Rettungsdienst: In die Psychiatrie laut PsychKG und/oder BGB?

2 Antworten

Von Experte Rollerfreake bestätigt

Die Unterbringung nach BGB funktioniert wie folgt: ein Mensch wird aufgrund der Tatsache, dass er sie selbst nicht adäquat für sein Leben sorgen kann (meist basiert das auf einer gesundheitlichen Problematik, muss aber nicht unbedingt) ein Betreuer zugeordnet. Dieser entscheidet die meisten Dinge im Leben des Betreuten. Besteht trotz der Betreuung in einer normalen Wohnung eine erheblich Gefahr für die Person, so kann der Betreuer beim Betreuungsgericht einen entsprechenden Antrag stellen, dass die Person untergebracht wird. Der zugrunde liegende Paragraph ist 1906 BGB. Diese Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung erfolgt so, dass die Person sich selber nicht mehr schaden kann, angemessen betreut ist, sie muss regelmäßig vom Betreuer und dem Gericht gesehen und überprüft werden, ob diese Maßnahme noch erforderlich ist, kann aber prinzipiell unbegrenzt andauernd. Ganz typisch ist das bei Menschen, die eine schwere Schizophrenie haben und schlichtweg einfach nicht in dieser Welt leben, damit möglicherweise eine Gefahr für sich und andere darstellen oder zumindest ihn nicht menschenwürdigen Umständen leben (z.B zwischen Fäkalien oder ähnliches. Damit dient eine Unterbringung nach BGB wenn man so will einem langfristigen Schutz eines Menschen und in gewisser Weise, sollte er sehr aggressiv sein, natürlich auch dem Schutz der Gesellschaft.

Die Unterbringung nach PsychKG erfolgt immer aufgrund einer akuten Eigen- oder Fremdgefährdung des Patienten und dient dem unmittelbaren Schutz des Patienten selbst und seiner Umgebung. Typisch sind hier Suizidhandlungen auf Basis von psychischen Erkrankungen, wie schweren Depressionen, aber natürlich auch fremdaggressive Verhaltensweisen bedingt durch psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel den Schub einer ansonsten gut behandelten paranoiden Schizophrenie. Jemand, der einfach jemanden töten möchte, weil er dazu Lust hat, ist zwar auch eine Fremdgefahr, würde aber nicht nach PsychKG in eine Psychiatrie eingewiesen, da keine Krankheit zugrunde liegt, sondern er einfach ein Mörder ist. Als solcher würde er in eine Zelle gehen. Um eine Einweisung nach PsychKG durchzuführen sind bestimmte Regularien notwendig, die jeweils im Landesrecht verankert sind. In der Regel muss es ein ärztliches Gutachten geben, dass die aktuelle Situation auf eine psychische Erkrankung zurückzuführen ist, es muss die Diagnose enthalten, dass eine akute Fremd-oder Eigengefährdung vorliegt und es muss ein Ermächtigter des jeweiligen Landkreises den Amtsakt durchführen, sprich das amtlich Dokument in Stellvertretung eines Richters unterzeichnen, das freiheitsentziehende Maßnahmen anordnet. Zu guter Letzt müssen diese Maßnahmen von Vollzugsbeamten, in der Regel also Polizei oder speziell ermächtigten Feuerwehr- oder Rettungsdienstmitarbeitern durchgeführt werden. Der Patient wird dann in eine Psychiatrie gebracht und akut behandelt. Nach relativ kurzer Zeit muss seine Unterbringung entweder von einem Richter bestätigt werden oder er muss freigelassen werden, dies geschieht jeweils nach herzlichen Gutachten der Psychiater. In der Regel ist ein Unterbringung nach PsychKG zeitlich begrenzt, bis der Patient wieder soweit ist, dass er in die Freiheit entlassen werden kann. Sollte sich herausstellen, das eine solche Wiederherstellung nicht möglich ist und der Patient für sich oder andere dauerhaft eine Gefahr darstellt könnte man eine Unterbringung nach BGB anschließend.

Wenn du so willst ist der große Unterschied zwischen den beiden Unterbringungsverfahren, dass eine Unterbringung nach Betreuungsrecht dauerhaft angelegt ist und nicht mehr das Ziel hat, dem Patienten soweit zu helfen, dass er als geheilt ein normales Leben führen kann. Man wird natürlich versuchen, ein so normales Leben wie irgend möglich zu erreichen, in der Regel ist eine Entlassung in die Selbstverantwortung aber nicht vorgesehen. Dieses Verfahren betrifft also Menschen, bei denen nicht davon auszugehen ist, dass sie jemals ansatzweise für sich selbst sorgen könnten. Die Unterbringung nach Psych kG hat das Ziel, eine akute psychische Erkrankung zu behandeln und den Patienten in stabilen Verhältnissen wieder in ein normales Leben in Freiheit zu entlassen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Anästhesist und Notfallmediziner

AurelianK 
Beitragsersteller
 12.09.2024, 22:03

Wann darf man denjenigen fixieren: wenn er nach BGB oder PsychKG in die Psychiatrie gefahren wird? Ist ja eigentlich eine Freiheitsberaubung, oder nicht?

AurelianK 
Beitragsersteller
 12.09.2024, 22:20
@AurelianK

Und woher weiß man, wenn jemand sagt "Den bringe ich jetzt um!", dass dieser keine psychische Erkrankung hat? Kommen die alle erstmal in die Zelle bis zur Klärung der Person inklusive seiner eventuellen psy. Erkrankung?

DorktorNoth  13.09.2024, 07:52
@AurelianK

Ja, die ganze Unterbringung ist ein Freiheitsentzug. Meines Wissens ist da Fixierung durchaus möglich, das ist aber ein Detail, bei dem ich nicht ganz sicher bin was die Unterbringung nach BGB angeht. Bei PsychKG geht das zur Gefahrenabwehr auf jeden Fall, auch mit Zwangsmedikation

DorktorNoth  13.09.2024, 07:54
@AurelianK

Naja, die eingesetzten Kräfte haben schon ein Auge drauf, ob denen was komisch vorkommt. Dann wird primär ein Verfahrwn nach PsychKG eingeleitet. Stellt der Arzt vor Ort eine ganz normale und nicht krankhafte Prrsönlichkeitsstruktur fest, wird eben kein PschKG eingeleitet und der Betroffene geht in die Zelle. Aber meistens ja, wenn jemand nicht offensichtlich psychotisch am rumtoben ist, geht er meistens erst mal zur Polizei

Keine Ahnung, ich kenne den Unterschied ehrlich gesagt selber nicht. Ich weiß nur, dass ersteres Landesgesetze sind, also das jedes Bundesland ein eigenes Gesetz dazu erlassen hat und sie deswegen in den verschiedenen Bundesländern auch anders heißen und dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geltendes Bundesrecht ist. Bundesrecht, bricht nach Artikel 31 des Grundgesetzes (GG) für die Bundesrepublik Deutschland (BRD) Landesrecht, steht also darüber. Generell ist es so, dass Zwangseinweisungen in Begleitung der Polizei stattfinden, da diese in einem solchen Fall den Zwang anwendet und diese muss dann natürlich auch wissen, auf welcher Rechtsgrundlage sie dabei handelt.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.