Synthetische Evolutionstheorie - müssen alle Evolutionsfaktoren wirken?
Hey,
müssen bei der synthetischen Evolution alle Faktoren wirken oder reichen auch nur einige, zum Beispiel Mutation zusammen mit Rekombination und Selektion, um eine Veränderung der Art zu bewirken?
Dazu habe ich eine Aufgabe bekommen: "Auf den Kerguelen, einer ständig sturmlosen Inselgruppe nördlich der Antarktis, gibt es mehrere flügellose Insektenarten. Interpretiere diesen Befund aus Sicht der erweiterten Evolutionstheorie."
Hier hat die Isolation ja eigentlich keinen Einfluss drauf gehabt oder?
Danke schon im Voraus für die Antworten :)
2 Antworten
Die isolierende Lage der Kerguelen bewirkt, dass ein genetischer Austausch mit der Festlandspopulation unterbunden wird. Damit sorgt allein schon der bloße Zufall in Form der Gendrift für eine Veränderung der Allelfrequenzen im Genpool, in dem auch ein ursprünglich seltenes Allel (wie das für Flügellosigkeit) in der Population fixiert werden kann. Natürlich ist es auch möglich, dass spontan durch Mutation ein solches Allel auftreten kann. Sofern das in der Keimbahn geschieht, wird das Allel auch vererbbar sein.
Hinzu kommt, dass die Kerguelen zwischen dem 40. und 50. südlichen Breitengrad liegen. Die dort wehenden Westwinde sind extrem stark (Roaring Forties). Flügel bieten dem Wind eine Angeiffsfläche. Die Wahrscheinlichkeit vom Wind erfasst und aufs offene Meer verdriftet zu werden und dort umzukommen, ist daher sehr viel größer bei Fliegen mit als bei Fliegen ohne Flügel. Das Allel für Flügellosigkeit ist in der Kerguelen-Population also, anders als auf dem Festland, ein Selektionsvorteil. Fliegen ohne Flügel leben auf den Kerguelen länger und pflanzen sich darum auch mit größerem Erfolg fort. Das Allel für Flügellosigkeit geben sie an ihre Nachkommen weiter, wodurch es nach und nach im Genpool immer häufiger wird.
Im Prinzip wirken alle Evolutionsfaktoren zusammen.
Mutationen zur Flügellosigkeit wird es auch auf dem Festland geben, hier spielen sie aber keine Rolle, da sie nur Nachteile für das Individuum haben und das Merkmal in einem großen Genpool schnell verschwindet.
Auf der windigen Insel wirkt Wind als Selektionsfaktor, da geflügelte Individuen leicht aufs Meer abgetrieben werden. In einem kleinen Genpool kann sich das Merkmal zudem besser ausbreiten.