Stilmittel Latein?

2 Antworten

Von Experte Merlin128 bestätigt

Hallo,

ich zitiere jetzt mal, was du zuletzt festgehalten hast und gebe dazu ein paar Kommentare:

  • meae matris virum, uxoris meae filium -> Parallelismus

Korrekt

  • • materna carne vescor, quaero fratrem meum -> Chiasmus

Nicht korrekt, aber mit "scelere vehor" bildet "materna carne vescor" einen Parallelismus, der durch die alliterativen Verben (+ Homoio teleuton -> Endung: -or) zusätzlich verstärkt wird. Gleichzeitig lässt sich die Alliteration und der Parallelismus inhaltlich deuten: Beide Taten sind ein ein und dasselbe, da in diesem Rätsel auf eine inzestuöse Beziehung zwischen einem Sohn und seiner Mutter angespielt wird.

  • • fratrem meum, meae matris -> Chiasmus

chiastisch gestellt sind hier zwar Possessivpronomina und ihr Bezugswort, da aber meae matris einen anderen Satzgliedstatus als fratrem meum hat, bereitet es mir einige Bauchschmerzen, hierin einen semantisch oder syntaktisch begründbaren Chiasmus zu erkennen .... Hake meum und meae besser unter dem Punkt Polyptoton ab!

  • • meae matris [...], uxoris meae [...] -> Chiasmus

Korrekt! inhaltlich begründbar: Er selbst ist beides, was aber widersinnig, besser noch paradox erscheint. Und der Chiasmus ist gleichzeitig Teil des größeren Parallelismus: (meae matris) + virum - (uxoris meae) + filium

  • • quaero fratrem meum [...] filium et non invenio -> Chiasmus

Nein! Siehe Kommentar zu deiner Frage, den du gerade geliket hast ...

  • • fratrem meum, meae matris virum, uxoris meae filium -> Asyndeton, Trikolon, Parallelismus

Korrekt! & Homoio teleuton auf -um!

Das Trikolon ist "apo koinou" gleichzeitig Objekt zu quaero und zu non invenio. Plus: Alle drei genannten Personen sind aufgrund des Inzests identisch!

  • • materna … meum, meae matris … meae -> Alliteration

Nein! bei meum, meae, meae handelt es sich um ein Polyptoten. Es ist schwierig hier von einer Alliteration zu sprechen, da sich das Possessivum nicht wirklich durch ein anderes, synonymes Wort ersetzen lässt. Im weitesten Sinne könntest du aber bei materna & matris von einer figura etymologica sprechen!

  • • Quaero <=> non invenio -> Antithese

Korrekt!

  • • meum, meae, meae -> Polyptoton

Korrekt!

Allgemein: Die Chiasmen spiegeln quasi wider, dass hier die Verhältnisse wild durcheinandergehen, die Parallelismen signalisieren den Inzest.

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Latein und Französisch auf Lehramt studiert.

rixtwix007 
Fragesteller
 15.05.2024, 01:10

Unter einem Homoioteleuton wird die Wiederholung der gleichen Wortendung in aufeinanderfolgenden Wörtern verstanden. Mein Lehrer hat es mir nochmal erklärt: Die müssen wirklich daneben stehen. Sonst top!

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verbosus  15.05.2024, 14:09
@rixtwix007

Dass es für Homoia teleuta den Zwang der unmittelbaren Adjazenz geben soll, ist mir neu ... Da liegt dein Lehrer tatsächlich falsch! Typische Beispiele für Homoia teleuta im Deutschen: Klein, aber fein. / Einmal ist keinmal. ...

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Von Experte ArnoldBentheim bestätigt
  • scelere vehor, materna carne vescor = Parallelismus, (Klimax)
  • Quaero <=> non invenio = Antithese
  • meae matris virum, uxoris meae filium = Parallelismus
  • meae matris [...], uxoris meae [...] = Chiasmus
  • meum, meae, meae = Polyptoton
  • quaero fratrem meum [...] filium et non invenio = Chiasmus
  • ...

Mehr fällt mir im Moment nicht ein, vielleicht später...

Das Nebeneinander von Parallelismen und Chiasmen ist ein ganz starkes Symbol dafür, dass es hier "inhaltlich quietscht". Da riecht man förmlich ein Konfliktpotential.

Also ich will sagen: Der Parallelismus steht für Homogenität, den "Flow", bzw. den Familienfrieden.

Der Chiasmus steht immer für Gegensätze und Konflikte.

VG


rixtwix007 
Fragesteller
 14.05.2024, 17:20

Die hatte ich vorher: scelere vehor, materna carne vescor  ->  Parallelismus

materna carne vescor, quaero fratrem meum  ->  Chiasmus

fratrem meum, meae matris  ->  Chiasmus

meae matris virum, uxoris meae filium ->  Parallelismus

fratrem meum, meae matris virum, uxoris meae filium  ->  Asyndeton

materna … meum, meae matris … meae  ->  Alliteration

quaero … et non invenio…->  Antithese

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Miraculix84  14.05.2024, 17:27
@rixtwix007

Das ist ja ziemlich deckungsgleich.

Den Asyndeton habe ich übersehen. Der ist gut. Dann muss es folgerichtig auch noch ein Trikolon sein. Diese beiden Stilmittel kommen immer gemeinsam vor.

Dein erster Chiasmus (Abl, Präd, Präd, Akk). Hmm... naja. Zur Not. Sind ja beides Objekte. Nicht schön, aber kann man gelten lassen.

Die Alliteration ist ok. Könnte aber auch Zufall sein. Denn eine inhaltliche Begründung drängt sich mir hier jetzt nicht unbedingt auf. Das Polyptoton wäre das stärkere Stilmittel. Aber Alliteration ist auf jeden Fall nicht falsch.

Habe meine Antwort zwischenzeitlich noch ergänzt.

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rixtwix007 
Fragesteller
 14.05.2024, 20:31
@Miraculix84

Reicht das? • scelere vehor, materna carne vescor -> Parallelismus, Klimax 

  • • meae matris virum, uxoris meae filium -> Parallelismus
  • • materna carne vescor, quaero fratrem meum -> Chiasmus
  • • fratrem meum, meae matris -> Chiasmus
  • • meae matris [...], uxoris meae [...] -> Chiasmus
  • • quaero fratrem meum [...] filium et non invenio -> Chiasmus
  • • fratrem meum, meae matris virum, uxoris meae filium -> Asyndeton, Trikolon, Parallelismus
  • • materna … meum, meae matris … meae -> Alliteration
  • • Quaero <=> non invenio -> Antithese
  • • meum, meae, meae -> Polyptoton
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Miraculix84  14.05.2024, 20:35
@rixtwix007

Bestimmt. Wenn du nur sammeln und nicht deuten sollst, reicht das auf jeden Fall! 👍

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rixtwix007 
Fragesteller
 14.05.2024, 20:38
@Miraculix84

Auftrag war nur suchen, also ja :)

Die Antithese ist hier aber eher nur schwach, oder?

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Miraculix84  15.05.2024, 05:59
@rixtwix007

Wieso?

Der Normalfall wäre ja "Suchen=>Finden".

Dann ist (zumindest für mich) "Suchen => nicht finden" eine Antithese. Aber ich bin auch ein Optimist. Andere Meinungen sind da zulässig.

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verbosus  14.05.2024, 23:54
  • quaero fratrem meum [...] filium et non invenio = Chiasmus

hmm, ich glaube nicht, dass das ein Chiasmus ist, da filium ja noch Objekt zu "quaero" ist. Das Ganze ist ein Rätsel, das auf eine inzestuöse Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Sohn hindeutet: meae matris virum = der Sprecher selbst ; fretrem meum = uxoris meum filium (die beiden sind identisch aufgrund der inzestuösen Beziehung) -> daher kann der Sprecher diese drei Personen nicht finden, da es sich gar nicht um drei Personen handelt.

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Miraculix84  15.05.2024, 06:04
@verbosus

Aus der Perspektive des Wissenden kann ich den Einwand nachvollziehen. 👍

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verbosus  15.05.2024, 14:12
@Miraculix84

Ohne den Hintergrund des Rätsels zu kennen, ist das auch nicht unbedingt offensichtlich .... Als Chiasmus ließe sich die Stellung der Prädikate nur dann sinnvoll erklären, wenn das Trikolon ein "apo koinou"-Akkustaivobjekt ist, was dann quasi eine Art von Chiasmus in absentia wäre ....

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