Mein Thema soll nicht in Vorurteile oder Stereotype abgleiten, aber es gibt einen Aspekt , über den ich schon länger nachdenke und grübele, und mich würden die Erfahrungen anderer interessieren - gerne auch, wie sich Russischsprachige (egal, ob in Deutschland geboren oder zugezogen) selbst sehen.

Mein Eindruck ist, dass viele Russischsprachige in einer Art 'unsichtbaren russischen Blase leben', d.h., einerseits sehr, sehr gut integriert sind, oftmals die Sprache perfekt beherrschen, hier studiert haben, ihre Berufe ausüben, etc., gleichzeitig aber in ihrem Privatleben stark unter sich bleiben, d.h. der Freundeskreis besteht hauptsächlich ebenfalls aus Russischsprachigen, im Privatleben wird hauptsächlich Russisch gesprochen, und hinsichtlich dieser Punkte erscheint es teilweise nahezu wie eine Parallelgesellschaft.

Aufgefallen ist mir dies, weil ich einige Jahre in einer Beziehung mit einer gebürtigen Ukrainerin war, die ursprünglich vor mehr als 10 Jahren als Au-Pair nach Deutschland kam. Ich war ihr einziger deutscher Freund (sowohl in partnerschaftlicher als auch engerer freundschaftlicher Hinsicht). Ihre gesamte Freizeit verbrachte sie nahezu ausschließlich mit Personen, die ebenfalls russischsprachig waren.

Die Erfahrung mit ihr ist natürlich erst einmal statistisch gesehen nicht relevant. In ihrem Bekanntenkreis allerdings erschien dies ebenfalls so. Es war wie eine kleine, abgeschottete Welt, die nur aus Russischsprachigen besteht. Mit Facebookseiten, Instagram- und Telegramkanälen auf Russisch. Im Prinzip alles Russisch und auf Russisch. Sie zog zeitweise in eine andere Stadt für eine Arbeitsstelle. Ta-daa, die Kollegen sind russischsprachig, die Gründer des Unternehmens auch…

Ich habe im Laufe der Jahre angefangen, die Sprache zu lernen (bis unteres B2-Niveau), weil es mich interessierte und ich die Kultur besser verstehen wollte. Und trotzdem kam ich mir nie wirklich inkludiert vor. Nicht, weil Personen nicht nett, 'normal' oder freundlich gewesen wären. Alle waren im Prinzip normal und freundlich. Aber auf eine gewisse Art auch undurchdringbar. Weil es als Nicht-Russisch-Muttersprachler eben auch Details gibt, die man sprachlich, humoristisch oder kulturell / mentalitätsmäßig nicht oder nicht sofort verstehen oder nachvollziehen kann. Und an so einem Punkt würde ich persönlich versuchen, die Person zu integrieren, d.h. Brücken zu bauen, nicht einfach in der Gruppe weiter munter auf Russisch zu schnattern.
Ich kam mir irgendwann ehrlich gesagt vor wie ein Fremder in 'meinem eigenen' Land. Meine Freundin tauchte ein in 'ihre' Welt, und für sie war alles prima. Und ich fing an mich zu fühlen wie das fünfte Rad am Wagen. Und super einsam.

Wir haben uns schlussendlich (aus verschiedenen Gründen) getrennt. Jeder Partner danach - russischsprachig. Und ich frage mich, gab es überhaupt die Möglichkeit, dass ich das jemals hätte wirklich durchdringen können?

Mich würde interessieren, wie sehen Eure Erfahrungen diesbezüglich aus? An die Russischsprachigen, wie ist das bei Euch? Ist Euer Freundeskreis ähnlich aufgebaut wie oben beschrieben, oder habt Ihr viele enge deutsche Freunde? Fühlt Ihr Euch zeitweise in der beschriebenen unsichtbaren Blase?

Vielen Dank und viele Grüße!