Wann wird die christliche Kirche in Deutschland keine Rolle mehr spielen?

5 Antworten

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Es steht noch sehr viel schlimmer um die Kirchen, als die Statistik zeigt. Geh mal am Sonntag in irgend eine Kirche. Da kannst du sehen, was ich meine. Die allermeisten Christen sind Karteileichen. Die sind aus alter Gewohnheit in der Kirche und trauen sich nicht, den letzten Schritt zu gehen und auszutreten, weil sie damit die Oma oder die eigene Mutter verärgern würden. In Wahrheit sind sehr viel mehr Menschen ungläubig. Die geben den Glauben auch nicht mehr an ihre Kinder weiter. Die interessieren sich nicht mehr für diesen Unsinn. Wer nicht mehr unter Druck gesetzt wird, der muss auch nicht mehr so tun als ob. Wirklich gläubig sind sehr viel weniger als die Statistik zeigt. Warte mal 20 Jahre ab. Da sieht auch die Statistik ganz anders aus. Da werden die Zahlen das abbilden, was man heute nur erahnen kann.


StRiW  22.09.2024, 18:15

Der Glaube und und die Institution Kirche sind zwei gänzlich unterschiedliche Seiten.

Die Kirche ist einfach beliebig, es hat keine Folgen mehr für den Bürger wenn er austritt.

Dürfte er aber nicht mehr am Schützenfest teilnehmen, seine Kinder nicht mehr in Dorfjugend und so weiter wäre es schon anders.

Machma2000  22.09.2024, 21:30

"Geh mal am Sonntag in irgend eine Kirche. Da kannst du sehen, was ich meine. Die allermeisten Christen sind Karteileichen." traf auch schon vor 50 Jahren zu. Allerdings gibt es da schon einen Unterschied, in welcher Gegend "irgend eine Kirche" liegt.

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 18:10

erstaunliche Entwicklung, oder? 1970 wurde vom Statistischen Bundesamt die Zahl von 3,9 % Konfessionslosen in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt

Fuchssprung  22.09.2024, 18:18
@WilliamDeWorde

In der DDR war man schlecht angesehen, wenn man in die Kirche ging. Man hatte keinen einzigen Vorteil dadurch. Deshalb gibt es im Osten sehr viel mehr Atheisten als im Westen. Doch auch im Westen lässt der gesellschaftliche Druck nach. Selbst in Bayern in den Dörfern wird niemand mehr geächtet, wenn er am Sonntag nicht in die Kirche geht. Auch dort sind die Kirchen inzwischen leer.

Die 3,9 % waren schon damals nicht richtig. Schon damals gab es sehr viel mehr Atheisten. Nur haben die sich damals nicht an das Licht der Öffentlichkeit getraut. Die haben alle schön brav ihre Kirchensteuer gezahlt und wurden als Gläubige gezählt.

Du hast von einem Kipppunkt gesprochen. Im Moment ist es wirklich am Kippen. Schon bald sind die Gläubigen in der Minderheit und schon bald werden die es sein, die schief von der Seite angesehen werden, wenn die noch immer ihren Geisterglauben pflegen. Da wird es dann sehr viel schneller gehen, das zu überwinden.

WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 18:25
@Fuchssprung

Noch sind junge Leute von 18 Jahren der Ansicht, dass ohne die katholische Kirche keine soziale Einrichtung, kein Krankenhaus, ja nicht einmal vernünftiger Schulunterricht möglich wäre. Diese Generation ist dermaßen indoktriniert und radikalisiert, dass mir ein Umdenken zu Lebzeiten nicht einmal durch ein Großereignis möglich scheint. Da kann noch so viel Wissenschaft gelehrt werden, in den eigenen Einrichtungen hält man sie im Zaum. Also wird sich der wirkliche Niedergang frühestens mit der Generation Beta vollziehen.

Fuchssprung  22.09.2024, 18:40
@WilliamDeWorde

Das wäre schrecklich. Aber ich glaube nicht daran. Ich denke, dass der Zusammenbruch der Kirchen in Deutschland nicht mehr lange dauern wird.

Was soll "Kipppunkt" sein?

Was soll "keine Rolle mehr" konkret bedeuten?

Als Organisationen sind das Besitzer großer Immobilien, Träger zahlreicher Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheimer usw. Und werden es auch bleiben.

Es sind noch auf lange Sicht Millionen Menschen Kirchenmitglieder. Und in vielen Gebieten außerhalb der Städte und außerhalb der Ex-DDR wird noch lange die überwiegende Zahl der Menschen Kirchenmitglied sein.


Es ist einfach beliebig, erst wenn die Kirchen wieder wichtig werden

Kinder nur in den Kindergarten dürfen wenn diese auch dementsprechend getauft und die Eltern in der Gemeinde aktiv,

Kinder von der Kommunion ausgeschlossen wenn die Eltern nicht aktiv in der Kirche,

Die kirchlichen Träger keine Mitarbeiter mehr einstellen die sich dementsprechend benehmen,

Eltern nicht in kirchliche Pflegeheime können, wenn sie nicht dementsprechend gelebt haben.

Menschen nicht die letzte Ruhe finden wenn nicht aktiv in der Kirche.

Und nein der Staat holt sich nicht die kirchlichen Einrichtungen zurück.

Ansonsten hat sich die Kirche doch schlicht überholt.


WilliamDeWorde 
Beitragsersteller
 22.09.2024, 18:28

Also ist es nur durch Zwang und Druck zusammenzuhalten. Das erinnert mich an die Gemeinschaften der Amish und Herrnhuter Brüdergemeine. Die tun alles, um die Jungen zu isolieren, ziehen sogar in den Dschungel Amazoniens.

StRiW  22.09.2024, 18:51
@WilliamDeWorde

Nee, aber warum sollte für etwas "bezahlen" wenn es alles umsonst gibt.

Die Kirche ist nicht das Christentum. Es ist eine Institution,die oft einfach beliebig ist.

Erst wenn sie wieder exklusiv wird, wird es wieder Mitglieder geben.

Es zahlt doch niemand freiwillig Steuern.

Wenn er aber nicht ins konfessionelle Krankenhaus kann sonder ins nächste städtische Krankenhaus, oder das Kind eben nirgendwo in den Kindergarten oder Grundschule weil das Kind nicht getauft wird die Kirche interessant.

Früher hatte es empfindliche Folgen wenn man nicht in der Kirche war heute ist es egal.

Die Frage ist berechtigt, aber ich sage es mal so: Die Volkskirche ist zwar in ihrer althergebrachten Weise nicht mehr die Zukunft, aber Deutschland wird zwar wie von dir richtig beschrieben ebenso wenig islamisiert oder zu einem säkularen Staat wie etwa Tschechien, wo die Leute kaum einen Bezug zur Kirche und zum Glauben haben. Dafür ist die christliche Tradition zu lang und zu intensiv, dafür sind die "jungen Leute" gerade auf dem Land zu christlich, vielerorts auch zu katholisch und im Herzen zu konservativ. In manchen Regionen mag die christliche Kirche zurückgehen, in der Fläche bleibt Deutschland christlich geprägt.

Meine Erfahrung zum Kirchenaustritt ist, dass viele so was zwar ankündigen, aber niemals vollziehen. Man riskiert geächtet zu werden oder Nachteile zu erhalten, weil man nicht mehr in der Kirche ist (so was spricht sich ja rum), man ist oft "untendurch" und steht in der Schmuddelecke - und das ist den meisten dann doch zu heikel und zu heiß, das wollen sie nicht. Wenn hier signalisiert wird, es sei gesellschaftlich heute nicht mehr nötig, Mitglied einer Kirche zu sein, dann schlussfolgert diese Person ausschließlich aus der Sicht eines urbanen Milieus, das eventuell auch linksgrün ist - aber das ist nicht Deutschland in der Fläche.

https://www.youtube.com/watch?v=3JZsmDs76iY

In Süddeutschland kommt aber noch eine hohe Kirchenhörigkeit dazu, die teilweise auch in Richtung Bigotterie geht mit kleingeistiger Spießigkeit, die sich vor allem auf den kleinen Landgemeinden zeigen kann mit teils einfältigster Frömmigkeit - "die Kirrrrch" steht über allem. Ich weiß etwa von Familien, deren Kinder sonntags zweimal zum Beten in die Kirche rennen müssen mit dem Gesangbuch und wo der Familienvater den Nachbarn züchtigt und beschimpft, weil er seinen Kindern die Wahl freistellt bzw. nicht so fromm ist und es lässiger sieht. Und das ist so selten nicht; diese Familie ist mehr die Spitze des Eisbergs. Man kann in dieser Diaspora etwa drauf gefasst sein, dass man, wenn man z.B. die allgegenwärtigen Missbrauchsskandale anspricht rosenkranzartige Antworten bekommen wird wie ... das ist gelogen, ein Geistlicher geht keine Kinder an und das würde er auch nie machen, weil er doch den lieben Herrgott hat. Alles, was in diesem Raum gegen die kath. Kirche geht ist faktisch Majestätsbeleidigung und wer aus der kath. Kirche austritt kann sich drauf gefasst machen, gesellschaftlich fortan untendurch zu sein. Bei evangelischen Christen ist das nicht besser, die tun zwar nach außen hin weltoffener, sind aber oft noch verknöcherter und humorloser als Katholiken.

In meinem Bekanntenkreis haben das nur zwei Menschen wirklich gemacht, die in jeder Hinsicht kompromisslos (aber auch sehr sympathisch) sind und generell ihre festen Prinzipien haben. Alle anderen haben nur geredet - und es waren nicht wenige, die geharnischte Reden dazu gehalten haben, dass sie austreten und bald aufs Pfarramt gehen und das anleiern und überhaupt. Es sind zudem immer die Gleichen, die große Reden schwingen.

https://www.youtube.com/watch?v=gIuf3Bcf7ZA

Ich denke wie gesagt nicht, dass unsere Generation das noch erlebt, dass die christliche oder auch kath. Kirche in Deutschland keine Rolle mehr spielt, aber darüber hinaus kann und möchte ich keine Prognosen abgeben - nur in dem Sinne, dass die christliche Kirche nicht aus Deutschland verschwinden wird.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

In meiner Region spielte die traditionelle Kirche schon seit 20 Jahren keine große Rolle mehr.

Es gewinnen aber die neuapostolischen Kirchen hier immer mehr an Beliebtheit.