Was sollte man als Rettungs/Notfallsanitäter können?

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Salopp gesagt, muss man natürlich mindestens das fachliche Können haben, was mit der jeweiligen Qualifikation vorausgesetzt wird und dies ist beim Notfallsanitäter selbstverständlich grundsätzlich einiges mehr als beim Rettungssanitäter.

Der Rettungssanitäter, stellt im juristischen Sinne keine anerkannte Berufsausbildung dar sondern ist vielmehr eine Qualifikation bzw. eine berufliche Weiterbildung, welche nach den Rettungsdienstgesetzen (RDG) der Bundesländer zur Wahrnehmung von bestimmten Aufgaben im Rettungsdienst berechtigt. Dies ist in allen Bundesländern der Einsatz als zweite Person, das heißt als Assistenzperson des medizinisch verantwortlichen Notfallsanitäters und ggf. auch des Notarztes bei der Versorgung von Notfallpatienten und zugleich auch als Fahrer auf Rettungswagen (RTW) in der Notfallrettung und die eigenverantwortliche Betreuung von Patientinnen und Patienten, die keine (akuten) Notfallpatienten sind, die aber aufgrund ihres Gesundheitszustandes einer medizinisch- fachlichen Betreuung und/ oder der Ausstattung des Fahrzeuges bedürfen im qualifizierten Krankentransport auf Krankentransportwagen (KTW).

Für die Ausbildung von Rettungssanitätern, existiert kein Bundesgesetz. Es gibt vom "Bund- Länder- Ausschuss Rettungswesen", der mittlerweile nur noch "Ausschuss Rettungswesen" heißt, verschiedene Grundsätze über die Ausbildung von Rettungssanitätern, welche jedoch zunächst juristisch unverbindlich sind. Sie erlangen erst durch die Umsetzung in Landesrecht Rechtsverbindlichkeit. Solche Grundsätze, gibt es von 1977, das waren die allerersten und von 2008 sowie zuletzt von 2019. Die Ausbildungsdauer, beträgt demnach insgesamt immer mindestens 520 Stunden, in Vollzeitform absolviert also demnach ungefähr dreieinhalb Monate. Die Aufteilung der einzelnen Ausbildungsstunden, variiert jenachdem, welche Grundsätze die Ausbildungsgrundlage darstellen. Im Wesentlichen, ist es aber immer ein Grundlehrgang, i.d.R. mit abschließender Prüfung zum Rettungshelfer, ein Krankenhauspraktikum, ein Praktikum im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache und ein Abschluss-/ Prüfungslehrgang mit der Abschlussprüfung zum Rettungssanitäter. Der Rettungssanitäter, muss "rettungsdienstliche Basismaßnahmen" selbstständig beherrschen. Hierunter fällt unter anderem die angemessene Lagerung des Patienten entsprechend der Erkrankung oder Verletzung, das Freimachen und Freihalten der Atemwege mittels einfacher und mittelkomplexer Maßnahmen (Basismaßnahmen bei Fremdkörperverlegung, Auswischen der Mundhöhle, Absaugung des Mund- Rachen- Raumes, stabile Seitenlage und die Anwendung von Pharyngealtuben), angepasste Sauerstoffgabe, Maßnahmen der Reanimation, Maßnahmen zur Blutstillung, Ruhigstellung von Frakturen und die Erhebung und Beurteilung von Vitalparametern.

Der Notfallsanitäter, absolviert hingegen eine dreijährige Berufsausbildung nach dem Notfallsanitätergesetz (NotSanG) und nach der aufgrund des NotSanG erlassenen "Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter" (NotSanAPrV) mit abschließender, zehnteiliger staatlicher Prüfung. Die Ausbildung ist dual und umfasst abwechselnd 1.920 Stunden Unterricht an einer staatlich anerkannten Schule für Notfallsanitäter nach Anlage 1 NotSanAPrV, 1.960 Stunden praktische Ausbildung im Rettungsdienst an einer genehmigten Lehrrettungswache nach der Anlage 2 NotSanAPrV und 720 Stunden praktische Ausbildung in einem geeigneten Krankenhaus in verschiedenen Fachabteilungen (insbesondere Anästhesie/OP, Notfallaufnahme und Intensivstation) nach der Anlage 3 NotSanAPrV. Die staatliche Prüfung, umfasst drei schriftliche Prüfungsteile, drei mündliche Prüfungsteile und vier realitätsnahe Fallbeispiele, in denen die Prüflinge nachweisen müssen, dass sie dazu in der Lage sind, die in §4 des Notfallsanitätergesetzes definierten Aufgaben der Notfallversorgung auszuführen. Entsprechend diesem in §4 NotSanG definierten Ausbildungsziel, kommen Notfallsanitäter in allen Bundesländern als sogenannte verantwortliche Transportführer auf Rettungswagen (RTW) in der Notfallrettung zum Einsatz und versorgen und betreuen eigenverantwortlich Notfallpatienten. Hierbei, wenden sie bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen des §2a NotSanG oder nach der Maßgabe der örtlich verantwortlichen ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD), auch in der Ausbildung erlernte und beherrschte sogenannte heilkundliche-/ invasive medizinische Maßnahmen wie die Verabreichung von bestimmten Notfallmedikamenten an. Wenn ein Notarzt am Einsatz beteiligt ist, dann sind sie nach dessen Eintreffen die unmittelbare Assistenzperson und führen ärztlich veranlasste Maßnahmen selbstständig durch.

Rechtlich betrachtet, muss man NICHT erst Rettungssanitäter sein sondern kann direkt die Ausbildung zum Notfallsanitäter absolvieren. Weil jedoch bundesweit im Durchschnitt zehn Bewerbungen auf einen freien Ausbildungsplatz zum Notfallsanitäter kommen, werden diese vielerorts bevorzugt an Rettungssanitäter mit ein- bis zwei Jahren Berufserfahrung vergeben. Die Erfahrung als Rettungssanitäter zeigt einem auch, ob der Rettungsdienst das richtige Arbeitsumfeld für einem persönlich ist. Die Tätigkeit ist unabhängig von der fachlichen Qualifikation natürlich physisch und psychisch herausfordernd, bringt durch die Arbeit im Schichtdienst und auch an Wochenenden und an Feiertagen teilweise große Einschränkungen im Privatleben mit sich und ist auch mit verschiedenen Gefahren für einem selber verbunden (Infektionsgefahren, teilweise Straßenverkehr und leider zunehmend auch Angriffe auf Personal des Rettungsdiestes). Mitbringen sollte man Einfühlungsvermögen, schnelle Auffassungsgabe, Entscheidubgsfähigkeit aber vor allen Dingen auch Teamfähigkeit weil die Arbeit grundsätzlich nur im Team funktionieren kann.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.

LeviundNick 
Beitragsersteller
 25.09.2024, 12:49

Vielen Dank für die Antwort, hat mir sehr weiter geholfen😊

Rollerfreake  25.09.2024, 14:16
@LeviundNick

Bitte, gerne😀. Du wolltest auch noch wissen, wie stark man für diesen Beruf sein muss. Nun ist es so der Fall, dass man mittlerweile davon ausgehen muss, dass der durchschnittliche männliche Patient seine 90 bis 100Kg wiegt und dazu kommen dann ggf. auch noch ungefähr 30Kg Tragestuhl. Hier sollte man durchaus körperlich in der Lage dazu sein, diesen Patienten auch über zwei, drei Stockwerke zu tragen, zu zweit im Team natürlich. Bei extrem schwergewichtigen Patienten, stellt es kein Problem dar, wenn man sich für diese eine sogenannte Tragehilfe, also ein zweites Rettungsmittel oder die Feuerwehr zu Hilfe holt und das sollte man dann auch machen, insbesondere dann, wenn man den Beruf über Jahrzehnte ausüben möchte, sollte man nicht schon in einem Alter von 40 Jahren seinen Rücken kaputt getragen haben. Den erwähnten durchschnittlichen Patienten, muss man aber alleine tragen können, weil es schlichtweg keine Kapazitäten dafür gibt, um jedes Mal eine Tragehilfe anzufordern. Mfg

LeviundNick 
Beitragsersteller
 25.09.2024, 14:50
@Rollerfreake

Ist man dann automatisch ungeeignet, wenn man das alleine nicht schafft? Ich würde mich nicht als schwach bezeichnen, aber wenn ich mit 65 Kilo 90-100 tragen soll, Fall ich ja wahrscheinlich halb um…

Rollerfreake  25.09.2024, 20:57
@LeviundNick

Das muss dann die Praxis zeigen aber im Regelfall, sollte man das zu zweit schaffen können. Mfg

Was ist der genaue Unterschied zwischen Notfall und Rettungssanitäter?

Ich frage mich, ob es mit deinem Interesse wirklich so weit her ist, wenn es dich nichtmal dazu motiviert die einfachsten Googlesuchen durchzuführen...

RS 3 Monate Ausbildung, NFS 3 Jahre Ausbildung. Das spiegelt sich in Wissen und Kompetenzen wider und darin, dass der NFS für den Notfallpatienten verantwortlich ist und der RS ihm zuarbeitet.

wie läuft die Ausbildung ab?

RS: 4 Wochen Lehrgang, je 4 Wochen Praktikum in Klinik und Rettungswache, nochmal 1 Woche Lehrgang.

NFS: 3 Jahre Ausbildung, eingeteilt in jeweils mehrwöchige Blöcke von Unterricht, Praxis auf der Wache und Praktika in z.B. Kliniken.

Die unterschiedlichen Teile der Ausbildungen können an deutlich unterschiedlichen Orten stattfinden. Z.B. kann der schulische Teil an einer Schule am anderen Ende des Bundeslandes stattfinden; du übernachtest dann auch unter der Woche dort und kommst nur am Wochenende heim.

Was sollte ich können bzw. welche Eigenschaften brauche ich?
  • schwarzen Humor
  • Die Fähigkeit, mit den Schultern zucken und sich zu denken "ist halt so"
  • Frusttoleranz
  • nicht auf einen festen Tag-Nacht-Rhythmus angewiesen sein
  • Auch bei akuten Würgereiz sagen können "muss halt sein" und seine Arbeit machen können (reinknien, anfassen, putzen...)
Wie ist der Job mit Familie (alleinerziehender Vater eines 2 jährigen) vereinbar?

Der Job ist nur dann mit Familie vereinbar, wenn du jemanden hast der die Nachteile des Schichtdienstes kompensiert.

Du arbeitest in Schichten von 12 h, ggf. sogar 24 h. Am Wochenende zu arbeiten, ist völlig normal. An Feiertagen und Weihnachten zu arbeiten, ist völlig normal.

Wie viele Kitas kennst du, wo du dein Kind >12 h lassen kannst? Mit der Option dass es auch mal spontan 2 h später wird, wenn du kurz vor Dienstende noch einen Patienten bekommst, der 60 km entfernt in eine Spezialklinik muss? Wo lässt du dein Kind, wenn du nachts arbeitest? Was macht dein Kind, wenn du Sonntags früh völlig übermüdet aus dem Dienst kommst und dringend schlafen musst, um abends wieder fit für die nächste Nachtschicht zu sein?

Das ist schon dann schwierig genug, wenn es einen 2. Elternteil gibt, der aber leider auch Arbeitszeiten einzuhalten hat.

Bereut ihr (die die Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter seid) etwas an eurem Job

Dass ich ihn immer noch mache. So nach 10 Jahren war der Kipppunkt erreicht, dass Frustration und Genervtheit gegenüber Spaßfaktor und Erfüllung überwogen. Die Kollegen bei meinem jetzigen Arbeitgeber mögen einen guten Teil dazu beigetragen haben.

würdet ihr den Job nochmal lernen wenn ihr die Wahl hättet

Im Nachhinein betrachtet, bin ich durch eine Reihe von Fehlentscheidungen in diesen Job reingestolpert. Aber in der damaligen Situation war es eine sehr, sehr gute Entscheidung.

woher wusstet ihr, wie ihr auf tote Menschen, schwere Unfälle/Schicksale oder bestimmte Situationen reagiert?

Ich hatte keine Ahnung. Nach dem ersten Lehrgang saß ich als Praktikant hinten im Rettungswagen, es ging mit Sonderrechten zum ersten Einsatz und ich dachte mir: Was zum Teufel mache ich hier eigentlich gerade?

wie stark sollte ich für den Beruf sein?

Wenn der 150 kg Patient im 3. Stock sitzt und ins Krankenhaus muss, dann muss der irgendwie die Treppe runter. Wenn er bewusstlos auf der Straße liegt, muss er irgendwie auf die Trage rauf. Beides erfordert ein gewisses Maß an Muskelkraft.

Das ist aber durchaus für 60 kg Damen machbar.


LeviundNick 
Beitragsersteller
 24.09.2024, 19:28

Ich habe in Google schon gelesen, habe einfach nur nicht ganz verstanden ob der Notfallsanitäter die Ausbildung und der Rettungssanitäter die Weiterbildung ist oder ob man beides getrennt voneinander lernen kann usw. Ich bin davon ausgegangen ich muss erst die paar Monate Ausbildung zum Rettungssanitäter machen, um überhaupt Notfallsanitäter lernen zu dürfen.

ich bin keine zwar Dame, aber wenn es 60 Kilo Frauen schaffen, bekomm ich das auch hin.

Dankeschön für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen.

RedPanther  25.09.2024, 19:29
@LeviundNick

Nein, RS und NFS sind zwei komplett getrennte Ausbildungen. Es ist nur wichtig zu wissen, dass der RS aufgrund seiner Kürze eben keine anerkannte Berufsausbildung ist. Also man kann damit nicht z.B. eine FH-Reife erreichen.

Man braucht offiziell keinen RS, um den NFS machen zu können. In der Praxis stehen bei den NFS-Ausbildungsstätten genügend Bewerber Schlange, die schon RS sind, die schon eigene Erfahrung im Rettungsdienst haben, die wissen worauf sie sich mit der Ausbildung zum NFS einlassen. Die werden natürlich bevorzugt eingestellt gegenüber Bewerbern, die bis dato noch nie nen Rettungswagen oder nen Notfallpatienten gesehen haben.

Wenn man die Ausbildung zum NFS macht und den RS noch nicht hat, macht man i.d.R. nach einem Ausbildungsjahr mittels einer Zwischenprüfung nebenbei den RS.

Von Experte Rollerfreake bestätigt
wie läuft die Ausbildung ab?

Für den RS:

  • 160 Stunden theoretischer Teil (z.B. an einer DRK Landesschule - "Rettungshelferkurs")
  • 160 Stunden Rettungswachen Praktikum
  • 80 Stunden Klinikpraktikum
  • 120 Stunden Fortbildung

Der NFS ist entsprechend eine Berufsausbildung mit diversen Praxisteilen.

Letztlich (mindestens!)

  • 1920 Stunden theoretischer Teil (z.B. an einer DRK Landesschule)
  • 720 Stunden Klinikpraktikum
  • 1960 Stunden Rettungswachen Praktikum
Was sollte ich können bzw. welche Eigenschaften brauche ich?

Empathie und Lernbereitschaft

Wie ist der Job mit Familie (alleinerziehender Vater eines 2 jährigen) vereinbar?

Schichtsystem. Heißt also ggf. notwendige Kinderbetreuung

Bereut ihr (die die Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter seid) etwas an eurem Job

Mach das nur nebenbei - aber nein

würdet ihr den Job nochmal lernen wenn ihr die Wahl hättet oder sagt ihr „tu das auf keinen Fall“

Ist abwechslungsreich und man erlebt immer etwas Neues. Also kommt eigentlich keine Langeweile auf. Kann natürlich stressig sein, wenn man den ganzen Tag durchfährt. Es gibt aber auch ruhige Tage.

woher wusstet ihr, wie ihr auf tote Menschen, schwere Unfälle/Schicksale oder bestimmte Situationen reagiert? Habe ihr davor Praktikum gemacht um zu sehen ob ihr so Sachen „abkönnt“ oder seid ihr einfach ins kalte Wasser gesprungen und habt den Job gelernt?

Ich war davor schon jahrelang ehrenamtlich im DRK. Wie man in den jeweiligen Situationen reagiert, kommt auf einen selber an. Man muss aber einfach akzeptieren, dass der Tod zum Leben dazugehört und man schlicht und einfach nicht jeden retten kann.

Wenn man natürlich kein Blut, schwere Verletzungen oder Tote sehen kann, wird das natürlich schwierig, da sich das nicht vermeiden lässt.

Was ist der genaue Unterschied zwischen Notfall und Rettungssanitäter?

RS : 520 stündige Weiterbildung. Er assistiert dem NFS auf dem Rettungswagen bzw. ist der Transportführer im Krankentransport.

Notfallsanitäter: 3 jährige Berufsausbildung

wie stark sollte ich für den Beruf sein? Ich gehe 6 mal die Woche ins Gym, 5 mal die Woche Fußballtraining und 4 mal die Woche joggen, bin aber nur 1.72 groß und nicht so schwer (65 Kilo) Bin ich geeignet für so einen Beruf

Normal sportlich reicht völlig. Man ist ja zu zweit und wenn ein Patient wirklich zu schwer ist, kann man immer noch Tragehilfe nachfordern.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungssanitäter und Erste-Hilfe-Ausbilder

LeviundNick 
Beitragsersteller
 24.09.2024, 19:23

Vielen Dank für die ausführliche Antwort