Autismusdiagnose im Erwachsenenalter - wie ansprechen?
Ich habe viel nachgelesen und ich weiß, eine differenzierte Diagnose ist nicht einfach zu stellen, vor allem, wenn mal als Ü30 Person dies anstrebt, da man ja sein ganzes Leben lang gelernt hat, irgendwie in der Gesellschaft klar zu kommen und möglichst wenig aufzufallen. Dazu kommt, dass die Diagnose bei Frauen im Erwachsenenalter wohl noch schwieriger ist.
Ich habe heute einen Termin bei einem Psychologen/ Psychotherapeuten, auf den ich ein dreivierteltes Jahr habe warten müssen und weiß einfach nicht, wie ich das alles ansprechen soll.
Intrinsisch würde ich gern sagen: "Ich habe mich belesen, verglichen und diverse Foren durchforstet, ich empfinde mich als ein Teil der ASS".
Das klingt aber indirekt nach Dr. Google und das wäre natürlich dem Arzt gegenüber unfair.
Wie sage ich ihm, dass ich mich in der Gesellschaft anderer Menschen so schwer tue, dass ich keine Freundschaften schließen kann oder will, dass mir das Einkaufen im Alltag die Energie raubt und ich am liebsten niemals jemand in die Augen sehen würde?
Dass ich oft mit T-Rex Armen rum laufe, vor mich hin schaukel oder Dinge immer in einem festen Muster machen muss?
Es soll nicht klingen wie aus dem Medizinlehrbuch, aber ich fühle mich wie von einem fremden Planeten, habe meine Inselbegabungen in denen ich unglaublich gut bin und alles andere interessiert mich wenig.
Ich habe die Isolation während Corona geliebt, endlich konnte ich all meinen Spezialinteressen nachgehen, ohne schlechtes Gewissen, dass ich Sozialkontakte vernachlässigen würde...
Ich möchte aber auch in der Gesellschaft klar kommen, ich weiß, diese Welt wird von NTs gesteuert und das ist okay, ich arbeite, gehe zum Sport und will einfach irgendwie dazu gehören und nicht mehr der "Freak" sein, ich will verstanden werden, ohne mich so viel zu verstellen und ich will meine Inselbegabungen nutzen können.
3 Antworten
Ich habe mir gleich eine Person gesucht, die nachweislich auf Autismus-Diagnostik im Erwachsenen-Alter spezialisiert war.
Dies war eine Psychiaterin mit Fachrichtung Autismus.
Den Gang zu einem Psychologen / Psychotherapeuten habe ich mir erspart.
Für die Diagnostik bin ich extra in ein anderes Bundesland gefahren, weil es in meiner Nähe damals nichts gab.
Ich habe meinen Verdacht geäußert, wobei ich es einfacher hatte, da meine Tochter ebenfalls Autistin ist und ich den Punkt "Vererbung" ins Spiel bringen konnte.
Und da habe ich ein riesiges Problem, ich KANN nicht weg fahren, ich schaffe das einfach nicht.
Es geht erst mal nicht darum wie du das ansprichst, sondern wie der Psychologe regaieren wird.
Ich kann dir gleich aus Erfahrung sagen, dass die meisten Therapeuten von Autismus im Erwachsenenalter keine Ahnung haben. Wenn du wirklich ein Diagnoseverfahren durchlaufen willst musst du dich an einen Psychiater wenden der auf Autismus spezialisiert ist, oder an eine Autismusambulanz. Die Wartezeiten für das eigentliche Diagnoseverfahren können je nach Standort schon mal mehrere Jahre betragen, deswegen wäre es gut möglichst früh einen Termin zu vereinbaren.
Dass die Diagnose bei Frauen schwieriger sein soll, habe ich noch nicht gehört. Sie trauen sich allerdings im Allgemeinen erst viel später zum Arzt, weil sie nicht so viel Aufwand zum Maskieren betreiben müssen. Stille und schüchterne Frauen / Mädchen werden im Allgemeinen positiv wahrgenommen, wohingegen das bei Männern und Jungs umgekehrt ist.
Autismus hat viele Facetten und es ist ein Spektrum. Früher waren auch AD(H)S und Autismus Ausschlussdiagnosen, was sich mittlerweile geändert hat.
Als im Kern introvertierter Mensch kann ich Deine Situation sehr gut verstehen. Bei mir kommt hinzu, dass ich einen Beruf habe, bei dem ich auf dem Karrierelevel sehr extrovertiert agieren muss. Das "schauspielere" ich dann mit ziemlichem Erfolg, was aber auch viel Energie kostet. Manchen geht das leicht von der Hand, aber ihnen brummt der Schädel, wenn sie Arbeit aus meiner "Inselbegabung" verstehen wollen.
Da Du einfach nur zufrieden in Deinem Leben sein willst ohne Ambitionen im Beruflichen zu haben, wirst Du wahrscheinlich eher einen kleinen Freundeskreis haben, der Dich so akzeptiert wie Du bist!
Solche Leute zu suchen und zu behalten wäre mein Rat an Dich. Eventuell kannst Du ja auch Kontakt zu anderen Leuten mit Autismusdiagnose suchen. Dann koordiniert Ihr Eure "sozialen" Tage, schreibt Euch gegenseitig bei Problemen und ansonsten geht jeder seinen Lieblingsbeschäftigungen nach.
In Sachen Autismus ist es tatsächlich schwieriger:
Nun, ich habe ebenfalls eine Karriere und bin Führungsverantwortliche^^ Einen Freundeskreis habe ich nicht, da ich es für nicht nötig erachte, bzw weiß, dass ich auf Dauer eh keine emotionale Beziehung aufrecht erhalten kann.