Würden bessere Kenntnisse der Geschichte des Nahostkonflikts in der Bevölkerung zu weniger oder zu mehr Antisemitismus führen?

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5 Stimmen

2 Antworten

Gleichbleibender Antisemitismus

Ressentiments gegenüber Juden sind weit verbreitet und die gab es auch schon lange vor der Staatsgründung Israels. Auch unter Linksextremisten tummeln sie sich übrigens, wenngleich Linksextremisten oder andere Bürger nicht für so viele antijüdische Straftaten verantwortlich sind. Hier führen Rechtsextremisten überdeutlich.

Hinzu kommt der muslimische Judenhass, der immer schlimmer wird in Europa.


Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 08:31

Das liegt am Facetttenreichtum des Antisemitismus. Bei den Rechtsextremisten ist es die Ideologie des dritten Reichs, die von ihnen mindestens in Teilen übernommen wird. Bei den Linksextremisten ist es vorwiegend der Antiimperialismus der sich gegen Israel und die USA wendet. Bei Islamisten die Religion die sie ablehnen und die Parteinahme für die palästinensischen Glaubensbrüder. Bei diesen Ausprägungen wird Geschichtsunterricht wenig ändern.

BelfastChild  26.09.2024, 08:33
@Rennegent

Früher gab es diesen Antijudaismus der Christen:

Religiöser Antisemitismus
Die älteste Form stellt der religiöse Antisemitismus dar, der sich auf die jüdische Religion bezieht. Er „entwickelt sich aus der Absolutsetzung der eigenen Auffassung von Religion, die wiederum mit der pauschalisierenden Ablehnung und Diffamierung von allen anderen Glaubensformen verbunden ist.“2 Während im Christentum den Juden vor allem die Tötung Jesu Christi zugeschrieben wurde, bildete im Islam der Vorwurf, dass die Juden den neuen Propheten Muhammad nicht als solchen anerkannten, den Ursprung für die religiöse Diskriminierung. 
Sozialer Antisemitismus
Der soziale Antisemitismus hat seinen Ursprung in der gesellschaftlichen Außenseiterrolle der Juden, die sich in Europa seit dem Mittelalter oft auf Handel und Finanzdienstleistungen spezialisierten bzw. spezialisieren mussten. Aus den geschäftlichen Erfolgen einzelner jüdischer Personen und Familien erwuchs später der Mythos der Beherrschung der internationalen Finanzwelt durch die Juden.
Politischer Antisemitismus
Die Basis des politischen Antisemitismus bildet die Idee einer weltumspannenden geheimen Verschwörung des Judentums mit dem Ziel, die Politik sämtlicher Staaten zu kontrollieren und im jüdischen Interesse zu dirigieren. Zur Verwirklichung dieser Pläne werden den Juden oftmals überragende intellektuelle und soziale Fähigkeiten unterstellt, allerdings durchgehend negativ konnotiert.
Rassistischer Antisemitismus
Deutlich jünger als die drei erstgenannten Varianten ist der rassistische Antisemitismus. Seine Vertreter waren seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bemüht, angebliche biologische Defizite einer jüdischen Rasse herauszuarbeiten und deren verderblichen Einfluss auf die jeweils anderen, „höherwertigen“ Menschenrassen nachzuweisen. Der rassistische Antisemitismus bildete die ideologische Grundlage für die Ermordung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten.
Sekundärer Antisemitismus
Der sekundäre Antisemitismus ist bestimmt durch den Versuch, das Gedenken an den Holocaust zu diffamieren oder dessen historische Existenz infrage zu stellen. Insbesondere politische Akteure im Nahen und Mittleren Osten versuchen, durch die Leugnung des Holocausts das Existenzrecht des Staates Israel, dessen Gründung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Völkermord an den europäischen Juden steht, zu bestreiten.
Antizionismus
Antizionismus schließlich zielt auf die vollständige Beseitigung des Staates Israel ab. Dessen Existenz wird zu einem Grundübel der Weltpolitik und zur Gefahr für den Frieden erklärt. Der israelisch-palästinensische Konflikt wird dabei als jüdischer „Vernichtungskrieg“ gegen die Palästinenser dargestellt. Da in Deutschland antisemitische Äußerungen als Volksverhetzung strafrechtlich belangt werden können, argumentieren Verfechter des Antizionismus teilweise damit, dass ihre Propaganda sich ausschließlich gegen den Staat Israel, nicht jedoch gegen das Judentum an sich richte und Antizionismus demzufolge nicht antisemitisch sei. Angesichts der Tatsache, dass Israel der einzige jüdische Staat der Welt ist und dass seine Vernichtung zwangsläufig den Tod und die Vertreibung von Millionen Juden zur Folge hätte, entpuppt sich diese Argumentation jedoch als Kunstgriff, mit der die tatsächliche Stoßrichtung des Antizionismus verschleiert werden soll.3 

Quelle: https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/islamismus-und-islamistischer-terrorismus/2019-06-antisemitismus-im-islamismus.pdf?__blob=publicationFile&v=7 (S. 9-12)

Viele Linksextremisten meinen zudem, dass Juden geld- und raffgierig seien. Beim normalen Bürger sieht es ähnlich aus, sie assoziieren mit dem Judentum oftmals Geldgeilheit.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 09:20
@BelfastChild

Danke für diese schöne Darstellung der verschiedenen Facetten des Antisemitismus. Für den religiösen Antisemitismus sehe ich im Deutschland angesichts der schwindenden christlichen Religiosität dort eher eine schwindende Basis. Bei den muslimischen Bevölkerungsanteilen sieht das natürlich anders aus. Bei den Atheisten könnte die Ablehnung der in Israel zum Teil anzutreffenden jüdischen religiösen Ultraorthodoxie einen Grund für Antisemitismus geben. Mit Geschichtsbildung wird man insgesamt in diesem Sektor wenig erreichen weil religiöse Menschen ihre Einstellungen nicht aus Fakten beziehen.

Sozialer Antisemitismus hat mit der Ausgrenzung von Minderheiten zu tun Da alle Minderheiten schutzwürdig sind wäre dem eher mit ethischer, weniger mit geschichtlicher Bildung zu begegnen.

Der politische Antisemitismus beruht auf Verschwörungstheorien. Er hat wenig mit dem Nahostkonflikt zu tun. Verschwörungstheoretikern mit Bildung zu begegnen macht wenig Sinn. Sie leugnen ja gerade anerkannte Fakten und stricken sich ihre eigene Wahrheit zurecht. In frühester Jugend kann Bildung allgemein natürlich die Resistenz gegen Verschwörungstheorien erhöhen.

Rassistischer und sekundärer Antisemitismus beruhen letztendlich auf der Ideologie des dritten Reiches. Diese Ausprägungen stellen alllerdings eine Verbindung zwischen Judenverfolgungen in Europa und dem Nahostkonflikt her. Mit der Vermittlung von belegten geschichtlichen Fakten kann man dem bei jungen Menschen oder Menschen die bereit sind ihre Einstellungen zu überdenken, begegnen.

Ebenso kann man dem Antizionismus mit geschichtlichen Fakten begegnen und nachweisen dass der Staat Israel auf rechtmäßige Weise gegründet wurde. Ich betrachte Antizionismus ebenfalls als antisemitisch soweit er sich gegen den Bestand in den Grenzen richtet die von der UN vorgegeben wurde. Soweit er sich gegen die Ausweitung dieses Gebiets richtet ist es kein Antizionismus weil dies keine völkerrechtliche Grundlsge hat.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 09:54
@BelfastChild

Bei Linksextremisten sehe ich eher den Antiimperialismus als Ursache. Die Assoziation mit Raffgier ist ein Relikt aus dem Mittelalter und vor allem auch der NS Zeit, das bei sehr alten Leuten sicher noch erhalten geblieben ist. Ebenfalls natürlich bei Rechtsextremisten. Beim normalen Bürger aus meiner Sicht eher ein seltenes Phänomen.

BelfastChild  26.09.2024, 10:02
@Rennegent

Ich habe dies mal bei hart aber fair gesehen.

Bürger

https://youtu.be/nQ9R_j2TXMM?t=3139 (52:18 - 54:17)

Linksextremisten

https://youtu.be/RAojDzz8nTY?t=637 (10:36 - 11:18)

Aber du hast recht: Linksextremisten werfen Israel gerne mal "Imperialismus" vor und solidarisieren sich mit den Schwächeren, nämlich mit den Palästinensern. Die eigentlichen Ursachen sehen sie nicht immer. Es liegt nicht immer bloß an Israel:

Mitglieder der Hamas erklärten in einem Interview mit der New York Times, dass das Ziel nicht sei, den Gazastreifen zu regieren und ihn mit Wasser und Strom zu versorgen, sondern dass der Kriegszustand an allen Grenzen Israels dauerhaft werde und die arabische Welt an der Seite der Hamas stehe. Dafür sei eine „große Tat“ notwendig gewesen, wobei klar gewesen sei, dass die Reaktionen auf diese Tat ebenfalls groß sein würden. Die vielen palästinensischen Opfer seien in den Augen der Hamas der notwendige Preis.[75][76][77]
Ghazi Hamad, Sprecher und Mitglied des Politbüros der Hamas, erklärte am 24. Oktober 2023 in einem Interview mit LBC International,[78] dass der Überfall vom 7. Oktober 2023 erst der erste Angriff von vielen sei. Seine Aussage „there will be a second, third and fourth time“ („Wir werden es zwei-, drei-, viermal tun“) aus dem Interview ging um die Welt.[79][80][81] Auf die konkrete Frage, ob die Pläne der Hamas die vollständige Zerstörung Israels bedeuteten, antwortete er: „Ja, natürlich.“[82][83]

https://de.wikipedia.org/wiki/Krieg_in_Israel_und_Gaza_seit_2023#Hamas

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 10:29
@BelfastChild

Hamas ist eine islamistische Organisation. Sie sind nicht berechtigt für die Palästinenser zu sprechen. Ich orientiere mich immer an Völkerrecht. Die PLO wurde 1974 von der UN als Repräsentant der Palästinenser anerkannt. Sie hat 1993 im Oslovertrag auf Gebietsansprüche auf isrselisches Staatsgebiet verzichtet und 1998 das Existenzrecht Israels anerkannt. Das ist der Status Quo bis heute.

BelfastChild  26.09.2024, 10:38
@Rennegent

Mag sein. Aber viele unterstützen die Hamas leider. Und es sind jihadistische Islamisten, wie der Verfassungsschutz sagen würde. Glücklicherweise sind die meisten Islamisten in der Bundesrepublik legalistisch orientiert, nicht gewaltorientiert bzw. jihadistisch.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 10:58
@BelfastChild

Sie haben leider Gaza in ihrer Gewalt, Gräueltaten begangen, Teile der Bevölkerung radikalisiert und auch viele weitere Muslime. Solche Leute sind antisemtisch da sie das Existenzrecht Israels bestreiten. Dagegen muss auch in Deutschland vorgegangen werden.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 11:09
@BelfastChild

In Deutschland gibt es laut Verfassungsschutz ca. 27,000 islamistische Gefährder. Das ist eine erhebliche Bedrohung.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 11:44
@BelfastChild

Islamisten sind so wenig legalistisch wie Rechts- oder Linksextremisten. Sie wollen die FDGO mit Gewalt beseitigen. Daher gefährden sie unseren Staat.

https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/islamismus-und-islamistischer-terrorismus/begriff-und-erscheinungsformen/begriff-und-erscheinungsformen_node.html#:~:text=Islamisten%20verfolgen%20das%20Ziel%2C%20die,und%20begr%C3%BCnden%20damit%20eine%20Verfassungsschutzrelevanz.

Fiedliche Anhänger des Islam sind keine Islamisten sondern Muslime.

BelfastChild  26.09.2024, 11:47
@Rennegent

Ja. Aber der Verfassungsschutz differenziert zwischen legalistischen, gewaltorientierten und jihadistischen Islamisten. Es gibt die Broschüre Islamismus: Entstehung und Erscheinungsformen, die aber nicht mehr online ist.

Im Jahr 2013 gab es 40.000 Islamisten, davon waren 33.000 legalistisch, 2.500 gewaltorientiert und 4.500 jihadistisch. 

Quelle: Islamismus: Entstehung und Erscheinungsformen, Bundesamt für Verfassungsschutz, S. 14, 20 und 22

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 11:50
@BelfastChild

Als Gefährder im Sinne des Verfassungsschutzes gelten nur die denen Terrorsanschläge zugetraut werden, das stimmt und deine Zahl ist da richtig. Ich habe mich da nicht deutlich ausgedrückt sorry. Aber jeder Islamist gefährdet unseren Rechtsstaat so wie auch jeder Neonazi indem er andere mit seinen Vorstellungen infiziert.

BelfastChild  26.09.2024, 11:53
@Rennegent

Die Gefährder sind jene Jihadisten, denen man praktisch jederzeit was zutraut.

Aber jeder Islamist gefährdet unseren Rechtsstaat so wie auch jeder Neonazi indem er andere mit seinen Vorstellungen infiziert.

Sehe ich ähnlich, grade die Salafisten sind hier anzuführen:

"Prediger wie Bilal Philips und auch Pierre Vogel und andere salafistische Prediger halten wir insbesondere auch deshalb für bedenklich, weil ihre Thesen gerade auch auf junge Muslime, die noch ungefestigt sind in ihren Standpunkten, radikalisierend wirken können."
Catrin Rieband, Verfassungsschutz Hessen

Quelle: https://youtu.be/6sqBJJNs6_U?t=176 (2:57 - 3:14)

So wenden die sich auch strikt gegen LGBT.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 11:55
@BelfastChild

Legalistische Islamisten wollen das GG beseitigen und die Scharia einführen. Sie sind damit verfasdungsfeindlich und stehen nicht hinter unserer Rechtsordnung. Diese Definition ist daher vollkommener Unsinn auch wenn sie verwendet wird, da hast du Recht. Die Bezeichnung ist verharmlosend und beschönigend völlig verfehlt aus meiner Sicht.

BelfastChild  26.09.2024, 11:59
@Rennegent

Es gibt so gesehen gar keine Islamisten oder den Politischen Islam. Das sind Kreationen des Westens, da unser Verständnis von Religion anders ist:

https://youtu.be/eRbtjG4mZ4s?t=4382 (1:13:02 - 1:15:00)

Es gibt islamischen Fundamentalismus und säkulare Muslime. Aber es gibt keinen Islamismus. In die Richtung argumentiert auch Prof. Tilman Nagel.

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 12:07
@BelfastChild

Viele junge Muslime lösen sich in Deutschland glücklicher Weise von der strengen Religiosität ihrer Familie. Und wir denken noch über finanzielle Förderung von Moscheegemeindung oder die Ausbildung von Imamen nach bzw. wir praktizieren das schon seit langem. Das ist verfehlte Politik.

BelfastChild  26.09.2024, 12:10
@Rennegent

Tja. Es gibt Dinge, die wirklich besser laufen könnten. Alleine in meinem Land NRW werden 114 Moscheen vom Verfassungsschutz beobachtet:

https://www.zeit.de/news/2021-09/07/verfassungsschutz-beobachtet-114-moscheen-in-nrw?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Und die Zahl ist nicht mehr ganz aktuell. Wie viele Juden, Christen, Buddhisten... werden beobachtet? Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit zwei Religionen: Scientology und Islam. Andere Weltanschauungen machen kaum oder praktisch keinen Ärger. Wobei ich betonen möchte, dass nicht jeder Muslim schlecht ist!

Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 12:49
@BelfastChild

Ganz und gar nicht. Ich habe schon viele Muslime kennengelernt. Sehr ordentliche Menschen. Waren aber alle auch bestens in den Arbeitsmarkt integriert. Das ist die Kernaufgabe die wir haben. Die meisten flüchten vor ihren autoritären Staaten zu uns. Kaum zu erwarten dass sie so etwas auch hier wieder haben wollen. Man muss auch sehen dass bei uns in Relation zu der Anzahl von Muslimen die in Deutschland sind, sehr wenig passiert. Trotzdem haben viele eine kritische Einstellung zum Westen. Das ist auch kein Wunder so oft wie besonders die USA sich schon in der muslimischen Welt militärisch eingemischt haben. Die Amerikaner schießen und bomben alles kurz und klein und Europa muss die Scherben dann einsammeln, das ist leider unser Los.

BelfastChild  26.09.2024, 21:36
@Rennegent

Wobei nicht alle geflüchtet sind. Seit den 90ern sind mehr und mehr Muslime nach Europa gekommen. Es waren die politisch Linken, die die Tore weit geöffnet haben. Sie partizipieren halt auch am Wohlstand, wie Sarrazin sagen würde.

Die meisten legen sich ihre Wahrheit so aus, wie es ihnen passt. Es ist völlig egal was tatsächlich passiert ist, das wissen darüber würde absolut nichts ändern.


Rennegent 
Beitragsersteller
 26.09.2024, 08:36

Sehe ich genauso. Fakten, die nicht ins Weltbild passen werden geleugnet oder in geeigneter Weise umgedeutet.