Betrunken Fahrerflucht in den Niederlanden - Was droht dem Burschen eigentlich?
Moin zusammen,
ich Dussel bin heute über die Niederlande von Nord nach Süd gefahren, weil die da so gesittet fahren. Denkste! In einer lang gezogenen Auffahrt ist mir einer in die Lücke zwischen uns (links) und einem LKW (rechts) geschossen mit mindestens 20 km/h mehr. Ich habe genau richtig reagiert, nämlich weg und etwas bremsen, darum ist nur das komplette Rad (mir schwant böses dahinter) sowie Stoßstange über Kotflügel, Spiegel bis Türgriff kaputt. Im Augenwinkel hab ich noch Kratzer bei ihm ab etwa der Hälfte gesehen...
Shit happens! Also Warnblinker, einmal Lichthupe und beide vor dem LKW nach rechts. Lange Rede, kurzer Sinn: Er hat dann Vollgas gegeben und ich ihn noch 8 min mit der Polizei im Ohr verfolgen können. Irgendwann war die Schwelle vom Ticket zur Gefährdung überschritten und ich hab abgebrochen, geparkt und gewartet. Nach 45 min fragt Frauchen "wo bleiben die denn?". Ich: "Könnte sein, dass der Fahrer Prio hat".
Und dann original Holland aber hochprofessionell organisiert: Der Parksicherheitsdienst sagt, sie haben ihn und er ist betrunken und schon unter Arrest. 5 min später noch ein paar Fotos durch das Ordnungsamt und ein "wir melden uns".
Meine Frau ist natürlich stocksauer, weil sie auf der Seite des Einschlags saß. Darum fragt sie immer was ihm blüht. In Deutschland ist der Lappen weg und MPU. Ab 1,x Promille ja sogar Straftat. Aber in Holland?
Zur Regulierung brauche ich keine Beratung. Das ist lückenlos (photos und gps) dokumentiert und im Zweifel habe ich eine RSV.
Viele Grüße
Dennis
1 Antwort
Aber in Holland?
Was ich bislang so gehört habe, sollen die Strafen in Holland für Alkoholfahrt, insbesondere mit Unfall, noch deutlich härter sein als in Deutschland. Da gibt es ganz schnell mal Haftstrafen und Führerscheinentzug im Bereich von Jahren.
Nun ja, die Polizei hatte da nicht mehr viel zu tun. Der Fall scheint klar zu sein, der Täter ist gefasst. Nun ist die Sache an der Staatsanwaltschaft um Klage zu erheben. Wie schnell die niederländische Justiz arbeitet, weiß ich nicht.
Hab' nen guten Link gefunden (falls nicht erlaubt bitte zensieren): https://smartadvocaten.nl/de/verkehrsrecht/verkehrsstrafrecht
Also Fahrerflucht rund 5-stellig, max 3 Monate und FS bis 5 Jahre weg, was hier wohl recht wahrscheinlich ist.
Nur für Alkohol hab ich was von 300 Eur aufwärts gefunden und o.g. Seite sagt der FS ist nach Individualentscheidung weg, kann aber zurück "erbeten" werden, wenn die Existenz dran hängt.
Der wohl wichtigste Absatz ist "Verletzung von Art. 6" wo es um die Schuldfrage geht. Da wird er wegen nur sehr leichter Verletzung mutmaßlich unter den 18 Monaten raus kommen, wobei Alkohol bis 50% Zuschlag bringt.
...Morgen werde ich erstmal telefonieren, wie es nun mit dem Schaden weiter geht. Das rechte Vorderrad ist vom Aufprall komplett blank gehobelt und hat fast die volle Energie aufgenommen, um uns zur Seite zu versetzen. Ohne Erstgutachten kann ich so nicht zur Arbeit fahren :(
Für mich sieht das so aus, dass das nicht mit einer Katalogstrafe abgehandelt wird, sondern vermutlich in einem Prozess mit einem Richterspruch. Da ist der Richter aber frei in seinem Urteil.
Dann müssten wir auch aussagen. Mal schauen, bisher hat sich keiner gemeldet.
Zur Abwicklung: Ich habe einen Gutachter beauftragt und an ihn abgetreten. Wenn die Haftpflicht nicht zahlt können wir spätestens in 3 Monaten mit RSV klagen.
Morgen muss ich zur Achsvermessung und nur wenn die passt oder nachgestellt werden kann gibt er ein "bedingt fahrbereit" bis der Reifen neu ist. Die Felge ist konvex und trotzdem innen wie außen blank gehobelt. Auf dem Reifen sieht man auch deutlich wo er rein gedrückt hat (inkl. Farbe), darum lieber neu.
Den Schaden schätzt er insg. auf 3-3,5 k€ wegen Kotflügel, Stoßstange und Beilackierung. Das Rad kostet komplett ca. 400 €. Achsvermessung ist seiner Aussage nach Pflicht, wenn das Rad entsprechend stark "getroffen" wurde. Ich werde meinen Meister bitten zusätzlich alle tragenden Teile und die Lenkung anzuschauen. Insgesamt scheint es aber für einen Rumms mit 100 vs 130 km/h noch ziemlich glimpflich ausgegangen zu sein. Nicht mal die Tür hat eine Delle; bin stolz auf mich :D
Dann müssten wir auch aussagen.
Das habt ihr doch bereits bei der Polizei, nehme ich mal an. Mit einer Vorladung als Zeuge würde ich nicht rechnen, falls es zu einer mündlichen Verhandlung kommt. Die wesentlichen Taten sind klar und aktenkundig, also Fahren unter Alkohol mit Unfallfolge sowie Fahrerflucht. Da kannst du auch nichts mehr zur weiteren Erhellung beitragen. Der Unfallhergang ist dem Unfallbericht der Polizei zu entnehmen. Da für solche Verhandlungen in der Regel nur 30 bis 60 Minuten angesetzt sind, geht das ruckzuck und zusätzliche Zeugen würden den Ablauf nur verzögern, ohne zur Wahrheit wesentlich beitragen zu können. Zudem liegt die Anklageschrift sowie die Erwiderung der Verteidigung ebenfalls schriftlich vor. Das darf man sich nicht vorstellen wie im Fernsehen. Damit haben die realen Abläufe überhaupt nichts zu tun.
Zur Abwicklung: Ich habe einen Gutachter beauftragt und an ihn abgetreten.
Das ist nicht unbedingt die besten Lösung, weil der in der Regel nur seine eigenen Forderungen eintreibt, deine Rechtsansprüche auf Schadensminderung, Nutzungsuasfall etc. gar nicht berücksichtigt. Das kann in der Regel nur ein Anwalt, auf den man zumindest hierzulande eine Recht hat und den die Versicherung des Verursachers bezahlen muss.
Achsvermessung ist seiner Aussage nach Pflicht
Das ist korrekt. Die kostet auch nicht viel. Meistens bieten das die großen Reifenhäuser für um die 100,- an.
Bisher gibts nur eine Protokoll-Nummer und mündliche Aussagen. Es hat sich auch z.B. noch niemand nach Verletzungen erkundigt, die ja das Strafmaß entscheidend beeinflussen würden. Nachdem sie mich am 30. mit der Zusammenarbeit diverser Ordnungskräfte schwer beeindruckt hat, hat es in 9 Tagen keiner geschafft mal nachzufragen...?!
Zum Gutachter: ja, der kümmert sich nur um seine Forderung aber die setzt er im Idealfall alleine durch. Ich selbst gehe auch erstmal von Regulierungsbereitschaft aus und würde sonst 3 Monate nach Meldung klagen. In dem Fall könnte sich die Sache ziehen wie man liest. Aber da Gutachterkosten + Rad/Reifen + SB grade 1500 € sind und das Auto fährt, wäre das allenfalls ärgerlich. Der Gesamtschaden beträgt btw. 4800 € netto.
Bei einem Unfall in Deutschland mit einer deutschen Gegenversicherung würde ich dir raten, sofort zu einem Anwalt für Verlehrsrecht zu gehen, da es mit der Regulierungsbereitschaft der Versicherungen nicht mehr weit her ist. Die meisten haben sogar extra Leute eingestellt oder beauftragt mit der Aufgabe, die Geschödigten systematisch über den Tisch zu ziehen und ihnen möglichst viele zustehende Leistungen zu verweigern. Das ist zwar halb illegal, bringt den Versicherungen aber letztlich zusätzlichen Gewinn. Wie die Lage in den Niederlanden ist, weiß ich aber nicht.
In Deutschland mahlen die Mühlen der Justiz bekannt langsam. Da müsstest du auch damit rechnen, dass ein Strafverfahren ewig dauern kann...bis zu mehreren Monaten. Davon unabhängig ist aber der zivile Teil, also die Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung. Bevor die keine Forderung von dir auf dem Tisch hat, unternimmt die auch nichts.
Naja, das Strafverfahren ist uns Hupe, weil niemand körperlich geschädigt wurde. Wäre halt bloß interessant, um auf die Ursprungsfrage zurück zu kommen.
Zivirechtlich fordert die RSV leider zuvor eine misslungene Einigung mit dem Regulierer. Die Frist ist 3 Monate auch wenn manche Urteile auf schnellere Bearbeitung drängen. Aber wie gesagt: Das Auto fährt und das Gutachten kostet nicht die Welt. Dann soll's im Zweifel halt dauern. Beweistechnisch ist die "Story" ja wasserdicht. Und selbst wenn der Fahrer Faxen machen würde haben wir immer noch den LKW-Fahrer, dessen Auflieger ziemlich sicher auch was abbekommen hat.
Nochmal BTT: Mit Art. 6 hab ich oben Quatsch geschrieben; der zieht nur bei Verletzungen. Also wird das Strafmaß irgendwo im oberen Bereich von Fahrerflucht + Alk-Zuschlag liegen. Mit Chance hat er die Sache inkl. Regress unter 20k€ vom Tisch und in 2..3 Jahren den Lappen wieder. Das wäre aber schon traurig wenn man liest, dass woanders 2 Personen bei 80 km/h (Seitenaufprall) gestorben sind. Dass hier nicht mehr passiert ist war wohl mehr Glück als Können meinerseits. Wenn er den Auflieger wirklich noch gestreift hat, hätte er trotz Suff die Lücke "optimal" getroffen. Etwas weiter nach vorn und er wäre komplett im Auflieger und danach in mir gelandet. Etwas weiter hinten und ich hätte die Breitseite komplett abbekommen. Uiuiui... Höchste Zeit die Dashcam endlich einzubauen.
Deswegen wundere ich mich, dass die es bisher so locker nehmen. Nur Fotos vom Handy abgeknipst, den Schaden mit dem Handy und "wir melden uns". Oder mahlen die Mühlen (auch wegen Neujahr) etwas langsamer...