Wie findet ihr das Canyon Stoic 2?

1 Antwort

Die Basis ist gut.

Allerdings ist es günstig ausgestattet und eins der wichtigsten Teile fehlt komplett: Die versenkbare Sattelstütze. Die feste Sattelstütze schränkt den Einsatzbereich sehr deutlich ein, bzw. macht das Fahrgefühl deutlich unsicherer - was gerade bei Einsteigern blöd ist. Es geht eigentlich kein Mountainbiker mehr mit fester Sattelstütze ins Gelände.

Eine Vario-Sattelstütze mit 150 mm Verstellweg geht mitsamt Bedienhebel bei 130 € los (Wie zuverlässig dieses Modell ist, weiß ich nicht. Qualitätsware kostet ca. 100 € mehr). Diese Investition würde ich als absolutes Muss ansehen.

Und bei einem Bike, das vom Grundkonzept her schon dafür gedacht ist, nicht nur die aller-einfachsten Trails zu fahren, würde ich mir bessere Bremsen wünschen. Von Shimano gibt es preiswerte, ganz ordentliche 4-Kolben-Bremsen. Mag sein, dass ein leichter Fahrer, in dessen Umgebung das Gelände nicht allzu große Höhenunterschiede hat, auch mit den serienmäßig verbauten Bremsen auskommt... ich würde aber im Hinterkopf behalten, dass hier wahrscheinlich nochmal eine Investition nötig wird.

Vergleichsweise unterdimensionierte Bremsen findet man übrigens im kompletten Canyon-Portfolio.

Ansonsten, für den schmalen Geldbeutel um mit dem MTB-Sport anzufangen, absolut empfehlenswert.

Wobei das Stoic 3, bei dem die Vario-Sattelstütze schon dabei ist und auch die sämtliche restliche Ausstattung deutlich besser ist, meiner Meinung nach sogar ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Abgesehen von den Bremsen (Canyon halt...) kann man damit sorglos seine ersten paar Jahre in der MTB-Welt verbringen.


Viktor1313 
Fragesteller
 18.10.2022, 16:13

Jo danke dir schonmal für deine ausführliche Hilfe. Also ich bin absoluter Einsteiger. Ich würde meistens sowieso nur Touren fahren und wirklich nur sehr selten und wenn überhaupt in den Bikepark fahren. Mein Haupteinsatz wäre eher so einfach damit rauszugehen und ein vernünftiges MTB zu haben womit ich die ein oder andere Treppe Springen kann oder vielleicht ein kleinen Trail bauen kann. Könntest du mir vielleicht genauer erklären was diese Sattellstütze bringen würde anstatt zu der festen?

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RedPanther  18.10.2022, 17:49
@Viktor1313

Wenn der Haupteinsatzbereich der Bikepark wäre, hätte ich dir von dem Rad abgeraten ;) dafür ists dann doch etwas unterdimensioniert (und als Anfänger ist das auch nur bedingt die richtige Adresse für dich). Aber für das, was du beschreibst, also Touren fahren, hier den einen oder anderen Trail mitnehmen, dort mal einen kleinen Trick üben, dafür ist das Bike von genau der richtigen Sorte.

Könntest du mir vielleicht genauer erklären was diese Sattellstütze bringen würde anstatt zu der festen?

Also grundsätzlich, von der Funktion her ist sie wie bei einem Schreibtischstuhl: Du drückst einen Knopf (am Lenker) und drückst damit entweder mit deinem Körpergewicht den Sattel runter oder er fährt selbstständig wieder hoch, wenn du kurz in den Pedalen aufstehst.

Der Sinn des Ganzen ist, dass du den Sattel im Gelände und bei Tricks sowieso nicht benutzt. Da stehst du sowieso auf den Pedalen, weil Gewichtsverlagerungen und Verdrehungen der Hüfte nötig sind, um im Gelände sinnvoll fahren zu können.

Aber dieser hoch stehende Sattel stört dich auch dann bei den Bewegungen, wenn du in den Pedalen stehst. Allein schon, den Po flexibel mal ein Bisschen, mal ein Bisschen mehr nach hinten zu schieben, um bei Steilstücken oder Vollbremsungen das Körpergewicht nach hinten zu verlagern, geht deutlich schwerer wenn der Sattel dort ist, wo du ihn zum Sitzen bräuchtest. Oder wenn du das Bike unter dir in die Kurve legen willst, damit die kräftigen Seitenstollen ihren Grip bekommen können... da ist immer der Sattel im Weg.

Es geht mit hochstehendem Sattel. Wenn man's kann. Aber man tut sich sehr viel leichter, wenn man den Sattel aus dem Weg schafft.

Und ja, man kann natürlich auch einfach absteigen, den Schnellspanner öffnen, die Sattelstütze runter schieben, wieder aufsteigen, den Trail runter fahren, wieder absteigen, Sattelstütze wieder hoch stellen, aufpassen dass der Sattel gerade gedreht ist, aufsteigen und weiterfahren... Okay, in den Alpen, wo eine Abfahrt auch mal 2 h dauern kann, mag das noch halbwegs akzeptabel sein. Aber wenn du auf einer Mittelgebirgstour alle 5 Minuten zwischen Trail und Schotterweg wechselst, bist du die halbe Zeit mit deiner Sattelstütze beschäftigt. Wo andere einfach im Fahren einen Knopf drücken.

Für mich war die Vario-Sattelstütze nach ca. 10 Jahren als Mountainbiker nochmal eine echte Offenbarung, was mit dem gleichen Rad plötzlich alles geht, was vorher nicht ging.

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Natürlich hat eine Vario-Sattelstütze auch Nachteile. Ca. 300-400 g Zusatzgewicht im Vergleich zu einer normalen Sattelstütze und es ist ein Teil mehr, das Wartung benötigt und kaputt gehen kann. Und klar, sie kostet Geld, wenn sie nicht beim Komplettrad schon dabei ist.

Für mich sind die Nachteile sehr gering im Vergleich zum großen Nutzen.

ach ja:

oder vielleicht ein kleinen Trail bauen

Einfach so im Wald einen Trail zu bauen, ist illegal... und diejenigen, die das trotzdem machen, geben der "Mountainbiker machen den Wald kaputt und interessieren sich sowieso nicht für Regeln"-Fraktion schöne Argumente, dass unsereins blöd ist und verboten gehört. Du tust damit weder dir selbst, noch dem Sport einen Gefallen.

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Viktor1313 
Fragesteller
 18.10.2022, 19:51
@RedPanther

OK vielen Dank für deine Hilfe. Das mit dem Trail wusste ich nicht. Aber du hast mich ja belehrt. Vielen Dank!

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Forster130  10.05.2023, 12:34
@RedPanther

Woah, super hilfreiche und detaillierte Antwort. Hat mir auch um Welten weitergeholfen! Danke!

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