht.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Heilerziehungspflegerin/ Ally der Behindertencommunity