Gedankenexperiment: "Ich hätte damals die Nazis niemals unterstüzt!" Wie sieht es bei AfD Wählern aus?

Hoegaard  04.09.2024, 13:40

Anfällig für Sündenböcken? Was meinst du damit?

NBGcool 
Beitragsersteller
 04.09.2024, 13:45

Komplexe wirtschafltiche Zusammenhänge die für eine Krise sorgen? Nein, die Ausländer sind Schuld/Die Juden sind Schuld an der aktuellen Situatiom

4 Antworten

 "Ich hätte damals die Nazis niemals unterstüzt!"

Wer diese Aussage macht, wird sich in den meisten Fällen tatsächlich keine tiefergehenden Gedanken darüber gemacht haben. Klar würde heute so gut wie keiner eine Partei wählen die sich offen als Nazis darstellt. Aber zu der Zeit war die Situation ganz anders. Die NSDAP ist ja an die macht gekommen, weil sie offenbar gewählt wurden. Sind somit die Mehrheit der deutschen bereits vor der Regierungszeit der NSDAP Nazis gewesen? Natürlich nicht. Und auch danach waren die Meisten sehr wahrscheinlich nur unbewusste Mitläufer. Das ganze System wurde ja Stück für Stück aufgebaut und war nicht auf einmal dar. Ähnlich wie heute sind halt ein Teil der Menschen einfach der vermeintlich populären Mehrheitsmeinung/-einstellung gefolgt.

Ich bin ehrlich, ich hätte damals vermutlich die NSDAP gewählt. Natürlich heute, zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht. Und diesen Unterschied sollten sich vielleicht mal einige Menschen vor Augen führen.

So, und würde ich heute die AfD wählen? --> Deutlich NEIN.

Nicht weil Andere diese mit den Nazis vergleichen und irrational für undemokratisch halten. Ich wähle keine Partei die sich nicht öffentlich von den Ideologiegetrieben Mitgliedern distanziert. Deshalb wähle ich auch nicht die Linken oder die Grünen.

Eine Ideologie getriebene Regierung entscheidet sich nicht für die beste Option, sondern immer für die ihrer Ideologie entsprechende.

Immerhin ist ein Großteil von denen Anfällig für Populismus, einfache Lösungen für komplexe Probleme und Sündenböcken.

Dies beschreibt Attribute die sich nicht nur auf die AfD oder deren Wähler beschränken lassen. Genau solche Gedanken "einer ist definitiv der Böse" während die anderen die Guten sind sollte und doch alle irgendwie daran erinnern, wie während des Nationalsozialismus z.B. die Juden zum "pauschalen Feindbild" deklariert wurden. Andere Worte, aber selbes Ziel.

Die meisten davon dürften eher typische Protestwähler sein, weg mit der Ampel, aber mit der Alternative (CDU) konnten sie auch nichts anfangen, zu konservativ, zu altbacken, zu sehr geneigt den Mantel in den Wind zu hängen.

Mit der Nazizeit kann man das nicht vergleichen, jeder hat heute die Möglichkeit in ein Geschichtsbuch zu schauen, wie die Verhältnisse damals waren (kein Vorauswissen - Hellseher war auch damals keiner!) und wie die Sache ausging.

Das würde ich nicht auf die AfD - Wähler begrenzen. Ja, die lassen sich sehenden Auges von den rechten Rattenfängern ködern - aber:

Die Nationalsozialisten sind nicht mit "Judenvertreibung", "Holocaust" oder "Genozid an Slawen" ins politische Rennen gestartet.

Das war ne Zeit schwerer Umbrüche, und alle politischen Ecken haben bestimmte Narrative und Parolen etabliert. Die Leute haben sich von Versprechungen oder von vermeintlich bestätigten Vorurteilen verführen lassen, in einer Zeit in der du nicht wusstest ob morgen nicht schon wieder n Umsturz oder die nächste Wirtschaftskrise ins Haus steht.

Ich will gern glauben, dass ich damals klüger gewesen wäre als das Gros meiner Mitmenschen. Aber sich dessen sicher zu sein, ist ein Zeichen mangelnder Selbstreflektion.


Daoga  05.09.2024, 15:14

Genau, mit dem Wissen von damals (nicht dem heutigen!) wären die meisten in genau die gleichen Fallen getappt. Auch damals war keiner Hellseher der wußte wohin der Weg führen würde.

FrecherKnilch  05.09.2024, 16:21
@Daoga

Na ja. Trotzdem sind viele auch nicht in diese "Falle" getappt, und irgendwann hat sich gezeigt, wie weit das geht. Die Zustimmung für die Nationalsozialisten war auch im späteren Verlauf ihrer Regierungsperiode viel zu groß. Es hätte irgendwann eine Grenze kommen müssen, die zu überschreiten der Mehrheit nicht geschmeckt hätte. Aber so wars eben nicht. Den Nazis helfen an die Macht zu kommen, vielleicht, weil mans nicht besser wusste. Juden deportieren, Behinderte exekutieren, Slawen vernichten.... dafür gibts trotzdem keine Ausrede.

Daoga  05.09.2024, 17:10
@FrecherKnilch

Das war eine andere Zeit in der die Menschen noch anders dachten. Es gab damals keine "Grenze", in keiner Richtung, technologisch, gesellschaftlich, sozial, politisch, denn das war die Zeit des up and away, wo scheinbar alles möglich war, besonders gut erkennbar in der amerikanischen Science Fiction der damaligen Zeit, die danach nie wieder so optimistisch war, als die Folgen und Erkenntnisse dieses Krieges allmählich durchsickerten. Vernichtungsaktionen in großem Maßstab haben nicht nur die Nazis durchgeführt (Japan!), die Rassentrennung in USA war noch voll in Kraft, noch gab es den Kolonialismus (Afrika, Indien, Indochina) wo auch nicht mit Federbällchen geworfen wurde, mit zugehörigem Rassismus ... alle damals waren Kinder ihrer Zeit.

Die AFD ist die einzige rechte Partei im Parlament. Der anderen Hälfte des Spektrums bleibt überhaupt nichts anderes möglich, wenn sie rechte Positionen durchbekommen wollen.

Wer bezüglich AFDlern nur den Standpunkt hat, dass Dumme Populisten wählen und das erklärt das ganze Thema hat keine Ahnung, sondern faselt irgendwas zusammen , das er meint verstanden zu haben.