Wieso werden Jungs die Ballett tanzen ausgelacht?

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Das ist ein absolut massives Problem.. Ich möchte hier zunächst etwas weiter ausholen, um etwas dazu zu verdeutlichen: Ich selbst war ein Mädchen, das alle "Attribute" eines "richtigen" Mädchens hatte - bis sich in meinem 15. Lebensjahr in meiner Schule herumsprach, dass ich in meiner Freizeit intensiv Jiu Jitsu und Kung Fu trainierte. Von da an bewunderten mich andere Mädchen dafür - und die Jungs stellten auf einmal die Behauptung auf, ich sei gar kein "richtiges" Mädchen und mit mir sei wohl etwas "nicht in Ordnung".

Sie lehnten ab, was ich tat u. ignorierten und würdigten herab, was ich konnte, machten sich über mich lustig und begannen mich zu provozieren, um zu sehen, wie ich reagierte. Als ich mit 21 Trainerin wurde und eigene Schüler hatte, kam es vereinzelt vor, dass mich insbesondere junge Männer (hier muss ich sagen, insbesondere arabischer Abstammung) als Trainerin ablehnten, obwohl sie meinen "kämpferischen Status" in beiden Disziplinen durchaus klar registrierten. Man bestätigte mir, es würde sich einfach "falsch" anfühlen, ausgerechnet in etwas so "Männlichem" von einer Frau trainiert zu werden. An meinen Kompetenzen zweifelte man nicht, aber man "vertrug" sie nicht, sie kollidierten mit ihren Vorstellungen von "Männlichkeit".

Andere Männer meinten bewundern zu müssen, dass "man überhaupt so weit kommen kann - als Frau, immerhin." und meinten das auch noch "nett". Obwohl dies absolut kein Gebiet war, auf dem Frauen rein durch ihr "Frau-Sein" irgendwelche Nachteile hätten - im Gegenteil. Sie waren im Schnitt gelenkiger und auch ernsthafter dabei als Männer - und während Männer insbesondere in ihren ersten 1-2 Trainingsjahren hier darauf achteten, wie sie "als Mann" kämpfend optisch rüberkamen, konzentrierten sich Frauen von Anfang an rein auf die Techniken und kamen so gezielter weiter, weil sie hier nicht nebenbei noch irgendwelchen "Identitäts-Firlefanz" an der Sache betrieben.

Im selben Jahr begann ich meine Schauspielausbildung und lernte dort auch Tanzen und Singen. Damit schien dann wiederum alles in Ordnung für die Männer, die ich kannte. Alllerdings konnte ich beobachten, wie nun hier die Männer aus meinen Kursen sich verteidigen mussten, wie sie gemobbt und belacht und als "schwul" beschimpft wurden - von Freunden, Brüdern, den eigenen Vätern. Die gesamten Vorurteile und schrägen, einseitigen und falschen Bewertungen dessen, was da ein Mädchen lernte und konnte oder was Männer lernten und konnten, gingen von Jungs und Männern aus. Von Mädchen und Frauen habe ich niemals weder über ein Mädchen lästern hören, das asiatische Kampfkünste beherrschte - noch über Männer, die viele Stunden in der Woche in enger Sportkleidung herumliefen und tanzen lernten.

Bei Jungs und Männern muss die Angst sehr tief sitzen, NICHT für männlich genug gehalten zu werden - männlich ausschließlich in dem eingeschränkten Sinn, wie ihn unsere Gesellschaft Jungs und Männern heute leider immer noch reduziert "zubilligt". Dabei ist "männlich" so vieles: Es gibt intelligente, charmante, robuste, rustikale, zierliche, elegante, körperlich kräftige, weniger sportliche, mutige, schüchterne, zurückhaltende, freche, sanfte, künstlerische, sachliche, strukturierte, humorvolle, fantasievolle, ruhige oder temperementvolle Männer - und keiner von ihnen hat im Grunde Lust, Klischees zu erfüllen, die mit seinem inneren Wesen, seinen Bedürfnissen, seiner äußeren Statur oder seinem Gesicht nichts zu tun haben. Man will man selbst sein - oder ein Stück weit zumindest in diese Richtung gehen, sich finden.

Tanzen / Ballett ist Leistungssport und künstlerischer Ausdruck zugleich - und mit dem Ausdruck von Emotionen beim Mann (und sei es auch nur innerhalb einer Rolle) scheinen viele Jungs und Männer massive Probleme zu haben, Genauso, wie sie ein Klischee von "Mannsein" im Kopf haben, haben sie auch eine Klischeevorstellung vom männlichen Tänzer.

Wenn sie dem Thema einmal viel näher kommen würden (vom Zusehen beim Training wird man nicht schwul!), würden sie erkennen, dass "richtig Tanzen lernen" insbesondere auch für Männer ein enormes Training bedeutet, von dem ich behaupten möchte, dass hier kein Fitness-Fan oder Hobby-Boxer mithalten kann. Tänzer müssen ständig bis an jede Schmerzgrenze an Beweglichkeit, Muskulatur, Haltung und Kondition arbeiten - und das Ergebnis sieht man deutlich in Bewegung und Haltung, Reaktionsvermögen und Ausdauer - es ist dasselbe, das auch ein jahrelanges Training in asiatischen Kampfkünsten bewirkt und ihre Körper entwickeln sich hier ganz ähnlich.

Dies https://www.youtube.com/watch?v=vQdY0-e13mw ist der Link zu einem kleinen YT-Video über die verschiedenen Darsteller (männliche Teenager) des Musicals zu dem Film "Billy Elliot", auf den auch Latricolore hingewiesen hat. Dieses Video zeigt: Diese Jungs sind enorm gut trainiert und zeigen große Leistungen, nicht nur im Ballett für die Rolle, sondern auch in anderen Richtungen wie Hiphop, Modern oder Step. Und: Sie sind RICHTIGE Jungs.


MissMarplesGown  22.12.2014, 04:49

Männliche Tänzer zeigen: Auch Männer sind nicht zwangsweise plumpe Bären, sondern besitzen unter Umständen (männliche!) Eleganz und (männliche!) Grazie, Balance - und Kraft, die sich nicht in Neandertaler-Manier und keulenschwingend äußern muss, sondern durchaus wesentlich schönere und edlere Ausdrucksformen entwickeln kann. WENN man hier das Talent hat.

Manchen Männern macht das Angst - und auch dies wiederum würden sie absolut verleugnen. Ihr Denken: Wenn man etwas tut, was nach gängigen Vorstellungen nicht "männlich" ist, dann ist es also weiblich. Und wenn ein Mann weiblich ist, ist er kein Kerl - und schwul. Die Welt mancher Männer ist sehr einfach gestrickt und sie bringen sich und ihre Geschlechtsgenossen um viele Facetten ihres Mann- und Menschseins. Manche Männer haben eben Lust auf extravaganten Leistungssport und auf künstlerischen Ausdruck! Diese "Welt" steht selbstverständlich auch Männern offen!

Tänzer sind bei Frauen übrigens heiß begehrt - und bei weitem nicht nur wegen der knackigen Hintern und Schultern und der schönen Haltung. Wer Tänzer kennt, weiß im Detail, warum.

Bezogen auf die Frage oben würde ich in diesem Fall aufgrund der Hartnäckigkeit dieses allgemeinen und allgegenwärtigen "Männer-Problems" nur eines tun: Ich würde den tanzenden Jungs sagen, sie allein wüssten am Besten, WARUM sie tanzen und WAS es ihnen bedeutet, WARUM es ihnen Spaß macht und WAS sie davon haben. Sie müssen lernen, dazu zu stehen, auch gegen eine Gruppe von Jungs, denen das Schwänz*cen bereits beim Zusehen vor Angst und Abscheu abfallen würde. Sie sollen über sie lachen und verletzende Bemerkungen grundsätzlich nicht an sich heran lassen.

Diese Leute haben keine Erfahrung mit irgend etwas, was mit diesem Abenteuer auch nur vergleichbar wäre - und werden etwas Vergleichbares auch vielleicht niemals erleben, da sie zu voreingenommen sind. Ihre Voreingenommenheit dient nur einem Zweck: Ihre Feigheit, ihre Unsicherheit zu tarnen. Und dies tun sie auf Kosten ihrer Geschlechtsgenossen, die sich mehr trauen und zutrauen - und Lust darauf haben, ein vielschichtigeres und interessanteres "Wesen Mann" zu zeigen als es in der Gesellschaft üblich ist.

Man kann die tanzenden Jungs nur bestärken in dem, was sie tun. Tanzen macht Körper, Psyche und Gehirn fit - und mit den gelernten Fähigkeiten und auf das Training aufbauend lernt man dann auch andere, anspruchsvolle Tanzrichtungen wesentlch leichter und erfolgreicher als andere Leute, die hier keine Grundlagen haben. Es geht andere Jungs nichts an, was sie tun und was ihnen Spaß macht.

Sie müssen das Selbstbewusstsein entwickeln, das sie brauchen, um über der Lästerei und den Vorurteilen zu stehen. Sie sollten diese Jungs vollständig ignorieren und stehenlassen, wenn sie so reagieren, mehr ist da nicht zu tun. Die Zeit, die man auf solche Leute verwendet, um mit ihnen sinnlose Diskussionen zu führen und sich deren Vorurteile anzuhören, ist besser fürs Tanzen und Konditionstraining genutzt. WUT kann man hier übrigens ganz besonders gut kompensieren! ;-)

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Der beste Rapper der Welt und damals einer der härtesten - 2Pac - hat in seiner Jugend Ballett getanzt.

Ich weiß zwar nicht ob er in der jüngeren Generation (2000er) noch so präsent ist wie für uns aber ich mein das muss ja schon was heißen wenn der es gemacht hat :D

Die Jungs die darüber machen tun einfach auf cool. Haben keine Ahnung von dieser Kunst. Kann mir vorstellen, das Ballett sehr schwer ist, da man diese Ästhetik etc. sehr gut rüberbringen muss.

Ich denke das kein einziger Erwachsene jemanden auslachen würde wenn dieser hören würde dass der jenige Ballett tanzt. Also von diesen Jungen würde ich mich nicht beeinflussen lassen

Rudi

Die Jungs, die den auslachen brauchen nur etwas zum kompensieren ihres fehlenden Selbstvertrauens oder ihrer Probleme.

Oder Sie versuchen durch auslachen ihren sozialen Status zu erhöhen, was wieder von fehlendem Selbstvertrauen zeugt. :D

Wenn er zu dem steht, was er macht, wäre es okay.

Leider verhält er sich wirklich ein bisschen unmännlich, weil er zu viel Wert auf die Meinung anderer legt.

braucht nicht jedes ballet auch männliche tänzer?!! das ist die lösung... good luck, wenn du das doffies erkl#ren musst