Biologie Evolution?

2 Antworten

Wenn man einen Stammbaum erstellen möchte, vergleicht man z. B. das Auftreten verschiedener Merkmale oder molekularbiologische Daten, z. B. Gensequenzen, miteinander.

Das Problem: wenn man einen Stammbaum erstellt, bekommt man zunächst nur einen Baum, aus dem die einzelnen Verzweigungen sichtbar werden, aber seine Leserichtung ist noch unbekannt. Einen solchen Baum nennt man ungewurzelt. Man kann aus einem solchen Baum also noch nicht ablesen, welche Gruppe (z. B. eine Art) zuerst abzweigt, welche danach usw. Mit anderen Worten: in einem ungewurzelten Baum gibt es keine Hierarchie. Um das aus einem Baum ablesen zu können, muss der Baum gewurzelt werden. Die Wurzel gibt dann die Leserichtung vor, denn ein Stammbaum wird immer gelesen von der Wurzel zu den Spitzen.

Hier mal ein Beispiel desselben Stammbaumes, nur einmal ungewurzelt und einmal gewurzelt: https://biology-forums.com/gallery/18099_27_04_12_2_15_43.jpeg

Wie du siehst, ergeben sich ganz unterschiedliche Baum-Topographien, je nachdem, wo man an einem Baum die Wurzel ansetzt. Im Beispiel oben ergeben sich drei verschiedene Möglichkeiten. Dabei stellt sich nun aber die Frage, welcher der drei gewurzelten Bäume ist nun der richtige, wo muss also die Wurzel gesetzt werden?

Um das zu erreichen, wird eine Außengruppe in die Stammbaumanalyse einbezogen. Das ist eine Gruppe, von der bekannt ist, dass sie außerhalb derjenigen Gruppe (der Innengruppe) liegt, die eigentlich von Interesse ist. Damit bildet dann nämlich die Außengruppe die Wurzel des Baums und die einzelnen Aufzweigungen der Innengruppe werden dann, ausgehend von der Außengruppe, sichtbar. Angenommen, "1" wäre im Beispiel oben die Außengruppe, dann wäre der blaue Baum der richtige.

Die Wahl der richtigen Außengruppe ist gar nicht so einfach. Sie muss klar außerhalb der Innengruppe liegen, sollte aber andererseits auch nicht zu weit von ihr entfernt sein.
Beispiel: angenommen, es geht darum, in einem Stammbaum die Verwandtschaftsverhältnisse der Großen Menschenaffen (Hominidae) abzubilden, dann bietet sich als Außengruppe ein Vertreter der Primaten an, der selbst kein Großer Menschenaffe ist, z. B. ein Gibbon. Eine Qualle hingegen wäre als Außengruppe zumindest theoretisch möglich, aber einfach viel zu weit von der Innengruppe entfernt. Es kommt auch darauf an, wie "groß" die Gruppe ist, die man betrachtet. Wenn es um die Verwandtschaftsverhältnisse einer Gattung geht, bietet sich als Außengruppe eine Art aus der Schwestergattung an. Will ich aber beispieslweise die Verwandtschaftsbeziehungen übergeordneter Taxa aufdröseln, z. B. der Schädeltiere (Craniota), dann muss ich eine Außengruppe wählen, die kein Landwirbeltier ist, z. B. ein Lanzettfischchen oder ein Manteltier.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig