Meinung des Tages: Das Fehlen des „Wir-Gefühls“ in Deutschland – könnt Ihr das anhaltende Gefühl der Spaltung zwischen West und Ost nachvollziehen?

Ich sehe auch noch eine Spaltung 74%
Ich habe dazu eine andere Meinung 14%
Ich sehe keine Spaltung mehr 12%

181 Stimmen

56 Antworten

Ich sehe keine Spaltung mehr

Ich sehe eher wenig eine Spaltung zwischen West und Ost, sondern das sogenannte "Wir" Gefühl ist meiner Meinung nach in komplett Deutschland nicht wirklich gut.


„West“ und „Ost“ ist vermutlich eher eines der kleineren der gesellschaftlichen Probleme. Wenn es nur das wäre, würde ich sagen, dass die deutsche Gesellschaft halt einfach zwei „Wir-Gefühle“ hat. Das wäre geradezu erträglich verglichen mit dem „Jeder gegen alle“, das vorherrscht. Die Deutschen gegen die Ausländer, die Bürgergeldler gegen die Geringverdiener, die Moslems gegen die Christen, die „Woken“ gegen die „Das-wird-man-ja-noch-sagen-Dürfler“, die AfD gegen alle anderen Parteien, die Impfgegner gegen die Panikschieber, die Rentner gegen die jungen Familien, die queere Community gegen die glühenden Beschützer der deutschen Sprache…. Jeder hält sein eigenes Anliegen für das wichtigste, keiner ist mehr kompromissbereit, alle gehen nur noch mit dem Kopf durch die Wand und Nieten auf dem Weg am besten noch links und rechts jemandem mit dem Ellenbogen um.


Joschi441964  27.09.2024, 16:57

Ja, das stimmt allerdings, sogenannte Ellbogengesellschaft.

bablbrabl123  27.09.2024, 11:31

Sehe ich ganz genau so - und das kommt davon wenn ein Land ohne Führung ist, welche eine Richtung vorgibt.

Waldelb3  27.09.2024, 11:46
@bablbrabl123

Ich würde sagen, dass die starke Führung von Merkel das Problem gerade erst verursacht hat.

bablbrabl123  27.09.2024, 11:49
@Waldelb3

Welche "starke Führung"? Sie hat Probleme hauptsächlich ausgesitzt. Und das was sie entschieden hat war die letzten 4 Jahre nicht gerade förderlich für die Gesellschaft. Aber das war 2015 schon absehbar.

Waldelb3  27.09.2024, 13:00
@bablbrabl123

Mag sein. Aber wenn sie irgendwas gesagt hat, war das quasi Gesetz. Da hat dann keiner mehr widersprochen.

bablbrabl123  27.09.2024, 16:18
@Waldelb3

Sie hat Führung in der Finanzkrise bewiesen. Danach hat sie sich auf den Lohrbeeren und der sehr starken Wirtschaft ausgeruht. Wie du sagst hatte sie auch kaum Gegenwind als sie 2015 die Grenzen öffnete, ab da ging es bzgl. ihrer Führung bergab, bzw. war ab 2015 geistig in der Rente.

Waldelb3  27.09.2024, 16:24
@bablbrabl123
als sie 2015 die Grenzen öffnete

Das ist das was ich meine. Merkel hat die Grenzen geöffnet. Das war nicht das Ergebnis einer langen Debatte im Parlament, sondern die Entscheidung von Merkel. Das ist das, was einen starken Führer ausmacht. Er entscheidet einfach.

Superkeksi452  28.09.2024, 15:51
@Waldelb3

Ich würde das eher als schwäche ansehen wenn man alles und jeden reinlässt anstatt klar zu zeigen wo die Grenze ist.

Ich habe dazu eine andere Meinung
Seht Ihr noch eine Trennung zwischen Ost und West?

Ganz offensichtlich, wie ihr selber aufzeigt. Aber auch in den Köpfen egal ob Ost oder West. Die Wahlergebnisse zeigen es ja ebenfalls.

Was müsste getan werden, damit Ostdeutsche sich besser eingebunden fühlen?

Das ist die entscheidente Frage. Ich habe keine Antwort darauf.

Ganz offensichtlich ist ein erheblicher Teil der Ostdeutschen sich bis heute nicht bewusst das Freiheit, Demokratie und Wohlstand auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung bedeutet. Während die Westdeutschen diese Kompetenzen seit Kriegsende defakto erlernen konnten wurde den Ostdeutschen eine Einparteiendiktatur übergergestülpt, in welchem der Staat in nahezu alle Lebensbereiche eingriff oder die Verantwortung trug.

Diese Sehnsucht nach starker Führung, der Staat kümmert sich, ist ebenso noch vorhanden wie das kuschen vor dem großen Bruder. Antiamerikanismus ebenso wie eine tiefe Ablehnung der Nato, die nicht als Verteidiger sondern als Aggressor gesehen wird. Es gibt zahlreiche Beispiele in welchem es fundamentale Unterschiede gibt, ihr habt selbst welche genannt.

Ich weiß nicht wie das zu lösen ist. Für mich steht aber fest das es nach der Wiedervereinigung dem Westen nicht gelungen ist, die Ostdeutschen in ihrer Gesamtheit in ein neues System zu integrieren.

Am Ende wird man es wohl so hinnehmen müssen. So wie ich die CSU in Bayern.

Wie empfindet Ihr das „Wir-Gefühl“ und den Zusammenhalt in der deutschen Gesellschaft?

Keine Ahnung, gab's das je? Spätestens mit dem Aufschwung der Populisten, Internet /Social Media Trump, Corona, gehen doch tiefe Risse durch die gesamte Gesellschaft.

Denkt Ihr, dass die politischen Ergebnisse der neusten Wahlen den Osten schlechter dastehen lassen werden?

Selbstverständlich, was für einen Eindruck sollen Menschen die von außen auf Ostdeutschland schauen schon bekommen angesichts der Wahlergebnisse von Faschisten und Putinisten.

Grüße aus Sachsen

Ein ehemaliger DDR und jetziger Bundesbürger

Passend zum Thema

https://www.youtube.com/live/X7nu10aD8ug?si=eFo3odsWtYMndCNM


Joschi441964  27.09.2024, 17:02

Na ja, die Hochwahl der AfD kommt nicht einfach von irgendwoher. Das ist das Ergebnis der Misswirtschaft unserer jetzigen Ampel-Politik, die alles in Grund und Boden stürzt. Und ansonsten ist Dein Statement, lieber JMJreboot, sehr gut geschrieben und auch beschrieben. Dankeschön.

JMJreboot  27.09.2024, 17:38
@Joschi441964

Der Aufschwung der Rechtspopulisten begann bereits lange vor der Ampel.

Sie sind lediglich geschickt darin jede Krise für sich zu nutzen.

Aber ich danke dir für dein Lob.

schlauerMann611  28.09.2024, 13:44
@Joschi441964

So mies finde ich die Ampel auch gar nicht, da wird in den Medien einfach viel aufgebauscht. Man darf außerdem nicht vergessen, dass die sich selbst nicht wollte und nur eine Notlösung war, um überhaupt irgendeine Regierung zu bilden. Das kann man den Parteien wohl kaum vorwerfen.

JMJreboot  28.09.2024, 14:04
@schlauerMann611

Man kann zurecht vieles kritisieren zumal die drei Parteien untereinander sich selbst nicht grün sind.

Das schlechten öffentliche Bild lasstet ich aber vor allem der Opposition an, allen voran AFD, CDU und nun BSW/Wagenknecht.

Wenn Fehler gemacht werden muss man selbstverständlich den politischen Kontrahenten kritisieren, aber auf einer sachlicher, durchaus auch scharfenEbene.

Das ist inzwischen überhaupt nicht mehr der Fall. Stattdessen wird gegen einzelne Politiker vollkommen niveaulos regelrecht gehetzt.

Benedikt581  28.09.2024, 14:29
die von außen

Das ist der entscheidende Punkt, es betrifft nur Außenstehende. Bei den Ossis steht der Osten gut da!

JMJreboot  28.09.2024, 15:36
@Benedikt581
Bei den Ossis steht der Osten gut da!

Also bei mir nicht und ich bin einer.

Mitscher45  27.09.2024, 13:53

gut zusammengefasst, dem ist nichts hinzuzufügen.

JMJreboot  27.09.2024, 14:00
@Mitscher45

Danke sehr

Schau mal die Antwort von eingew an. Er hat meiner Meinung nach auch ein paar gute Punkte an welche ich so nicht gedacht hätte.

Ich sehe auch noch eine Spaltung
Denkt Ihr, dass die politischen Ergebnisse der neusten Wahlen den Osten schlechter dastehen lassen werden?

Ja, weil Westdeutsche aus dem Wahlergebnis falsche Rückschlüsse ziehen. Ich habe den Eindruck, dass Westdeutsche Ostdeutsche oft einfach als dumm ansehen. Allerdings denke ich auch, dass es (unter Voraussetzung, dass sich die Politik nicht drastisch ändert) nur eine Frage der Zeit ist, bis in Westdeutschland ähnlich gewählt wird. Vielleicht ändert sich das dann, und die Trennung verschwindet. Die Frage ist nur, ob sich die Gesellschaft bis dahin so stark radikalisiert hat, dass wir ganz andere Trennungen haben.

Ich sehe auch noch eine Spaltung

Ich bin deutlich nach der Wende geboren. Die Mauer existiert für mich nur noch in den Geschichtsbüchern und ich habe noch niemanden anders behandelt, nur weil er woanders herkommt.

Mir ist jedoch schon oft aufgefallen, dass "ältere" das gerne anders handhaben und das große Problem was ich dabei sehe: Da können sich ziemlich viele Leute an die eigene Nase packen.

Und zwar beide, Ost und West gleichermaßen.

Ja, West hat durch das Machtgefälle im Zweifel sicher den größten Schaden angerichtet.

Gleichzeitig sind die Erwartungen in Ost gelinde gesagt absurd. Weil der Vergleich zwischen West und Ost in wirtschaftlicher Hinsicht hanebüchen ist. Ja, wir teilen eine Kultur. Aber ein Wirtschaftssystem teilen wir erst seid knapp zwei Generationen. Der realistische wirtschaftliche Vergleich für Ostdeutschland wären die anderen Wirtschaftssysteme der ehemaligen Sowjetunion. Den zieht aber niemand. Spannenderweise ist dann Ostdeutschland eben keine abgehängte zurückgebliebene Region, sondern ganz oben an der Spitze mit dabei.

Die Westintegration hat in Ostdeutschland wirtschaftlich also nicht schlechter, sondern besser geklappt als anderswo.

Was viele auch gern ignorieren, ist, dass ein Niedriglöhner nunmal tatsächlich ein direktes wirtschaftliches Interesse an weniger Einwanderung hat - weil er eben direkt wirtschaftlich mit den Einwanderern, die häufig noch niedrigere Löhne akzeptieren, konkurriert. Sicherlich kann man über den korrekten Umgang mit dieser Tatsache lange diskutieren - aber sie leugnen? Sinnlos.

Ich sehe politisch wenig Willen, aufeinander zuzugehen. Die Diktatur in der DDR wurde mEn nicht korrekt aufgearbeitet - in den Geschichtsbüchern und in der Schule sicherlich, aber in der Politik? Wo waren die Verurteilungen und Gerichtsprozesse? Die "Entnazifizierung" vom Kommunismus? Die SED wurde nicht verboten, sie existiert sogar bis heute weiter und nimmt Einfluss auf die Politik. Ich habe nichts gegen eine starke linke Partei, aber eine Partei die in der Vergangenheit aktiv nachweisbar Terrorismus und Menschenrechtsverstöße zu verantworten hat? Finanziell, mit Material, Schutz vor Strafverfolgung, politisch usw? Ja, es gab vereinzelte Verurteilungen und Gerichtsprozesse gegen eklatante Menschenrechtsverstöße, aber das wars.

Die politische Wende war nur oberflächlich. Über die alten Konflikte wurde bloß eine Decke gelegt. Dabei wussten wir eigentlich, wie es geht, die BRD selbst entstand aus den Trümmern eines Unrechtsstaats und da wurde ganz genau hingeguckt, wer das neue System aufbaut. Sicher kann man auch hier ganz viel kritisieren, sollte man auch, auch hier wurde viel nicht komplett durchgezogen.

Aber es gab zumindest eine real existierende breite öffentliche Aufarbeitung. Bei der DDR war da wenig bis nichts.

Woher ich das weiß:Recherche

JMJreboot  27.09.2024, 13:40

Danke für deine sachliche und kompetente Analyse.