Ich will mit calisthenics Training beginnen aber brauche ein gutes Video für beginner dafür?

1 Antwort

Es gibt verschiedene Videos (meist englischsprachig) mit sogenannten "Tier Lists", die von Anfänger bis "God-Mode" gestaffelt sind. Das Empfinden was leicht oder anfängertauglich ist, unterscheidet sich allerdings manchmal ein wenig. Trotzdem oder genau deswegen macht es Sinn, sich mal mehrere solcher Videos mal anzusehen.

Wenn du dir deinen ersten Trainingsplan zusammenstellst, solltest du gucken, dass du alle Muskeln abgedeckt hast. Der Grund ist, dass ansonsten eine muskuläre Dysbalance droht. Muskeln können nur kontrahieren und werden von ihrem Gegenspieler wieder auseinandergezogen. Ist ein Muskel irgendwann zu stark, dann kann ihn der Gegenspieler nur noch mit Mühe auseinanderziehen und ist dauerhaft angespannt (das spürst du dann als das, was man landläufig Verspannung nennt und wo viele den Fehler machen, den verspannten Muskel zu dehnen statt zu trainieren, was die Sache nur verschlimmert) oder schafft es nicht mehr, was zu Fehlhaltungen führt.

Die andere Sache ist, im Calisthenics gibt es sogenannte Progressionen. Eine Übung, die dir derzeit noch unmöglich erscheint, kannst du in einer vereinfachten Ausführung trotzdem machen, bis du sie irgendwann ohne Hilfsmittel und ohne Vereinfachung in voller Pracht kannst. Und wenn du sie kannst, kannst du sie sogar noch zu schwerer variieren. Zum Beispiel bei meiner Lieblingsübung für den Bauch (viel effektiver, als Crunches), die Dragon Flag, bei der du auf dem Rücken liegst, dich überkopf irgendwo dran festhältst und dann in eine Kerze gehst und (in der finalen Variante) komplett gestreckt den Körper absenkst und kurz vor dem Boden noch mal festhältst. Die meisten Anfänger sollten sie "Tucked", also mit herangezogenen Beinen, schon hinbekommen, dann kommt die "One-Legged" Variante mit einem Bein stark rangezogen oder in einem Passé (also Fuß am Knie) und dann mit gestreckten Beinen. Oder Klimmzüge, wenn du die noch nicht hinbekommst, machst du Dead-Hangs, Active-Hangs, Australian Pull-Ups (eigentlich eine Übung für sich, da sie stärker auf den Rücken geht, aber auch als Klimmzug-Progression zu gebrauchen), negative Klimmzüge (reinspringen und dann halten, langsam kontrolliert ablassen), unterstützte Klimmzüge (mit Resistance-Band) und dann final normale Klimmzüge. Und wenn die dich nicht mehr fordern, sogar noch schwerere Varianten wie Archer Pull-Ups (du ziehst abwechselnd dem Kopf zur linken oder zur rechten Hand) und einarmige Klimmzüge.

Ein gutes Anfangs-Set wäre erst mal

  • Liegestütze
  • Dips, ggf. unterstützt
  • Klimmzüge (Obergriff, also Handflächen von dir weg zeigend, Handrücken zu dir hin - denn diese Griffvariante trainiert auch den eher unterentwickelten Brachioradials stärker und ist Grund-Griff, wenn du z.B. auch Felsklettern machst, beim Parkour oder Ninja Warrior über die Kante einer Mauer/der Warped Wall willst oder auch im Calisthenics, wenn du den Klimmzug in den Muscle-Up fortführen willst)
  • Australian Pull-Ups (Ruderzüge/Klimmzüge im Schräghang)
  • Cossack Squats
  • Normale Kniebeugen (Squats)
  • Hamstring Slides
  • Dragon Flag oder L-Sit
  • Superman
  • Plank

Und zwar auch in der Reihenfolge. Die ersten beiden sind Push, die nächsten beiden Pull, dann drei Bein-Übungen und drei Rumpf-Übungen. So kannst du, wenn du eigentlich alle Übungen machen willst, aber unterwegs merkst, dir geht die Energie aus, nach einer logischen Einheit (z.B. den 2+2 Push/Pull-Übungen) sagen, "ich mache morgen weiter" und die anderen Muskeln sind am nächsten Tag noch frisch. Außerdem kommt Rumpf als letztes, da er bei den anderen Übungen (auch Klimmzüge und Co) mit arbeitet und es sehr ungünstig wäre, ihn gleich zu Anfang zu schwächen.

Diese Übungen gehen nicht ganz ohne Hilfsmittel, weil du für die Pull-Übungen natürlich was zum hochziehen brauchst und zwar auf unterschiedlichen Ebenen (eine Klimmzugstange sollte hoch sein, eine Stange für die Australian Pull-Ups muss natürlich niedriger hängen, damit du dich in die Schräge reinhängen kannst. Wenn du einen Trainingspark in der Nähe hast, findest du das alles üblicherweise in einem solchen, wenn du zuhause trainierst, machen Turnringe oder ein Schlingentrainer Sinn. Die machen zwar die Übungen anspruchsvoller, weil sie im Gegensatz zu einer horizontalen Stange nicht fest sind, aber du kannst sie unterschiedlich hoch aufhängen, was dir sowohl Klimmzüge wie auch Australian Pull-Ups ermöglicht.

Und wenn die Basics sitzen, geht es an die spektakuläreren Skills, die dann schon etwas turnerischer aussehen, wie den Muscle Up, Front Lever, Back Lever und bis zum God Level die Human Flag. Aber wie gesagt, wenn du da auf die Tier Lists guckst, wirst du teilweise schon bei Anfänger Übungen drin stehen, wo du dich fragst "wie soll das gehen?", also halte dich erst mal an die oben genannten Basics, aber spätestens bei den fortgeschrittenen Skills wird es sehr durchmischt. Aber das kann auch aus vergangenen Sportarten her rühren, wer schon mal für Ninja Warrior und dessen Disziplin Salmon Ladder trainiert oder Crossfit gemacht hat, findet vielleicht den Muscle-Up leichter (wobei Crossfitter ja dabei mit Mogel-Klimmzügen mit Schwung, den Kipping-Pullups arbeiten), wer einen Pole Dance Hintergrund hat, kommt vielleicht deutlich schneller in die Human Flag (die es auch im Pole Dance gibt, wie auch diverse andere Figuren, die diese absurde Griffposition haben und so schon mal die Arme konditionieren) und wer aus dem Geräteturnen, insbesondere Reck und Ringe, kommt, kann den Front Lever und und Back Lever sowieso schon.

Wie die Übungen aussehen? Guck die einzelnen Übungen bei Youtube nach. Besonders empfehlenswerte Kanäle finde ich im deutschsprachigen Raum die Kanäle von Robin Stoltze und Dennis Schwarz sowie Danube Calisthenics und (wie der Name vermuten lässt, recht stark fokussiert auf Übungen an den Turnringen) Die Ringe, sowie im englischsprachigen Gymnastics Method.