Wie kann sich das Universum bei großen Entfernungen schneller ausdehnen als das Licht?

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dazu versteht man am besten zunächst die Hubblekonstante.

Unter der Annahme einer linearen Ausdehnung des Universums ist der Skalenfaktor a(t) =D(t)/D0 einer beliebigen Distanz D und der Distanz D0 zum Zeitpunkt t0 im Universum linear abhängig von der Zeit t: 

a = da/dt*t  (1) mit einer Ausdehnungsgeschwindigkeit

da/dt = H*a (2)

Der Faktor H ist die Hubblekonstante (die besser Hubbleparameter heißen sollte, weil sie nicht konstant ist - in der Tat folgt aus einer linearen Ausdehnung konstante Ausdehnungsgeschwindigkeit da/dt und damit H = 1/t mit 2 in 1 eingesetzt), hat beim Urknall eine Polstelle und nimmt seitdem ab, wird aber nie null. 

Kosmologischer Horizont

Objekte in der Entfernung r entfernen sich mit der Geschwindigkeit v(r) = H*r von uns. Man kann nun mit der Lichtgeschwindigkeit c einen Radius rH = c/H definieren, der Hubbleradius genannt wird. Für r = rH ist die Geschwindigkeit v(rH) = c, d.h. theoretisch entfernen sich Objekte in dieser Entfernung mit Lichtgeschwindigkeit von uns (die Spezielle Relativitätstheorie gilt nur lokal und wird dadurch nicht verletzt), und man könnte meinen, dass man dann diese Objekte nie mehr sehen kann, weil ihr Licht nicht gegen die Expansionsgeschwindigkeit ankommt, aber:

1. Licht direkt hinter rH kann es, einmal ausgesandt, mit der Zeit innerhalb von rH schaffen und uns letztlich doch erreichen - die korrekte Rechnung beinhaltet eine Integration der Bewegung mitbewegter Koordinaten und des Lichtsignals von t0 bis unendlich und führt hier zu weit - außerdem...

2. ist die o.g. Annahme der linearen Ausdehnung falsch. Die Ausdehnung unterliegt bremsenden und beschleunigenden Einflüssen (zB die Massendichte einschl. dunkler Materie vs. dunkle Energie), deren Stärke nicht zeitlich konstant war oder sein wird. In Abhängigkeit von diesen Einflüssen kann der Kosmologische Horizont sich bei vorwiegender Bremsung weiter ausdehnen und mehr Objekte sichtbar machen, oder  bei vorwiegender Beschleunigung schrumpfen und mehr Objekte verbergen.

Aus diesen beiden Gründen liegt der Kosmologische Horizont nicht beim Hubbleradius, sondern nach aktuellem Stand etwas dahinter (etwa 16 Mrd LJ statt 13,4 Mrd LJ). Mit weiterer Ausdehnung des Universums und sinkender Massendichte könnte die Beschleunigung gewinnen - dann würde der Hubbleparameter auf einen konstanten Wert sinken: die Lösung für die Differentialgleichung da/dt = const*a ist dann eine exponentielle Ausdehnung, die den Kosmologischen Horizont schließlich bis auf gravitativ direkt gebundene Strukturen schrumpfen ließe, und die Reste der Vereinigung aus Milchstraße und NGC224 wären allein in der Dunkelheit.

Partikelhorizont.

Wo aber sind die  fernsten Objekte, die wir jetzt schon sehen, wirklich? Als ihr Licht ausgesandt wurde, dh kurz nachdem das Universum transparent wurde, waren sie nur einige Mio LJ entfernt. Während ihr Licht im Raum zu uns unterwegs war, bewegte sich dieser Raum aber mit der Expansionsgeschwindigkeit von uns weg und verlängerte die Reisezeit des Lichtes (und seine Wellenlänge), bis das Licht schließlich hier ankam; inzwischen haben sich die damals aussendenden Objekte bis zum sog. Partikelhorizont entfernt (ca 46 Mrd LJ), also weit hinter dem Kosmologischen Horizont.

wieso nicht?

es gibt kein naturgesetz das besagt dass der abstand zu weit entfernten objekten nicht schneller als c zunehmen kann (schon alleine deshalb weil der "abstand" zu weit entfernten objekten gar nicht eindeutig definiert ist sondern von der wahl der koordinaten abhängt)

es gibt nur ein naturgesetz das besagt dass lokal (also dort wo du gerade bist und misst) nichts schneller als c sein kann.

Bedingt durch die Hubble Konstante (ca. 70 Km/s pro Megaparsec, es gibt unterschiedliche Werte, da es verschiedene Messmethoden gibt) dehnt sich das Universum auf einer Distanz zweier Punkte von 3,26 Lichtjahren (1 Megaparsec) mit ca. 70 Km / s aus. Bei 2 Megaparsec sind es 140 Km/s, bei 3 Megaparsec 210 Km/s usw. Die Geschwindigkeitszunahme ist also linear. Nimmt man als Bezugspunkt die Erde, dann ist irgendwann der Punkt erreicht, wo die Ausdehnung des Universums so schnell ist wie das Licht und ab diesen Punkt kann uns das Licht dieser Objekte und der Objekte darüber hinaus nicht mehr erreichen, weil sich der Raum über diese Grenze (Beobachtungshorizont) dann mit Überlichtgeschwindigkeit ausdehnt (immer von uns aus gesehen), danach beginnt das für uns unsichtbare Universum. Da der Raum nichts mit Masse zu tun hat, kann er sich auch mit Überlichtgeschwindigkeit ausdehnen. Jeder Punkt im Universum hat übrigens seinen eigenen Beobachtungshorizont. Ein Beobachter der von uns z.B. 1 Milliarde Lichtjahre entfernt wäre, könnte dann im Gegensatz zu uns quasi eine Milliarde Lichtjahre in das für uns unsichtbare Universum reinsehen.


Reggid  21.09.2024, 18:27
dann ist irgendwann der Punkt erreicht, wo die Ausdehnung des Universums so schnell ist wie das Licht und ab diesen Punkt kann uns das Licht dieser Objekte und der Objekte darüber hinaus nicht mehr erreichen

das ist nicht korrekt.

der Hubble-radius (der punkt ab dem die entfernung aufgrund der expansion mit mehr als c zunimmt) liegt bei ca. 13 Mrd. lichtjahren, der kosmische ereignishorizont (der punkt ab dem uns kein licht mehr erreichen kann) liegt bei ca. 16 Mrd. lichtjahren.

das sind verschiedene dinge (und der Hubble-radius hat an sich eigentlich keine physikalische bedeutung) und wird oft verwechselt.

physik in einer dynamischen raumzeit zu beschreiben geht halt oft nicht mit einfach anschaulichen vorstellungen, sondern meist nur mit mathematik, aber wenn man versuchen will den grund einfach zu veranschaulichen dann muss man bedenken dass der Hubble-parameter mit der zeit kleiner wird, und damit der Hubble-radius als c/H mit der zeit größer. und daher können uns auch noch lichtsignale erreichen die ursprünglich jenseits des Hubble-radius lagen (solange sie nicht jenseits des kosmischen ereignishorizonts sind)

*** Wie kann sich das Universum bei großen Entfernungen schneller ausdehnen als das Licht?

Das kann es nicht – jene Feststellung ist ein Trugschluss.

Ich weiß das natürlich nicht, denn wie ich es wahrnehme, kann man es nur wissen, wenn man es studiert hat. Es erscheint mir nämlich so, dass die meisten Leute glauben, dass nur Akademiker dazu berechtigt sind, selbständig eigene Schlüsse zu ziehen.

Ich denke aber, das übliche Vorstellungsmodell ist falsch, denn man glaubt, faktisch belegen zu können, dass das Universum sich ausdehnt und somit ganz weit außen immer schneller wird.

Aber jene Vorstellung führt zu eklatanten Fehlinterpretationen.

Denn wenn die äußersten Grenzen unserer Wahrnehmungen das Licht des eigentlichen Urknalls darstellen, dann stellt sich das Zentrum des Urknalls umgekehrt proportional dar. Vereinfacht bedeutet das, dass wir den ursprünglich zentralen Knallpunkt aus unserer Perspektive heraus jetzt an den äußersten Grenzen unseres Himmelszelts verteilt sehen.

Diese Feststellung lässt den Schluss zu, dass sich diese Art der Wirkungen umgekehrt proportional verhalten und somit die schwächsten, äußersten Wirkungen eigentlich die stärksten, damals innersten Wirkungen darstellen.

Wenn daher jetzt festgestellt wird, dass ganz weit außen alles schneller wird, dann entspricht das genau meiner Schlussfolgerung. Womit ich eine weitere Schlussfolgerung daraus ziehe, dass nämlich auch die räumlichen Abstände immer kürzer werden.

Somit kommt ein Bild zustande, dass jene Expansion einer Kreisfunktion folgt, die dann mit einem Urknall beginnt und in einem riesigen schwarzen Loch endet, dessen Ende dann wiederum in einem riesigen weißen Loch mündet usw... Es knallt daher an jenem Punkt immer, und an jenem Punkt wurde die Lichtgeschwindigkeit erreicht und somit alles Materielle in seine Basis-Quanten zerstrahlt.

Bild zum Beitrag

Normalerweise ist dieses Bild eine GIF-Animation, aber da man diese hier nicht einbinden kann und nur YouTube-Filme zulässt, musst du darauf verzichten, denn ich will nicht extra ein Konto bei YouTube dafür einrichten.

 - (Universum, Erde, Licht)

Ja, das passiert tatsächlich.

Die Ausdehnung beträgt etwa 67,4km/s bis 74km/s pro Megaparsec.

Nehmen wir mal ersteren Wert, entfernen sich Objekte ab einer Distanz von etwa 4450 Megaparsec, also in etwa 14 Mrd Lichtjahren, schneller als Licht relativ zu unserer Position.

Woher ich das weiß:Hobby – Astronomie und Raumfahrt als Hobby