Erste Fund Gattung homo?

1 Antwort

Es herrscht immer noch keine Einigkeit darüber, wie viele Arten der Gattung Homo unterschieden werden können bzw. sollten. Es gibt Vertreter (die sog. Lumper), die nur drei Arten unterscheiden: Homo habilis, Homo erectus und Homo sapiens. Die als Homo rudolfensis klassifizierten Funde sind dann als Homo habilis einzustufen. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Chronospezies sind ja fließend; in Wirklichkeit sind es ja sogar Funde derselben Entwicklungslinie, nur eben aus unterschiedlichen Zeiten. Theoretisch ist deshalb sogar die Sichtweise möglich, dass all die Funde zu einer einzigen Art, Homo sapiens, gerechnet werden können, die sich über die Zeit nur sehr stark verändert hat. Zumal nachgewiesen ist, dass es zwischen den verschiedenen Menschenformen immer wieder auch einen Genfluss gab. Anatomisch moderne Menschen haben sich z. B. mit Neanderthalern gekreuzt und ebenso mit den Denisovanern. Und die Vorfahren der Neanderthaler und Denisovaner haben sich ihrerseits mit den eurasischen Vertretern des Homo erectus gekreuzt. Auch in Afrika gab es einen Genfluss zwischen anatomisch modernen Menschen und einer weiteren, bislang nicht fossil überlieferten Menschenpopulation. Nach dem biologischen Artkonzept, das eine Art als Fortpflanzungsgemeinschaft definiert, müssten alle Formen somit zu einer Art gerechnet werden.

Die erste Frühmenschenform, die man entdeckte, war der Neanderthaler (Homo (sapiens) neanderthalensis): 1856 wurde das erste Teilskelett im Neanderthal entdeckt und 1864 erstmals beschrieben. Als Charles Darwin 1871 sein Buch Descent of Man (Die Abstammung des Menschen) veröffentlichte, schrieb er darin, dass er den Ursprung der Menschen in Afrika vermute. Die nächste Frühmenschenart, die entdeckt wurde, war der Homo erectus. Die ersten Funde wurden Anfang der 1890er gemacht, 1893 wurde die Art dann wissenschaftlich beschrieben. Die ersten Funde wurden jedoch in Asien entdeckt. Die meisten Zeitgenossen Darwins nahmen deshalb an, dass die Wiege der Menschheit in Asien gelegen hätte, zumal etwa gleichzeitig auch andere fossile Menschenaffen in Asien entdeckt wurden, etwa der Gigantopithecus. Erst später wurden dann auch Funde des Homo erectus in Afrika entdeckt und festgestellt, dass die Funde in Afrika deutlich älter sind als die eurasischen.

Homo habilis wurde erstmals 1964 beschrieben, beteiligt war u. a. der wohl bedeutendste Anthropologe des 20. Jahrhunderts Louis Leakey. Die ersten Funde, auf denen die Beschreibung basiert, müssen demnach früher gemacht worden sein. 1960 hatte Leakeys Sohn Jonathan das erste Fragment, einen Teil des Unterkiefers, gefunden.

Die ersten Fossilien des Homo (habilis) rudolfensis wurden 1972 von Bernard Krneo und Richard Leakey, einem weiteren Sohn Louis Leakeys und selbst ein bedeutender Anthropologe, gefunden. Erstmals beschrieben wurde er dann 1986. Mitunter werden die Funde des Homo (habilis) rudolfensis aber auch der Gattung Kenyanthropus zugeordnet. Diese Vormenschengattung wurde wiederum erstmals 2001 von Maeve Leakey erstmals beschrieben, Richard Leakeys Ehefrau. Die meisten Anthropologen stufen die Kenyanthropus-Fossilien jedoch als eine Form von Australopithecus oder Paranthropus ein.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Natural07 
Fragesteller
 25.05.2024, 22:48

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort! Es ist sehr hilfreich für mich.

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