Warum rollen Nachrichtensprecher das "r" nicht mehr?

3 Antworten

Das ist aber schon sehr lange so.

Die Aussprache des Standarddeutschen orientierte sich lange Zeit an der Theateraussprache und dort ist man schon lange dazu übergegangen, den uvularen Frikativ (Reibe-R) zu sprechen, da er in Deutschland mehrheitlich gesprochen wird. Natürlich gibt es immer noch den alveolaren Vibranten (gerolltes Zungen-R) und den uvularen Vibranten (Zäpfchen-R), die aber heute in der Regel den Dialekten zugeschrieben werden, was aber nicht ganz richtig ist.

https://de.wikipedia.org/wiki/Stimmhafter_uvularer_Frikativ

Alle drei Varianten sind gleichberechtigt und während es früher noch mehr Sprecher mit unterschiedlicher r-Aussprache gab, gibt es mittlerweile eine stärkere Tendenz zum uvularen Frikativ. Diese "Glättung" ist natürlich insbesondere auf die Medien mit bundesweiter Reichweite zurückzuführen. Hier wurde der uvulare Frikativ, da er in gewisser Weise "neutraler" wirkt, bevorzugt.

Generell findet in vielen Dialekten eine Annäherung an die Standardaussprache statt und es betrifft nicht nur das /r/. Wenn man z.B. das Fränkische eines 90jährigen mit dem eines 20jährigen vergleicht, ist der Unterschied schon recht groß.

Ich unterrichte u.a. auch deutsche Phonetik und in allen Lehrwerken wird der Frikativ als die Standardvariante gesetzt. Die beiden anderen Formen werden als erlaubte Formen zwar erwähnt, werden aber nicht behandelt. Dies betrifft übrigens auch schon ältere Lehrwerke.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Die deutschländische standarddeutsche¹ Aussprache hat kein rollendes "r", auch vor 70 Jahren nicht, sondern ein geriebenes Zäpfchen-r [ʁ].

Ich kann mich natürlich namentlich nicht an jeden Tagesschau-Sprecher erinnern, aber diejenigen, die mir spontan einfallen, sprachen nicht mit rollendem "r": Wilhelm Wieben, Karlheinz Köpke, Werner Veigel, Dagmar Berghoff, Joachim Brauner, Wilhelm Stöck, Lothar Dombrowski, Jan Hofer.

An welche Nachrichten-Sprecher hast du denn gedacht? Vielleicht fallen dir 2, 3 Beispiele ein. Möglicherweise Sprecher aus Bayern?

¹Einen leichten Zungenschlag finde ich auch ganz nett, solange die Aussprache klar und deutlich ist.

Das gerollte <r> ist schlichtweg nicht (mehr) Teil der hochdeutschen Aussprache, die Nachrichtensprecher*innen in der Regel anvisieren. Sprache steht nicht still und gerade solche phonetisch kleinen Änderungen vollziehen sich relativ schnell.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft

SalatAufemBrot 
Fragesteller
 16.05.2024, 14:58

warum?

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Adomox  16.05.2024, 15:01
@SalatAufemBrot

Im Bühnendeutsch würde das <r> sehr lange und wird teils bis heute gerollt. Davon waren wahrscheinlich auch die Nachrichten beeinflusst. Da Dialekte, die Rollen, allerdings immer weniger frequent gesprochen werden, hat sich vor einiger Zeit schon das nicht gerollte <r> gleichberechtigt im Bühnendeutsch durchgesetzt und seitdem auch in den Nachrichten.

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