Akzeptierst du die Idee, dass moralische Prinzipien apriorisch sind?

6 Antworten

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Es ist schlichtweg nicht als "richtig" oder "falsch" beweisbar..

Das Ganze spielt ja auf Immanuel Kants Philosophie an: In seinem Werk "Kritik der reinen Vernunft" handelt Kant an diesen Begrifflichkeiten seine sog. Erkenntnistheorie ab. Er unterscheidet dabei zwischen Erkenntnissen (er nennt sie "Urteile"), die "a priori" sind und solche, die "a posteriori" sind.

Apriorische Erkenntniss ist dabei Wissen, das von jedweder Erfahrung unabhängig ist. Es ist also immer wahr, ohne dass es dabei irgendwelche Einschränkungen, Ausnahmen oder weitergehende Annahmen dazu bedurfte: Es gibt somit etwas "absolut Wahres", aus dem sich diese Art von Erkenntnissen zwangsweise ableitet.

A posteriori bedeutet im Umkehrschluss empirisches oder erfahrungsabhängiges Wissen, also Erkenntnisse, die nicht absolut für sich stehen, sondern erst auf der Basis menschlicher Erfahrung "als wahr" gewonnen werden.

Auch wenn Kants Apriorismus ziemlich logisch klingt, ist er ein Zirkelschluss: Man muss ja zunächst einmal die Existenz dieses "absolut Wahren" anerkennen, um daraufhin erst überhaupt a-priori-Erkenntnisse als existent angeben zu können!

Sprich: Der Apriorismus als Methode ("es gibt absolut wahre Erkenntnisse") begründet sich selbst durch eine als wahr vorausgesetzte Aussage ("es gibt das absolut Wahre"), die er ja eigentlich zunächst einmal als wahr beweisen müsste.. 👎

In anderen Worten: In strikter mathematischer Logik muss man den Apriorismus zurückweisen. Alle Erkenntnis, die wir in dieser Welt erlangen, ist zunächst immer eine empirische, d.h.: durch Erfahrung erlangte. Und -witzigerweise- ist nun eine dieser "auf Erfahrung" basierenden Erkenntnisse sozusagen der Glaube Kants daran, dass einige Dinge so dermaßen fundamental wahr sind, dass wir sie als außerhalb unserer Erfahrung als "absolut wahr" ansehen "können"- bzw. eben besser: ansehen "wollen": Das ist der Standpunkt Kants. Aber er übersieht wie gesagt, dass das nur (s)ein "Glauben" ist -und keinesfalls ein "Beweis"!

Seit Kurt Gödel wissen wir, dass jedes logische Deduktionssystem, das hinreichend aussagekräftig ist, dass es sich überhaupt lohnt, es zu verwenden, gleichzeitig notwendigerweise logisch unvollständig sein muss (sog. "Gödelscher Unvollständigkeitssatz"), d.h.: Das es dann Aussagen enthält, die Du innerhalb dieses Systems (=mit den Mitteln dieses Systems) weder als richtig noch als falsch beweisen kannst. Aber Kant konnte das nicht wissen: Seine "Kritik der reinen Vernunft" datiert exakt 150 Jahre vor Gödels Unvollständigkeitssatz.. 😎

Akzeptieren kann man prinzipiell den Determinismus, das heißt dass Alles was geschieht vorbestimmt ist. Das führt dazu, dass wir nichts mehr persönlich auffassen können. Das versperrt den Weg in Richtung Wut, Zorn, Hass und Frust. Kein Gedanke an Rache kann sich Platz verschaffen. Das gewährt Moral. Es sei denn es werden Grundbedürfnisse in Mitleidenschaft gezogen. Wenn es hart auf hart kommt, so Fichte, ist es vorbei mit jeder Moral.

Moral ist eine gesellschaftliche Vereinbarung und unterliegt dem Wandel der Zeiten. Was früher als unmoralisch galt, ist heute kein Problem und umgekehrt.

Ja, das ist oft der Fall und wird aus Erfahrung immer weitergereicht, von Generation zu Generation, ohne dass mal neu reflektiert wird.

Nein.


Apokalipstic605  20.05.2024, 21:37

Kannst du das erläutern? Ich musste das erstmal googlen, aber ich hab das so verstanden, das es bedeutet, vom Denken her abgeleitet, das Gegenteil dazu ist auf Erfahrung beruhend. Aber ich muss doch nicht die Erfahrung machen, jemand umzubringen oder dass jemand den ich mag umgebracht wird, um zu sagen, töten ist schlecht? Wieso also nein?

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Losona  20.05.2024, 21:45
@Apokalipstic605

Entschuldigung, ich habe es auch nachgeschlagen und hatte es falsch verstanden.

Also jetzt tendiere ich zu ja. Aber ich verdaue eigentlich noch an der Frage.

Ich finde, Empathie hat ja was mit Erfahrung zu tun. Durch Spiegelneuronen vollzieht man die Erfahrungen der anderen nach. Ich erfahre auch, wie sich Gutes und Schlechtes von anderen an mir anfühlt.

Also ich kann gar kein Mensch oder eine Persönlichkeit werden oder sein ohne Erfahrung, von daher finde ich es grundsätzlich schwierig zu sagen, irgendetwas sei zu 100% apriorisch.

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