Kennzeichenmissbrauch?
Hallo,
der Gesetzestext für §22 StVG ist ja ziemlich eindeutig. Mir erschließt sich nur die Nummer 2 im ersten Absatz nicht, bzw. fällt mir kein Beispiel ein, bei dem Nummer 2 zutrifft und nicht hinter der Urkundenfälschung (§267 StGB) zurücktritt.
Hier nochmal der Gesetzestext:
§ 22 Kennzeichenmissbrauch
(1) Wer in rechtswidriger Absicht
1. ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger, für die ein amtliches Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen versieht, das geeignet ist, den Anschein amtlicher Kennzeichnung hervorzurufen,
2. ein Kraftfahrzeug oder einen Kraftfahrzeuganhänger mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht,
3. das an einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger angebrachte amtliche Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder sonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt,
wird, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von einem Kraftfahrzeug oder einem Kraftfahrzeuganhänger Gebrauch machen, von denen sie wissen, dass die Kennzeichnung in der in Absatz 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.
https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__22.html
Vielleicht kann mir ja einer ein Beispiel nennen!
2 Antworten
Eine Klassifizierung dieser Straftat ist jedoch stets von den individuellen Rahmenumständen abhängig zu machen. Die Urkundenfälschung wird erheblich härter betraft als der Missbrauch des Kennzeichens. Im Zusammenhang mit dem Kennzeichenmissbrauch und der Urkundenfälschung gilt jedoch ausdrücklich das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Dies bedeutet, dass die Urkundenfälschung vorrangig gegenüber dem Kennzeichenmissbrauch behandelt wird. Wurde das Kennzeichen gestohlen, wird darüberhinaus auch noch der Diebstahl gewertet.
Kommt es auch auf den dolus (Tatvorsatz) an: "Wer in rechtswidriger Absicht"
Der § 22 Abs. 1 StVG setzt für die Strafbarkeit dieses Verhaltens die bewusst rechtswidrige Absicht des Täters voraus.
Bereits das Entfernen eines Kennzeichens eröffnet den Tatbestand.
Urkundenfälschung kommt hingegen bei Versicherungskennzeichen nicht in Betracht, da es sich nicht um ein hoheitliches, durch den Staat ausgegebenes Kennzeichen handelt.
Von § 22 Abs. 1 Nr. 2 werden die Fälle erfasst, in denen der Täter das (amtliche) Kennzeichen gegen ein anderes nicht-amtliches Kennzeichen austauscht. Dadurch wird zumindest der Anschein korrekter Kennzeichnung erweckt. Das fehlende Siegel der Zulassungsstelle ist häufig auf den ersten Blick nicht erkennbar. Wer dagegen ein von der Zulassungsbehörde fehlerhaft abgestempeltes Kennzeichen (zB Zahlendreher) benutzt, verstößt damit nicht gegen § 22. Urkundenfälschung scheidet aus, weil nicht über den Aussteller getäuscht wird. Das Anbringen eines weiteren Kennzeichens neben dem amtlich zugeteilten kann ebenfalls unter diese Alternative – und uU auch unter Nr. 3 – fallen. Wird ein verlorengegangenes amtliches Kennzeichen durch ein gleichlautendes nicht-amtliches ersetzt, fällt dies unter § 22 Abs. 1 Nr. 2.
Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht
3. Auflage 2021
Manchmal braucht man einen Kommentar ;)
Das gilt für Auto + Hänger, an das Du ein geklautes Kennzeichen anschraubst. "mit einer anderen als der amtlich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung"
Ja genau. Da hast du Recht. Soweit habe ich es verstanden. Aber das wäre ja wieder genau der Fall, der hinter der Urkundenfälschung zurücktreten würde.
Denn das geklaute Kennzeichen ist ja für ein anderes Fahrzeug ausgegeben und das bildet mit dem gestohlenen Kennzeichen ja eben eine zusammengesetzte Urkunde, die verfälscht wird, wenn das Kennzeichen an einem anderen zugelassenen Fahrzeug angebracht wird.
Naja, es ist ja so im §22 StVG geschrieben. Dass die Tat nicht durch eine andere mit höherer Strafandrohung bedroht sein darf. Sonst tritt es eben zurück. Wäre das nicht der Fall, würde 22 vielleicht auch nicht zurücktreten, sondern parallel vorliegen.
Nein eben auch nicht. Ich nehme die Urkundenfälschung in 267 StGB. Also mein ganz anderer Paragraph.
Aber trotzdem danke für deine Antwort
Aber das ist ja immernoch kein Beispiel für die Nummer 2.
Trotzdem Danke für die Antwort