Früher hatte ich gelegentlich solche Gefühle, weil ich nicht das beste Selbstwertgefühl hatte und es insofern begründet war, dass meine Familie und ich in der Heimatstadt tatsächlich unter Beobachtung standen. Uns wurden alle möglichen Dinge vorgehalten, die bei einem anderen nicht der Rede wert gewesen wären, so was merkt man sich, es prägt auf Dauer mehr als gedacht und hinterlässt Spuren. Daher - ja, so was kann passieren, wenn das Umfeld ganze Arbeit leistet.
Nur ein Beispiel: Einmal habe ich etwa als Last-Minute-Geschenk für jemanden ohne drüber nachzudenken an der Esso-Tanke eine Flasche Faber Sekt gekauft - und das sah wohl jemand, denn danach war ich für eine gewisse Zeit nicht mehr "nur" der Akademiker, sondern der versoffene Akademiker, der es wohl nötig habe, sich samstags eine Flasche Sekt an der Tanke zu kaufen. Bei einem anderen hätte man gesagt, ah, der feiert halt und es ist ja jetzt auch egal.
Man kann an solchen Gefühlen arbeiten, es ist aber ein langer Weg. Mir half vor allem meine frühere Freundin massiv, Selbstwertgefühl aufzubauen und positiv zu denken. Bei mir spielte allerdings auch mit rein, dass ich in meiner Heimat nicht die Gelegenheit hatte mich so zu kleiden, wie ich mich gern anziehen würde. Seit ich weggezogen bin und das kann, bin ich deutlich zufriedener, finde mich sympathisch und merke, dass das vieles ausmacht.