Ich kopiere einfach mein Kommentar unter dem neulich erschienen Werbevideo für "Neutrinovoltaik"

Zunächst bin ich sehr erstaunt, sowohl vom Video, also auch davon, dass ich diese Interview als Werbung auf Youtube bekomme.

Dabei fällt mir vor allem auf: Bildung ist sehr wichtig! Es muss nicht unbedingt ein Physikstudium sein, jedoch hilft das einem, einschätzen zu können, ob etwas Schwachsinn ist oder nicht.

Deshalb hier eine kurze Abschätzung:

Pro Quadratmeter und Sekunde kommt auf der Erde ein Neutrinofluss von etwa 6,6 * 10^14 Teilchen an.

Diese haben im Schnitt eine mittlere Energie von nicht einmal 1 MeV = 1,602 * 10^-13 Joule und kommen fast ausschließlich aus dem Fusionsprozess der Sonne.

Siehe hier: "https://arxiv.org/pdf/1708.02248.pdf" und "https://indico.mitp.uni-mainz.de/event/277/attachments/2666/3013/Scholberg1.pdf"

Nehmen wir jetzt an, dass der "Powercube" eine Seitenfläche von 1 m^2 hat (größer wird er nicht sein, soll ja in ein Handy passen, oder?:D) und dass er es auf mysteriöse Weise schafft, 100% der vom Neutrinosfluss transportieren Energie in elektrische Energie umzuwandeln.

Mehr als 100% wird es ja auch nicht sein, da Herr Schubart ausnahmsweise richtig festgestellt hat, dass dies den 2. HS der Thermodynamik verletzten würde.

Dadurch ist die maximale Energie, die der Cube im Idealfall erzeugen kann, durch seine zur Sonne ausgerichtete Querschnittsfläche von 1 m^2 gegeben.

Da kann jeder folgen, oder?

Jetzt bestimmen wir den Energietransport der Neutrinos, der am "Powercube" ankommt:

6,6 * 10^14 Teilchen / (m^2 * s) * 1,602 * 10^-13 Joule = 105,732 Watt/m^2.

Das ist die maximal vom Powercube generierbare Leistung, unter der Annahme, dass er 100% Effizienz erreicht: 106 Watt, eine stattlich leuchtende Glühbirne!

Dummerweise zeichnen sich Neutrinos aber gerade dadurch aus, dass sie mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ohne jegliche Wechselwirkung (und damit Energieübertrag und damit dann auch Stromerzeugung) durch Materie hindurchfliegen.

Die Wechselwirkungswahrscheinlichkeit wird überwiegend durch die Masse des Detektormaterials beeinflusst, weshalb auch hier Kohlenstoff in Form von Graphen und Silizium ziemlich dämlich ist, da es weder besonders günstig, noch besonders massereich ist.

Deshalb hat man bei Neutrinodetektoren auch immer tausende Tonnen an Detektormaterial, meist Wasser (billig!), um nur ein paar Wechselwirkungen hervorrufen zu können. Und bei ein paar Reaktionen für einen Neutrinofluss von 6,6 * 10^14 Neutrinos pro Quadratmeter; da ist man dann nicht bei 100% Effizienz sondern bei etwa 0,0000000x%.

Und der Cube wird ja nicht mal mehrere Tonnen wiegen, sonst wird schwierig mit dem Einbau ins Auto oder Handy. Also noch deutlich weniger als das.

Dabei haben wir jetzt noch nicht berücksichtigt, dass Neutrinos nicht elektromagnetisch Wechselwirken, sondern lediglich über die Schwache Wechselwirkung, was einen weiteren Prozess nach der Neutrinowechselwirkung zur Stromerzeugung nötigt macht.

Aber dafür soll bestimmt das "Graphen-Sandwich" da sein.

Das ist aber leider auch nicht gut für die Effizienz...

Mit einer realistischeren Abschätzung kommt man bestenfalls bei dem Cube bestenfalls auf Femtowatt, also 0,000.000.000.000.00x Watt.

Da kann man deutlich mehr Energie aus der thermischen Energie von in der Sonne liegenden, heißen Steinen gewinnen.

Mit Kartoffelbatterien will ich jetzt gar nicht erst anfangen!

Falls jetzt jemand damit ankommt "Das sind aber nicht nur Neutrinos, die man da zur Energieerzeugung benutzt, sondern noch was anderes, z.B. das "nicht sichtbare Spektrum"":

Also Radiowellen aus der 21cm Spinflip Linie des interstellaren Wasserstoffs, oder was? Da steckt ja noch mehr nutzbare Energie drin, als in den Neutrinos! nicht

Im Vergleich zu so einem Blödsinn würde ich mein Vermögen eher in Lichtmühlen investieren.

Der Energiegewinn wird um mehrere Zehnerpotenzen größer sein!

PS: Nach kurzer Recherche; mit Lichtmühlen kann man sogar Leistungen im Mikrowattbereich erzeugen!

Wo haben Sie eigentlich studiert Herr Schubert? Dazu konnte ich leider nichts finden, würde mich aber sehr interessieren!

Mit einem Studium der Mathematik wären Sie zu dieser kurzen Rechnung doch auch im Stande gewesen, oder etwa nicht?

Schöne Grüße von einem Kern- und Teilchenphysiker

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