Ich verstehe den Satz nicht / Wirtschaft/Geld?

4 Antworten

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Zentralbank ist hier ein anderer Begriff für Staat. Da wir eine Währungsunion sind und keine nationale Währung mehr haben, kann Deutschland nicht selbst Geld "drucken" sondern muss das über die EZB veranlassen.

Es gibt die antizyklische Finanzpolitik. Wenn es bei den privaten Haushalten und Unternehmen aus eigener Kraft an Konsum- und Investitionskraft fehlt und sich aus diesem Teufelskreislauf eine Rezension bildet (weniger Konsum -> weniger Produktion -> höhere Arbeitslosigkeit -> noch weniger Konsum -> noch weniger Produktion -> noch höhere Arbeitslosigkeit. Der Cashflow nimmt ab, Kaufkraft nimmt ab, Steuereinnahmen sinken. Irgendwann steht die Deflaltion vor der Tür), kann der Staat antizyklisch agieren und als Konsument und Investor auftreten. Der Staat kann sich in Zeiten einer Rezension also hinstellen und beispielsweise die Großoffensive "Elektromobilität" starten, einen 15-Jahresplan für verschiedene Infrastrukturprojekte aufstellen und Investitionsmittel für 15 Jahre garantieren. Das führt dann zu einem Boom, der Investoren und Arbeitgeber anlockt, es werden wieder mehr Menschen angestellt und die Geldbörsen liegen in Sachen höherer Gehälter etwas lockerer. Dadurch gibt es weniger Arbeitlose und zeitgleich mehr Gehalt, was sich wieder positiv auf die Konsumkäufe auswirkt. Für jeden investierten Euro des Staates folgen im Durchschnitt 9 Euro aus privaten Kassen.

Zinsen sind von allem abgekapselt. Die Zentralbanken entscheiden, unabhängig von allen anderen Faktoren, wie hoch sie ihren Zins festlegen. Die Geldmenge an sich hat überhaupt keine Auswirkung auf irgendwas. Der Zins soll Inflation/Deflation verhindern. Inflation ensteht dann, wenn Privathaushalte in der Masse mit zu viel Kaufkraft ausgestattet sind. Da brauchen wir uns jedoch keine großen Sorgen machen, da über 30% unserer Gesellschaft sich um die Armutsgrenze befinden. Es gibt auch einen Grund, warum Deutschland seit der Einführung des Euro die Zielinflation von 2% immer deutlich unterschritten hat.

Geld drucken bedeutet nichts anderes, als Schulden zu machen.

Die Privathaushalte kriegen indirekt mehr Geld, weil Investitionen (durch günstigere Kredite) häufig auch mit zusätzlicher Beschäftigung einhergehen. Kurzfristig sinkt die Arbeitslosigkeit bei sinkenden Zinsen bzw. bei Geldmengenvermehrung. Dadurch haben die Haushalte mehr Einkommen, das sie für zusätzlichen Konsum ausgeben. Ausserdem wird Sparen durch niedrige Zinsen unattraktiv, was wiederum zu mehr Konsum führt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

In gewisser Weise tun sie das.

Wenn mehr Geld da ist, dann wird es billiger = Zinsen fallen. Bei niedrigeren Zinsen können sich mehr Menschen Kredite leisten und geben mehr aus.


FinisTerrae  24.09.2024, 19:22

Nein, der Zins ist ein Steuerungsinstrument im völligen Eigenermessen der Banken. Es gibt keine Automatismen, die den Zins steuern. Vor allem hat der Zins rein gar nichts mit der Geldmenge zu tun. Der Zins ist nicht der Wert des Geldes. Erste Stunde Volkswirtschaftslehre.

Mauritan  24.09.2024, 19:25
@FinisTerrae

Damit hast Du theoretisch recht, praktisch nicht.

Denn der Zins ist der Preis des Geldes. Und dieser Preis richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Die Geldmenge ist das Angebot. Steigt es, so sinkt der Preis und damit der Zins.

Das lernst Du erst in der zweiten Stunde Volkswirtschaft.

FXG36  24.09.2024, 19:35
@FinisTerrae
Nein, der Zins ist ein Steuerungsinstrument im völligen Eigenermessen der Banken.

Der Marktzins, ja. Der korreliert jedoch stark mit dem Leitzins, der lediglich durch Zentralbanken festgelegt wird. Die Geschäftsbanken haben insofern nur einen kleinen Ermessensspielraum, welchen Zins sie beim Kreditor ansetzen.

Vor allem hat der Zins rein gar nichts mit der Geldmenge zu tun.

Doch hat er. Umso niedriger der Preis für Geld (Zins), desto mehr Menschen fragen Geld nach und nehmen Kredite auf. Das führt dazu, dass die Geschäftsbanken mehr Giralgeld erschaffen. Wenn z.B. die EZB oder die amerikanische FED bei ihren FOMC-Sitzungen beschließt, den Leitzins zu senken, dann tun sie das, um Investitionen zu fördern und die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn der Geldumlauf dann auch noch hoch, der Produktionsoutput niedrig und die Geldmengenaufstockung über weitere Offenmarktgeschäfte sehr expansiv ist, hat dies auch unmittelbaren Einfluss auf die Inflationsrate (siehe Corona/Ukraine).

 Erste Stunde Volkswirtschaftslehre.

Hätte ich mich dran erinnert.

FXG36  24.09.2024, 19:41
@FXG36

*ich meine natürlich Debitor. Schande auf mein Haupt.

FinisTerrae  24.09.2024, 20:32
@FXG36
Der Marktzins, ja. Der korreliert jedoch stark mit dem Leitzins, der lediglich durch Zentralbanken festgelegt wird. Die Geschäftsbanken haben insofern nur einen kleinen Ermessensspielraum, welchen Zins sie beim Kreditor ansetzen

Mit Banken habe ich die Zentralbanken gemeint (mehrzahl, weil weltweit gemeint). Schande über mein Haupt.

Doch hat er. Umso niedriger der Preis für Geld (Zins), desto mehr Menschen fragen Geld nach und nehmen Kredite auf. Das führt dazu, dass die Geschäftsbanken mehr Giralgeld erschaffen. Wenn z.B. die EZB oder die amerikanische FED bei ihren FOMC-Sitzungen beschließt, den Leitzins zu senken, dann tun sie das, um Investitionen zu fördern und die Wirtschaft anzukurbeln. Wenn der Geldumlauf dann auch noch hoch, der Produktionsoutput niedrig und die Geldmengenaufstockung über weitere Offenmarktgeschäfte sehr expansiv ist, hat dies auch unmittelbaren Einfluss auf die Inflationsrate (siehe Corona/Ukraine).

Grundsätzlich korrekt. Dennoch spiegelt der Zins nicht den Wert des Geldes wieder. Es ist zwischen der Gesamtgeldmenge und die kaufkraftrelevante Geldmenge einer Volkswirtschaft zu unterscheiden.

Die Gesamtgeldmenge und dessen Geldumlauf haben keinen relevanten makro- und/oder mikroökonomischen Einfluss auf irgendwas, weder auf den Zins, noch auf Inflation bzw. Deflation und auch nicht auf den Wechselkurs.

Von Relevanz ist lediglich die Geldmenge, die den privaten Haushalten für Konsum und/oder Investition zur Verfügung steht. Diese Geldmenge ist ungleich kleiner als die Gesamtgeldmenge. Der Zins steuert diese Geldmenge. Möchte man den Konsum anregen, so kann das Absenken des Zinses eine Möglichkeit sein, private Haushalte den Zugang zu Krediten zu erleichtern. Kreditkosten werden im Allgemeinen bei den privaten Haushalten als "Preis" wahrgenommen. "Preis" ist hier per Definition jedoch der falsche Ausdruck, da hier keine Marktpreisbildung stattfindet. Die Zinshöhe wird künstlich festgelegt und ggf. nachkorrigiert, je nachdem welches Ergebnis die Zentralbank anstrebt. Der Zins ist das einzige Instrument, welches die EZB nutzen darf, um für Währungsstabilität zu sorgen.

FXG36  24.09.2024, 21:12
@FinisTerrae
Dennoch spiegelt der Zins nicht den Wert des Geldes wieder.

Stimmt, habe ich auch nicht gesagt. Zins kann als "Preis" für Geld definiert werden, was erbsenzählerisch nicht unbedingt dasselbe wie "Wert" ist.

Die Gesamtgeldmenge und dessen Geldumlauf haben keinen relevanten makro- und/oder mikroökonomischen Einfluss auf irgendwas

Manche Ökonomen sind der Ansicht, dass die Quantitätstheorie keine Bedeutung (mehr) hat. Dies ist aber nur eine kleine Gruppe.

Korrekt ist definitiv: Die reine Geldmenge eignet sich insb. in sehr komplexen Systemen nicht gut als Frühindikator für Inflation. Dennoch haben größere Ausgaben nach wie vor Einfluss auf die Inflationsrate, insb. wenn das Wirtschaftswachstum stagniert. Man sieht das sehr gut an der M2-Geldmenge 2021/2022, der Inflationsrate im Jahr 2022 und den quantitativen Straffungsmaßnahmen 2023/2024.

Beispiel: Wenn ich einen geschlossenen Wirtschaftskreislauf mit 10 Akteuren, 100 Äpfeln und 100 Geldeinheiten habe - und 10 Millionen Geldeinheiten im Zusammenhang mit einer hohen Transaktionsdichte in Umlauf bringe, steigt auf keinen Fall der Wert eines Apfels? :)

Am Ende bleibe ich bei Friedman's "Money matters".

Von Relevanz ist lediglich die Geldmenge, die den privaten Haushalten für Konsum und/oder Investition zur Verfügung steht. Diese Geldmenge ist ungleich kleiner als die Gesamtgeldmenge.

Auch die Investitionstätigkeiten der Unternehmen sowie des Staates in die Realwirtschaft spielen natürlich eine Rolle. Es ist keineswegs nur auf die Privathaushalte zu münzen. Relevant ist jenes Geld, mit dem Transaktionen durchgeführt werden. Das Geld, was lediglich "jahrelang unter dem Kopfkissen" liegt, oder auch die Mindestreserven der Geschäftsbanken, spielen hier eine untergeordnete Rolle.

Die Umlaufgeschwindigkeit war in den letzten Jahrzehnten jedoch im Allgemeinen niedrig und rückläufig, weshalb die berühmte Transaktionsgleichung tatsächlich an Bedeutung verloren hat (siehe oben).

Möchte man den Konsum anregen, so kann das Absenken des Zinses eine Möglichkeit sein, private Haushalte den Zugang zu Krediten zu erleichtern.

Staaten und Unternehmen haben hier jedoch mehr Gewicht. Sie nehmen im Verhältnis (normalerweise) viel mehr Kredite auf als die Haushalte.

"Preis" ist hier per Definition jedoch der falsche Ausdruck, da hier keine Marktpreisbildung stattfindet.

Da gebe ich dir in gewisser Weise recht. Es stimmt das der Leitzins nicht auf einem freien Markt gebildet wird, sondern staatlich festgelegt wird. Marktzinsen werden jedoch in einem Korridor relativ frei verhandelt. Bsp. werden im KFZ-Leasing deutlich höhere Zinsen abgerufen, die kaum bis gar nicht mit dem Leitzins zusammenhängen.

"Zins = Preis für Geld" ist eine allgemein anerkannte, wenngleich auch (zu) kurze Definition des Konzepts.

FinisTerrae  24.09.2024, 22:33
@FXG36
Staaten und Unternehmen haben hier jedoch mehr Gewicht. Sie nehmen im Verhältnis (normalerweise) viel mehr Kredite auf als die Haushalte.

Das ist korrekt, jedoch bezog sich meine Aussage auf Konsum. Staaten und Unternehmen nehmen Kredite fast ausschließlich für Investitionen auf, der private Haushalt fast ausschließlich für Konsum. Auch wenn die Konsumkredite in der Geldmenge deutlich geringer sind, so ist das Gewicht nicht ungleich geringer. Das Ziel von staatlichen und betrieblichen Investitionen resultiert direkt oder indirekt letztendlich immer in der Produktion von Konsumgütern, entsprechend müssen die Endverbraucher auch mit der notwendigen Kaufkraft ausgestattet werden, um diese Produkte einzukaufen.

Von Relevanz ist lediglich die Geldmenge, die den privaten Haushalten für Konsum und/oder Investition zur Verfügung steht.

Die den Unternehmen zur Verfügung stehenden Geldmengen haben einen anderen und weniger direkten Einfluss auf die Preisstabilität. Ein zu hohes Kaufkraftniveau in der breiten Bevölkerung in Kombination mit einem niedrigen Leitzins ist der relevanteste Faktor bei der Inflation. Das ist dann der sogenannte Boom. Hier ist eigentlich immer die erste Maßnahme die Zinserhöhung, um "Konsumgeld" aus dem System zu nehmen und private Haushalte zum investieren zu bewegen.

Die Geldmengen die für Investitionen zur Verfügung stehen (Vermögen, Unternehmensgewinne) haben deutlich weniger starke Auswirkungen, die eine Zinsentscheidung beeinflussen würden. Hier können auch deutlich leichtere Maßnahmen ergriffen werden, die zum Investieren motivieren.

Von Experte Mauritan bestätigt

Die Geldmengenerhöhung führt zu einem niedrigeren Zinssatz, der sich wiederum positiv auf die Investitionen auswirkt. Bei einem niedrigeren Zinssatz sind die Unternehmen schneller bereit, Investitionen zu tätigen. Beispielsweise können die Unternehmen bei mangelnder Liquidität zinsgünstigere Kredite aufnehmen, um ihre Investitionen zu finanzieren. Die Unternehmen sind fähig mehr zu produzieren. Die Mehrproduktion führt zu einem Einkommensanstieg, so dass die Individuen ihren Konsum steigern.

Quelle:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nominales_Geldmengenwachstum

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – verfüge über 50 J. Berufserfahrung

FinisTerrae  24.09.2024, 20:47
Die Geldmengenerhöhung führt zu einem niedrigeren Zinssatz, der sich wiederum positiv auf die Investitionen auswirkt

Ich würde den Satz wie folgt korrigieren:

Ein niedriger Zinssatz für zu einer kaufkraftrelevanten Geldmengenerhöhung, die sich wiederum positiv auf die Investitionen auswirkt.

korrekt - Geldmenge hoch weil Zinssatz niedrg

falsch - Zinssatz niedrig weil Geldmenge hoch