Kinder aus Arbeiter klassen hassen ein Sozialstaat, reiche kinder werden linke Sozialisten Warum ist so?

9 Antworten

Bei mir ist es so das ich durch meine Familie gelernt habe das Wohlstands Umverteilung (Enteignung) alle immer ärmer macht, und keine Probleme löst.

So formuliert ist das wenig mehr als Küchenpsychologie.

Die politische Einstellung einer Person wird im Wesentlichen durch zwei Dinge geprägt; einmal die eigene wirtschaftliche Stellung und Klassenzugehörigkeit sowie die materiellen Interessen, die sich daraus ergeben; andererseits durch das politische Bewusstsein, das durch individuelle Erfahrungen und Zugang zu Informationen beeinflusst wird. In diesem Zusammenhang gibt es auch ein "falsches Bewusstsein", das den eigenen Interessen widerspricht, beispielsweise wenn arme Menschen neoliberalen, konservativen, nationalistischen oder religiös-fundamentalistischen Ideologien anhängen.

Angehörige der Arbeiterklasse haben das unmittelbare Interesse an besseren Arbeits- und Lebensbedingungen. Ihnen ist sehr wohl bewusst, dass ihre Arbeit nicht ihnen selbst nutzt, also entfremdet ist, und dass sie am Arbeitsplatz von ihrem Chef ausgebeutet werden. Da ihr Leben von der Arbeit bestimmt ist, können sie sich auch sehr wohl eine Arbeit vorstellen, die angenehm, sinnvoll und erfüllend ist, im Gegensatz zu ihrer momentanen Ausbeutung.

Der Sozialismus ist da eine naheliegende Lösung und verfügte deshalb auch über lange Zeit über eine millionenstarke Massenbasis aus der Arbeiterklasse. Dass das heute zumindest in den Industrieländern nicht mehr so ist, liegt nicht daran, dass etwa die heutigen Arbeiter zu blöd wären, ihre Ausbeutung zu erkennen, sondern dass der Sozialismus seine Strahlkraft durch zahlreiche Niederlagen verloren hat.

Nachdem die Faschisten hunderttausende Kommunisten ermordet hatten, diese in der BRD weiter verfolgt wurden (oft von den gleichen Nazirichtern), der Realsozialismus zusammengebrochen ist und das neoliberale Ende der Geschichte verkündet wurde, scheint es für viele keine Alternative zum herrschenden kapitalistischen System mehr zu geben. Obwohl der Kapitalismus seit Jahren in einer tiefen und multiplen Krise steckt, fehlen die sozialistischen Massenproteste von früher.

Die Arbeiter sind unorganisiert und vereinzelt und suchen deshalb vermehrt vereinzelte Lösungen für ihre Probleme, also z.B. den Rückzug ins Private oder den individuellen Aufstieg auf der Karriereleiter. Politische Lösungen scheinen unmöglich, weil man sich von keiner der herrschenden Parteien erhoffen kann, dass sie die eigenen Interessen vertritt - das stimmt auch, alle herrschenden Parteien vertreten nur unterschiedliche Verwaltungsformen des Kapitalismus, eine sozialistische Alternative muss erst aufgebaut werden. Apolitisches Denken, Perspektivlosigkeit und Verdrossenheit sind die Folge bei vielen.

Wer aus einem wirklich reichen, bürgerlichen Hintergrund kommt, ist im Gegensatz dazu bestrebt, die eigene Position abzusichern und den status quo zu verteidigen. Reiche werden deshalb natürlich den liberalen und konservativen Ideologien zulaufen, und es ist sehr selten, dass sie zum "Verräter an der eigenen Klasse" werden und sich dem Sozialismus zuwenden, wie Friedrich Engels es vorgemacht hat. In der Regel passiert so etwas nur nach intensivem Kontakt zu den ärmeren Klassen und eindrücklichen Erfahrungen von Armut und Ungleichheit abseits des privilegierten Elternhauses.

Zwischen der Arbeiterklasse und dem Bürgertum gibt es noch das Kleinbürgertum, also diejenigen, die Kapital besitzen, aber nicht genug, um sich von der Arbeit zu befreien, wie Kleinunternehmer, Selbständige, leitende Angestellte usw. Das Kleinbürgertum ist die heterogenste Klasse und hat deshalb auch die größten Widersprüche in Bezug auf die Ideologie. Nach oben hin kann das Kleinbürgertum ins Großbürgertum aufsteigen, nach unten hin droht bei schlechter Konjunktur der Abstieg in die Arbeiterklasse.

Es gibt deshalb Teile des Kleinbürgertums, die die Arbeiterklasse so sehr fürchten und verabscheuen, dass sie sich dem Faschismus zuwenden, um die Bedrohung eines Umsturzes von unten gewaltsam zu unterdrücken. Auf der anderen Seite gibt es (oft akademische) Teile des Kleinbürgertums, die ein ausgeprägtes Bewusstsein für Ungerechtigkeiten entwickeln und diesen begegnen wollen, in der Regel aber innerhalb des kapitalistischen Rahmens, sich also dem Linksliberalismus zuwenden. Repräsentation von Minderheiten, individuell angepasstes Konsumverhalten, Selbstverbesserung und Moralismus sind die Scheinlösungen dieses Linksliberalismus, und dabei wird übersehen, dass der Kapitalismus die Ursache der Probleme ist.

Genau wie beim Großbürgertum werden Kleinbürger nicht aufgrund ihrer eigenen materiellen Interessen zu Sozialisten (außer vielleicht am unteren Rand des Kleinbürgertums), sondern aufgrund von einschneidenden Erfahrungen mit den Lebensbedingungen der Ärmeren und der Einsicht, dass es zur Lösung dieser Probleme eine systematische Lösung benötigt, also den Sozialismus.

Ich als ehemaliges Arbeiterkind fand schon damals unseren Sozialstaat klasse. Heute bin ich wesentlich älter, sehr wohlhabend und nicht mehr auf Leistungen des Sozialstaates angewiesen, dennoch froh das wir einen solche haben.

Deine Verallgemeinerung ist leider nichts anderes als Stammtischgeschwafel. Ich kenne in meinem Umkreis ausreichend Menschen welche, unabhängig vom sozialen Status, entweder auf den Staat schimpfen oder selbst „Linke Sozialisten“ sind.

Naja so Pauschalisieren kann man das nicht, allerdings gabs das doch schon immer das sich die Kinder Gegenteilig den Eltern entwickeln.

Sprößlinge von "Hippieltern" wollen Spießer werden und setzen auf Sicherheit und Wohlstand während die Kinder von Bankern eher auf Selbstverwirklichung und "Befreiung" von Gesellschaftlichen Fesseln wert legen.

Wie gesagt, ist nicht Pauschal so, aber ein gewisses rebellieren gegen bekannte Strukturen ist irgendwo normal.

Kinder von reichen Familien werden eventuell von ihren Familien im Hinblick auf beruflichen Erfolg sehr stark unter Druck gesetzt. In sozialistischen Gesellschaften wie etwa nach DDR Muster ist man nicht veranlasst seinen Kindern einzureden, dass sie sich entscheiden müssen ob sie zur Elite oder zum Ausschuss gehören wollen; dort landet jeder im Mittelstand mit der Zeit. Untere Schichten sind eventuell vom amerikanischem Traum beeinflusst und glauben im Kapitalismus könnten sie selbst von ganz unten nach ganz oben kommen.

Woher ich das weiß:Recherche